Simien-Nationalpark 1 |
Simien-Berge © Hans-Peter Grumpe
Der 179 km² große Simien-Nationalpark (auch
Semien-Nationalpark oder Sämen-Nationalpark) befindet sich im Norden von
Äthiopien. Sein Name leitet sich von dem amharischen Wort sämén (ሰሜን) „Norden“
her. Er ist vor allem der eindrucksvollen Berglandschaft wegen bekannt. Der Park
umfasst Höhenlagen von 1900 bis über 4500 Meter ü. M. Mit 4533 m ist der Ras
Daschän der höchste Berg Äthiopiens und siebthöchste in Afrika. Der Park wurde
unter anderem zum Schutz verschiedener endemischer und teilweise sehr
gefährdeter Tierarten eingerichtet. Dazu gehören der Erzrabe, der Äthiopische
Steinbock (oder Walia), der Äthiopische Wolf und der Dschelada (oder
Blutbrustpavian).
Der Park liegt am zerklüfteten Nordrand des ausgedehnten, welligen
Geech-Plateaus im westlichen Teil des Simien-Massivs. Er nimmt einen schmalen
Streifen auf einem 1000 m hohen Steilhang und einen Streifen an seinem unteren
Ende ein. Das Gebiet liegt nördlich und westlich des 4533 m hohen Ras Daschän,
des höchsten Gipfels Äthiopiens, der zusammen mit anderen Berggipfeln den Park
überragt.
Dieses Massiv, Teil eines riesigen Vulkandoms aus magmatischen Basalten,
entstand vor etwa 75 Millionen Jahren und durchlebte eine Vulkanismusphase, die
vor 4 bis 5 Millionen Jahren endete, und auf die eine Vergletscherung und starke
Erosion folgte. Es ist heute tief eingeschnitten von bewaldeten Schluchten und
steilen Klippen, die sich auf einer Länge von über 35 km entlang der Nordkante
erstrecken. Das Plateau wird von Norden nach Süden durch den Mayshasha-Fluss
geteilt und ist dessen Haupteinzugsgebiet. Es gibt schnell fließende permanente
Wasserläufe und hohe Wasserfälle, die im Nordosten und Süden in Zuläufe des
Tekeze entwässern.
Die aus vulkanischem Substrat gebildeten Böden sind fruchtbar, aber durch
Überweidung stark degradiert und haben eine sehr geringe Ertragskraft. In
alpinen und felsigen Gebieten werden sie zu Lithosolen. Seit seiner Gründung
besteht der Park zu etwa 30 % aus Kulturland.
Fauna
Insgesamt 21 Säugetierarten sind nachgewiesen, darunter sieben endemische Arten.
Durch menschliche Eingriffe, die Veränderungen des Lebensraumes zur Folge
hatten, hat sich jedoch die Situation für Wildtiere im Park verschlechtert, auch
wegen der Ausbreitung des Weideviehs.
Der für das Simiengebirge größtenteils endemische Äthiopische Steinbock lebt
zurückgezogen auf den Klippen der nördlichen Felshänge und auch außerhalb des
Parks. Sein Bestand hatte sich vor der Ausweisung des Nationalparks im Jahr 1969
auf etwa 300 Tiere reduziert. 1989 erhöhte sich die Zahl auf 400, nachdem
Wilderei die Tiere jedoch weiter nach Osten getrieben hatte, wurden 1996 nur
noch 200 Tiere gezählt. Nach der Eingliederung von zwei weiteren Reservaten
wurde im November 2005 die Zahl der Tiere im Park auf 623 geschätzt.
Der Äthiopische Wolf, welcher nur in Äthiopien vorkommt und als seltenster Canid
der Welt gilt, ist von der rückläufigen Fläche des büscheligen Grashabitats
abhängig. 1977 gab es nur 20 Einzeltiere, 2003 wurden 40 Tiere im Park
beobachtet, 2005 insgesamt 71, davon ein Großteil außerhalb des Parks. Weitere
vorkommende Säugetiere sind der Dschelada-, Mantel- und Anubispavian, die
Äthiopische Grünmeerkatze, der Guereza aus der Gattung der Schwarz-weißen
Stummelaffen, die Tüpfelhyäne, der Afrikanische Goldwolf, der Leopard, der
Karakal, der Serval, die Afrikanische Wildkatze und mehrere große
Pflanzenfresser wie das Pinselohrschwein, der Buschbock, der Kronenducker und
der Klippspringer, die sich mittlerweile auch aus dem Park zurückziehen. Fünf
Kleinsäugerarten sind in Äthiopien einheimisch.
Eintragung als Weltnaturerbe
Der 1969 ausgewiesene Nationalpark wurde 1978 aufgrund eines Beschlusses der
zweiten Sitzung des Welterbekomitees als erste Weltnaturerbestätte in Äthiopien
in die Liste des UNESCO-Welterbes eingetragen. In der Sitzung wurden auch die
Felsenkirchen von Lalibela als erstes Weltkulturerbe des Landes aufgenommen.
Die Welterbestätte umfasst eine Fläche von 13.600 Hektar. In der Begründung für
die Eintragung heißt es unter anderem:
Der Simien-Nationalpark im Norden Äthiopiens ist eine spektakuläre Landschaft,
wo starke Erosion im Laufe von Jahrmillionen zerklüftete Berggipfel, tiefe Täler
und markante Steilhänge von rund 1500 m Höhe geschaffen hat. Der Park ist für
den Erhalt der Biodiversität von globaler Bedeutung, da er weltweit bedrohte
Arten beherbergt, darunter den symbolträchtigen Äthiopischen Steinbock, eine
wilde Bergziege, die nirgendwo sonst auf der Welt zu finden ist, den
Dschelada-Pavian und den Äthiopischen Wolf.
Ab 1996 stand der Nationalpark auf der Roten Liste des gefährdeten Welterbes, da
die extrem kleine Population des Äthiopischen Steinbocks weiter schrumpfte und
immer mehr Menschen sich im Gebiet des Parks ansiedelten. Die
Nationalparkverwaltung versichert, dass diese Entwicklung inzwischen umgekehrt
sei und man insbesondere an einer Strategie für einen alternativen Erwerb des
Lebensunterhalts für die lokale Bevölkerung arbeite. Im Jahr 2017 entschied das
Welterbekomitee, den Nationalpark von der Roten Liste zu nehmen.
Quelle und weitere Informationen: https://de.wikipedia.org/wiki/Simien-Nationalpark
Dschelada oder Blutbrustpavian
Der Dschelada oder Blutbrustpavian (Theropithecus
gelada) ist eine sehr seltene Primatenart aus der Unterfamilie der
Backentaschenaffen in der Familie der Meerkatzenverwandten. Er ist eng mit den
Pavianen verwandt.
Das auffälligste Merkmal der Dscheladas ist ein roter, haarloser Fleck auf der
Brust. Dieser ist bei Männchen sanduhrförmig und in der Brunftzeit leuchtend
rot, bei Weibchen bildet sich dort während des Östrus eine Reihe roter Warzen.
Die Tiere haben ein braunes Fell, das an der Unterseite heller gefärbt ist. Die
Schnauze ist rundlich und unterscheidet sich von der der Paviane durch die
seitlichen Nasenlöcher. Dscheladas erreichen eine Kopfrumpflänge von 50 bis 75
Zentimetern, der Schwanz wird ebenso lang wie der Körper und endet in einer
Quaste. Mit einem Gewicht von bis zu 21 Kilogramm sind die Männchen um einiges
größer als die Weibchen, die nur rund 14 Kilogramm erreichen, darüber hinaus
tragen die Männchen eine eindrucksvolle Mähne.
Dscheladas
bewohnen ausschließlich das Hochland von Äthiopien. Ihr Lebensraum sind
gebirgige Grasflächen in einer Höhe von 2200 bis über 4400 Metern Seehöhe.
Dscheladas sind reine Bodenbewohner, zum Schlafen ziehen sie sich in Felsspalten
oder enge Schluchten zurück, den Tag verbringen sie mit der Nahrungssuche auf
den ebenen Gebieten.
Dscheladas leben in zwei verschiedenen Gruppen-Typen: Zum einen gibt es Gruppen
aus einem geschlechtsreifen Männchen, mehreren Weibchen und deren Nachwuchs, zum
anderen reine Männergruppen, die vorwiegend aus Jungtieren bestehen. Manchmal
findet sich aber auch ein älteres Exemplar, das aus einer gemischten Gruppe
vertrieben wurde, in diesen Männchengruppen. Anders als bei den Pavianen führen
bei den Dscheladas Weibchen die Gruppe an. Sie wählen auch ihre Männchen aus.
Will ein männliches Tier ein anderes aus einer gemischten Gruppe vertreiben,
kommt es zunächst zum Kampf zwischen ihnen. Ungeachtet des Ausgangs dieser
Auseinandersetzung haben die Weibchen bereits ihre Wahl getroffen und vertreiben
das unerwünschte Männchen. Dscheladas kennen kein Territorialverhalten: Wenn
reichlich Nahrung vorhanden ist, schließen sich mehrere Gruppen zu Verbänden
zusammen, die über 300 Köpfe umfassen können. Soziale Interaktion und
gegenseitige Fellpflege geschehen allerdings nur innerhalb der kleinen Gruppe,
Tiere aus fremden Gruppen beachten einander kaum.
Zu Kommunikation geben Dscheladas abwechslungsreiche, schmatzende Laute von
sich, die von Wissenschaftlern als Sprachen-ähnlich gedeutet werden.
Ernährung
Dscheladas sind die einzigen Primaten, die sich größtenteils von Gras und
Grassamen ernähren. Ihre Ernährung ist jedoch saisonal verschieden: in der
Regenzeit, wenn es Gras im Überfluss gibt, ist dieses ihre einzige Nahrung, in
der Trockenzeit greifen sie auch auf Wurzeln und Knollen zurück. Ihre Daumen
sind sehr beweglich und so können sie geschickt auch nach einzelnen Halmen
greifen.
Bereits die in Kenia fossil überlieferten Arten Theropithecus brumpti (vor 4,0 –
2,5 Millionen Jahren) und Theropithecus oswaldi (vor 2,0 – 1,0 Millionen Jahren)
ernährten sich weit überwiegend von solchen relativ harten C4-Pflanzen.
Fortpflanzung
Dscheladas haben keine ausgeprägte Paarungszeit. Die Fruchtbarkeit des Weibchens
wird dadurch deutlich, dass ihr Brustfleck rot leuchtet und ihre Vulva
anschwillt. Der Impuls zur Paarung geht von den Weibchen aus und ist
synchronisiert, sodass nahezu alle Weibchen der Gruppe zur gleichen Zeit ihren
Nachwuchs gebären. Die Tragzeit dauert rund fünf bis sechs Monate. Jungtiere
werden rund eineinhalb Jahre gesäugt. Da als einzigartige anatomische
Besonderheit bei den Weibchen die Brustwarzen sehr dicht beieinanderstehen,
können die Jungtiere auch an beiden Brüsten gleichzeitig saugen.
Ihre Geschlechtsreife erreichen Weibchen mit 4 bis 5 Jahren und Männchen mit 5
bis 8 Jahren. Die Lebenserwartung dieser Tiere beträgt über 20 Jahre.
Bedrohung und Schutz
Dscheladas sind sehr spezialisierte Tiere. Sie bewohnen einen kleinen Lebensraum
und werden von der IUCN als potenziell gefährdet eingestuft. Gründe für die
Gefährdung sind der Verlust ihres Lebensraumes durch Umwandlung ihres
Siedlungsgebietes in Ackerland sowie die Jagd, vor allem ihres Fleisches wegen.
Früher wurden auch Männchen erlegt, um aus ihren Mähnen Kopfschmuck
herzustellen. In einigen Schutzgebieten, darunter dem Nationalpark Simien
Mountains, der auch als Weltnaturerbe der UNESCO deklariert ist, genießen sie
völligen Schutz. Weltweit werden von diesen seltenen Primaten nur ca. 350 Tiere
in zoologischen Einrichtungen gehalten (Stand Januar 2011). Das internationale
Zuchtbuch für Blutbrustpaviane wird vom NaturZoo Rheine in Deutschland geführt.