Armenien 5 |
Eriwan, auch Jerewan (armenisch Երևան /
Ere͡wan (amtlich, ostarmenisch) oder Երեվան / Erewan (in traditioneller
Orthografie, von der westarmenischen Diaspora bevorzugt)) ist die Hauptstadt und
mit 1.107.800 Einwohnern (Stand 2007) größte Stadt Armeniens. Eriwan ist das
wirtschaftliche, kulturelle und wissenschaftliche Zentrum des Landes und ist
wegen der Größe der Stadt eine eigene Provinz.
Die Bezeichnung „Eriwan“ wird in Deutschland amtlich gebraucht. Sie ist
offensichtlich eine alte, nicht korrekte Transliteration, die durch die amtliche
und die Schreibung in Schulbüchern konserviert wird. Die phonetisch richtige
Transkription lautet „Jerewan“ und wurde so in der DDR verwendet. Dem entspricht
auch die russisch-kyrillische Schreibweise „Ереван“ und die international
gebräuchliche englische Transkription „Yerevan“.
Geschichte
Vorgeschichte und Antike
Das Gebiet Eriwans ist seit dem 4. Jahrtausend v. Chr. besiedelt.
Befestigte Siedlungen aus der Bronzezeit kann man in Shengavit, Tsitsernakaberd,
Karmir Blur, Arin Berd, Karmir Berd und Berdadzor finden. Die urartäische
Siedlung namens Erebuni ist seit 782 v. Chr. nachweisbar. Sie wurde
von dem König Argišti I. gegründet, um die Reichsgrenze im Norden gegen den
Kaukasus zu schützen. Die Urartäer bauten auch Bewässerungsanlagen und
Speicherbecken. 585 v. Chr. wurde die urartäische Festung Teischebani durch
Skythen und Meder zerstört.
Zwischen dem 6. und 4. Jh. v. Chr. war Eriwan eines der Zentren der Satrapie
Armenien im Achämenidenreich. Die erste Kirche in Eriwan war die St. Peter und
Paul Kirche, die im 5. Jh. gegründet und 1931 beschädigt wurde.
Muslimische
Herrschaft
Eriwan wurde im Jahr 658 durch die Araber erobert. Seit dem war es
strategisch wichtig als Schnittpunkt der Karawanenrouten zwischen Indien und
Europa. Zwischen dem 9. und 11. Jh. war Eriwan ein Teil des Reiches der
Bagratiden, bevor es von den Seldschuken überrannt worden ist. Im Jahre 1387
eroberten die Truppen des Timur Lenk Eriwan. Wegen seiner strategischen
Wichtigkeit wurde Eriwan zu einem Zankapfel zwischen Persien und den Osmanen.
Auf dem Höhepunkt dieser Kämpfe wechselte Eriwan in den Jahren 1513 und 1737
14-mal zwischen den beiden Reichen hin und her. 1604 wurden zehntausende
Armenier und somit auch Einwohner Eriwans auf Befehl des persischen Schahs Abbas
I. nach Persien deportiert. Als Konsequenz machten die Armenier später im Khanat
Eriwan nur noch 20 % aus, während 80 % Muslime (Perser, Türken, Kurden) waren.
Die Muslime waren entweder sesshaft oder nomadisch. Die Armenier lebten in
Eriwan oder den Dörfern. Sie dominierten in der Region verschiedene Berufe und
den Handel, so dass sie ökonomisch gesehen für die Perser wichtig waren. Die
Osmanen, Safawiden und Ilchane hatten Münzprägestätte in Eriwan. In den 1670ern
besuchte der französische Reisende Jean Chardin die Stadt.
Am 7. Juni 1679 zerstörte ein verheerendes Erdbeben die Stadt. Während der
Safawiden waren Eriwan und die umliegenden Gebiete Teil des Chukhursaad
Beglerbegs. Seit 1747 war es Teil des Khanat Eriwans, das ein muslimisches
Fürstentum unter persischer Oberherrschaft war. Dies blieb so, bis General Graf
Iwan Fjodorowitsch Paskewitsch am 13. Oktober 1827 die Stadt für das Zarenreich
Russland einnahm. Mit dem Frieden von Turkmantschai ging es in russischen Besitz
über.
Russische
Herrschaft
Die russische Regierung unterstützte armenische Siedler aus der
Türkei und Persien, sodass die Bevölkerung Anfang des 20. Jh. auf 29.000
anstieg, wobei 49 % Aserbaidschaner/Tartaren, 48 % Armenier und 2 % Russen
waren. Eriwan war der Sitz des neu gegründeten Oblast Armeniens und
nachher des Gouvernements Eriwan.
Die ökonomische und politische Bedeutung der Stadt wuchs und alte Häuser wurden
durch neue Gebäude im europäischen Stil ersetzt. 1829 wurden armenische
Rückkehrer aus Persien in einem neuen Stadtviertel angesiedelt. Als der Zar
Nikolaus I. 1837 Eriwan besuchte, wurde die Stadt zu einem Ujesd erhoben.
1854 wurden die beiden Frauenhochschulen St. Hripsime and St. Gayane eröffnet
und 1874 eröffnete Zacharia Gevorkian die erste Druckerei. Das erste Theater der
Stadt wurde 1879 eröffnet. Anfang des 20. Jh. verband eine Bahnlinie Eriwan mit
Alexandropol, Tiflis und Dschulfa. Gleichzeitig war die erste öffentliche
Bücherei in Eriwan eröffnet. 1913 ging ein Telefonnetz mit 80 Teilnehmern in
Betrieb. Ein Großneffe des Napoléons I. namens Louis Joseph Jérôme Napoléon war
im frühen 20. Jh. Gouverneur der Provinz Eriwan.
Kurze
Unabhängigkeit
1917 ging das Zarenreich mit der Oktoberrevolution unter. Die Völker
des Kaukasus' erklärten sich für unabhängig und gründeten die Transkaukasische
Demokratisch-Föderative Republik. Doch nach nur einem Monat zerbrach die
Föderative Republik und Eriwan wurde Hauptstadt der Demokratischen Republik
Armenien. Am 29. November 1920 besetzte die 11. Rote Armee Eriwan während des
russischen Bürgerkrieges. Nachdem die Nationalisten die im Februar 1921 zurück
eroberten, ging sie am 2. April 1921 wieder verloren.
Sowjetunion
Eriwan wurde zu Hauptstadt der Armenischen SSR und machte eine große
Entwicklung durch. Unter dem Architekten Alexander Tamanian wurde das Stadtbild
radikal geändert. Viele historische Gebäude, wie Kirchen, Moscheen, die
persische Festung, Bäder, Bazare und Karawansereien wurden abgerissen. Viele
Stadtdistrikte wurden nach den alten armenischen Heimatorten des osmanischen
Reiches benannt. So wurden die Distrikte Arabkir, Malatya-Sebastia und Nork
Marash nach den heute türkischen Städten Arapgir, Malatya, Sivas und Marasch
benannt. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden deutsche Kriegsgefangene zur
Konstruktion von neuen Gebäuden und Brücken benutzt.
Zum 50. Jahrestag des Armenischen Völkermordes fanden 1965 in Eriwan
antisowjetische Proteste statt, die darauf zielten, die Sowjetunion zu
Anerkennung des Völkermordes zu bewegen. 1968 wurde der 2750. Jahrestag der
Stadt begangen.
Eriwan spielte eine Schlüsselrolle in der armenischen nationalen demokratischen
Bewegung, die in der Regierungszeit des Michail Gorbatschows entstand. Die
Reformen im Zuge der Glasnost und Perestroika ermöglichten es über Fragen und
Themen wie den Status Bergkarabachs, Umwelt, Russifizierung, Korruption,
Demokratie und eine eventuelle Unabhängigkeit.
Seit 1991
Seit 1991 ist Eriwan die Hauptstadt des unabhängigen Armeniens.
Geografie
Eriwan liegt 950 bis 1.300 Meter über dem Meeresspiegel an den Ufern
des Hrasdan, einem Zufluss des Arax, in einem pittoresken hufeisenförmigen
Talkessel, der von drei Seiten von Bergen umgeben ist.
Klima
Das Klima Eriwans ist ausgeprägt kontinental mit einem trockenen,
heißen Sommer und einem verhältnismäßig kalten kurzen Winter. Das
Temperaturmittel beträgt 11,6 °C und die Niederschlagsmenge ist gering und
beträgt jährlich etwa 304 Millimeter.
Gliederung
Eriwan besteht aus zwölf Distrikten oder auch
Nachbarschaftsgemeinschaften (armen. թաղային համայնքները), die wiederum in
Nachbarschaften (armen. թաղամաս) eingeteilt sind. Viele der Distrikte tragen die
Namen heutiger türkischer Städte wie Malatia, Arabkir oder Sebastia. Dies ist
damit zu erklären, dass es viele armenische Flüchtlinge und Zuwanderer aus jener
Städten nach Eriwan gab. Diese Flüchtlingen gaben den Distrikten die Namen ihrer
alten Heimat. Im Einzelnen sind die Distrikte:
Wirtschaft und
Verkehr
Eriwan, Anfang des 20. Jahrhunderts noch ein Provinznest des
zaristischen Russland, ist die Hauptstadt Armeniens geworden, wo neben einer
Entwicklung der Industrie ein Aufschwung des Bildungswesens, der Forschung und
der Nationalkultur zu verzeichnen war. Innerhalb weniger Jahrzehnte hat sich die
Einwohnerzahl beinahe verdreizehnfacht.
In der Stadt entstanden Betriebe der elektrotechnischen, chemischen, Metall-,
Textil-, Maschinenbau-, Leicht- und Nahrungsmittelindustrie (unter anderem die
Yerevan Brandy Company). Eriwan ist zum wichtigsten Verkehrsknotenpunkt des
Landes mit Straßen, Eisenbahn, der Metro Eriwan und dem Flughafen Eriwan
geworden. In der Stadt sitzt die Staatliche Universität Eriwan sowie eine Anzahl
weiterer Forschungsstätten, Hoch- und Fachschulen. Eriwan ist Mittelpunkt des
armenischen Finanzsektors, alle kommerziellen Banken, die Zentralbank der
Republik Armenien und die Armenische Börse haben hier ihren Sitz.
Eriwans Innenstadt Quelle: Google Earth |
Kultur und
Sehenswürdigkeiten
Von den mittelalterlichen Bauwerken sind von besonderem Interesse die
im 13. Jahrhundert entstandene Kreuzkuppelkirche Katogike aus Tuff und die
zwischen 1691 und 1705 erbaute Sorawar-Kirche mit acht Apsiden. Auf dem Hügel
Arin-Berd befinden sich Reste der Urartu-Festung Erebuni, die König Argischti I.
782 v. Chr. erbauen ließ.
Im Historischen Museum, im Museum für Volkskunst und in der Gemäldegalerie, die
über 14.000 Werke zählt, sowie in den vielen anderen Museen der Stadt gewinnt
man einen Einblick in die Geschichte, Literatur und Kunst des armenischen
Volkes.
In Eriwan befindet sich auch die berühmte Aufbewahrungsstätte alter
Handschriften und Miniaturen Armeniens und anderer Länder: Matenadaran, wo etwa
13.000 einmalige armenische Handschriften auf Pergament und Papier, über 100.000
alte Archivalien sowie umfangreiche Sammlungen von Wiegendrucken aus
verschiedenen Wissensbereichen aufbewahrt werden.
In der armenischen Hauptstadt befindet sich außerdem der Ort Tsitsernakaberd;
dort sind dunkelgraue Basaltquader schützend um eine ewige Flamme errichtet in
Gedenken an die rund 1,5 Millionen Armenier, welche in den Jahren 1915 und 1916
auf Befehl der jungtürkischen Regierung des Osmanischen Reiches umgebracht
wurden (siehe Völkermord an den Armeniern).
Seit 2004 findet jährlich das Filmfestival „Goldene Aprikose“ statt. Die meisten
Filme werden im Lichtspielhaus „Moskau“ gezeigt, das in den 1930ern gebaut
wurde.
Höchstes Bauwerk ist der Fernsehturm.
Quelle:
http://de.wikipedia.org/wiki/Eriwan