Badewesen und Badekultur zur Zeit Etschenreutters:


Die folgenden Bemerkungen stammen aus dem Kapitel 'Badekultur' der Wikipedia (Auszüge):

Im antiken Griechenland und bei den Römern hatte die Badekultur einen sehr hohen Stellenwert.
Mit dem Zerfall des Römischen Reiches im 5. Jahrhundert setzte im westlichen Europa der Niedergang der Bäder ein, während sie im Byzantinischen Reich erhalten blieben.
Erst die Kreuzfahrer entdeckten die Badekultur in den islamischen Ländern wieder und führten sie in Europa erneut ein. Die antike Badekultur konnte jedoch noch mehrere Jahrhunderte lang nicht erreicht werden. Schenkt man dem Bericht eines Gesandten von Kalif Al-Hakam II. aus dem Jahr 973 Glauben, war es mit der mitteleuropäischen Badekultur im frühen Mittelalter nicht weit her:

„Aber du siehst nichts Schmutzigeres als sie! Sie reinigen und waschen sich nur ein- oder zweimal im Jahr mit kaltem Wasser. Ihre Kleider aber waschen sie nicht, nachdem sie sie angezogen haben, bis daß sie in Lumpen zerfallen.“ (Zitat aus Otto Borst, Alltagsleben im Mittelalter, Frankfurt/M. 1983)

Wenn das nicht ohnehin etwas übertrieben war, so traf es wohl eher auf das gemeine Volk zu. Von Karl dem Großen wird jedenfalls berichtet, dass er nicht nur häufig gebadet hat (u. a. in den warmen Schwefelquellen in Aachen), sondern auch ein guter Schwimmer war. Das Schwimmen gehörte im Mittelalter zu den sieben „ritterlichen Fertigkeiten“. Die meisten Adelssitze dürften durchaus Badeeinrichtungen besessen haben, die Klöster dagegen nicht immer.

Der Traum vom Bad im Jungbrunnen. Gemälde von Lucas Cranach d. J., 16. Jh.


Da der größte Teil der iberischen Halbinsel im 8. Jahrhundert von den Mauren erobert wurde, breitete sich dort die islamische Badekultur aus. Als besonders prachtvoll galten die 1231 erbauten Badeanlagen der Alhambra in Granada. In den christlichen Ländern gewann dagegen die Lehrrichtung der Askese zunehmend an Bedeutung, die das Baden als Verweichlichung und Luxus ablehnte. Das Nicht-Baden wurde in den Rang einer Tugend erhoben, die als ebenso bedeutungsvoll galt wie das Fasten. Der einflussreiche Kirchenlehrer Augustinus erklärte, ein Bad pro Monat sei gerade noch mit dem christlichen Glauben zu vereinbaren. Mönche sollten am besten überhaupt nur vor Ostern und Weihnachten in die Wanne steigen.

In Mitteleuropa entstanden im Gefolge der Kreuzzüge im Hochmittelalter Badestuben, in denen zwar offiziell Geschlechtertrennung galt, in der Praxis aber meistens gemischt gebadet wurde, und zwar im selben Becken.
Das Bad begann mit der Körperreinigung, erst danach folgte das Schwitzen. Nicht jeder Badegast stieg auch in die Badewanne, denn ein Wasserbad war wesentlich teurer als ein Schwitzbad. Die Lauge für die Reinigung wurde gewonnen, indem man Wasser über Asche goss; Seife kam erst später auf. Der Wasserdampf in der Schwitzstube wurde durch das Übergießen heißer Kieselsteine erzeugt. Die Öfen wurden mit Holz geheizt; sie heizten nicht nur den Baderaum, sondern dienten auch zum Erwärmen des Badewassers in Kupferkesseln. Wasserleitungen gab es nicht. Außerdem lagen auf dem Ofen die Kieselsteine. Für das Schwitzbad setzte man sich auf Holzbänke, die wie in modernen Saunen in unterschiedlicher Höhe angebracht waren; während des Schwitzens benutzten die Badegäste Wedel oder Ruten, mit denen sie sich auf den Körper schlugen, um das Schwitzen zu fördern. Vermögendere Gäste ließen sich von „Reibern“ oder „Reiberinnen“ auf den Bänken Schweiß und Schmutz kräftig abreiben, die anderen mussten das selbst besorgen. Zum Abschluss des Schwitzbades wurde der Körper mit Wasser übergossen. Häufig ließ sich der Badegast danach das Haar waschen und eine Rasur vornehmen, zum Schluss wurde auf Wunsch noch geschröpft oder zur Ader gelassen. Das Schröpfen soll die Haupteinnahmequelle der Bader gewesen sein.

Die Wannen in den Badehäusern waren aus Holz, Kupfer oder Messing. Häufig wurde das Wasser darin erwärmt, indem heiße Kieselsteine in die Wanne gelegt und dann Wasser darüber gegossen wurde. Deshalb saßen die Badegäste meistens nicht direkt in der Wanne, sondern auf einem Schemel, der darin stand; oft gab es auch noch eine Fußbank. Dem Wasser wurden auf Wunsch diverse Kräuter zugefügt.

In größeren Badehäusern gab es noch eine Vorstube, einen Ruheraum und eine Küche, denn den Badegästen wurden auf Wunsch auch Speisen und Getränke serviert. Die Bader und die Knechte trugen im Allgemeinen bei ihrer Arbeit eine Art Schurz, der Vortüchel genannt wurde, die Bademägde ein hauchdünnes Hemd. Die Badegäste waren im Schwitzbad auf jeden Fall völlig nackt, im Wasserbad gab es für Frauen ein Kleidungsstück namens Badehr. Dabei handelte es sich um eine leichte Schürze, die um den Hals gebunden wurde und den Rücken frei ließ. Männer trugen teilweise Badhemden.

Der Besuch im Badehaus galt für Wohlhabende als Vergnügen, es wurde im Wasser gegessen und getrunken, nicht selten auch angebandelt. Der Beruf des Baders galt nicht ganz umsonst als unehrenhaft, wurde er doch nicht nur als Barbier und Chirurg tätig, sondern gegen Bezahlung auch als Kuppler und Heiratsvermittler. In den Badestuben gab es oft auch Betten zum Ruhen nach dem Bad. Sie gerieten in den Ruf, heimliche Bordelle zu sein, einige waren es auch. Die Kirche kritisierte lange Zeit vergebens diese Sitten. Priestern wurde es grundsätzlich verboten, eine öffentliche Badestube aufzusuchen.

Die Blütezeit der Badehäuser war im 12. und 13. Jahrhundert. In weiten Kreisen der Bevölkerung erfreute sich das gemeinschaftliche Baden großer Beliebtheit, nicht nur wegen der Hygiene, sondern auch vor allem wegen des Unterhaltungswerts. Es entstand u. a. die Sitte des Hochzeitsbades; dabei wurde der Bräutigam von mehreren Männern ins Badehaus begleitet, die Braut von anderen Frauen. In der Trauerzeit war das Baden aus religiösen Gründen untersagt.


Dann wurde die Syphilis von spanischen Söldnern aus Südamerika nach Europa eingeschleppt. Diese damals unheilbare Geschlechtskrankheit brachte im 15. und 16. Jahrhundert das Ende der meisten öffentlichen Badehäuser; sie wurden wegen der großen Ansteckungsgefahr geschlossen. Auch der Dreißigjährige Krieg trug zum Niedergang der Badestuben bei. Gleichzeitig geriet das Baden überhaupt in Verruf, es sei schädlich und überflüssig, so die Ansicht vieler Ärzte. Das hing mit der damaligen Auffassung zusammen, dass das Wasser beim Bad durch die Poren der Haut in den Körper eindringen und sich dort mit den „Körpersäften“ vermischen würde, was wiederum zu Krankheiten führen würde. Auch das Eindringen von Krankheitserregern (wie etwa Miasmen) in den Körper fürchtete man auf diesem Wege.

Bei dieser Wasserscheu blieb es längere Zeit. Im Rokoko spielten beim Adel Parfum und Puder für die Körperpflege eine größere Rolle als Wasser. Fürsten dieses Zeitalters statteten ihre Schlösser bisweilen mit luxuriösen Bädern aus: So ließ sich etwa Kurfürst Max Emanuel von Bayern 1718–21 eigens zu diesem Zweck die Badenburg im Nymphenburger Schlosspark errichten. Ein weiteres Beispiel ist das Mitte des 19. Jahrhunderts entstandene, im orientalischen Stil gehaltene Bad auf Schloss Albrechtsberg in Dresden. Diese Bäder dienten jedoch vor allem der Repräsentation.

Kurbäder
Spätestens im Hochmittelalter entdeckte man den Nutzen von Mineralquellen und es entstanden Kuranstalten. Zu den ältesten deutschen Heilbädern gehören Haßfurt in Unterfranken, Burgbernheim in Bayern, das Wildbad zu Kreuth, Wolkenstein in Sachsen und die Aachener Schwefelquellen, die schon Karl der Große schätzte. In Österreich waren Baden bei Wien und Heilbrunn früh bekannt, in der Schweiz Pfäfers, im Riesengebirge Warmbrunn, in Lothringen Plombières-les-Bains. Am beliebtesten waren die natürlichen warmen Quellen, die auch Wildbad genannt wurden. Manche gerieten in den Ruf, wahre „Wunderbrunnen“ zu sein, und zogen ganze Pilgerscharen von Kranken an, die Heilung suchten. So wurde zum Beispiel um 1550 Bad Pyrmont über Nacht bekannt. Es kamen so viele Gäste, dass die Nahrung im Ort knapp wurde. Dieser Glaube an die „Wunderkur“ hielt in Pyrmont etwa zehn Jahre an, dann ließ der Andrang schlagartig wieder nach.
In den Kurbädern ging es offenbar genauso gesellig zu wie in den Badehäusern. Ein Italiener berichtete 1417 über den Ort Baden im Kanton Aargau (Schweiz): „In der Morgenfrühe waren die Bäder am beliebtesten. Wer nicht selbst badete, stattete seinen Bekannten Besuche ab. Von den Galerien herab konnte man mit ihnen sprechen und sie an schwimmenden Tischen essen und speisen sehen. Schöne Mädchen baten um 'Almosen', und warf man ihnen Münzen hinab, so breiteten sie die Gewänder aus, die Münzen aufzufangen und dabei ihre Reize zu enthüllen. Blumen schmückten die Oberfläche des Wassers, und oft hallten die Gewölbe wider vom Saitenspiel und Gesang. Mittags an der Tafel ging nach gestilltem Hunger der Becher solange um, wie der Magen den Wein vertrug, oder bis die Pauken und Pfeifen zum Tanze riefen.“
Im 16. Jahrhundert gewannen in Deutschland Bad Kissingen, Bad Ems, Bad Schwalbach und Wiesbaden an Bedeutung, in Österreich das Gasteiner Wildbad, Leuk in der Schweiz und Spa in Belgien. In dieser Zeit erschienen mehrere Schriften von Medizinern zur Bedeutung heilender Quellen. Die meisten Kurorte verdienten zu dieser Zeit den Namen „Bad“ allerdings noch nicht, denn sie waren überhaupt nicht auf die Beherbergung großer Gästescharen eingerichtet; auch Kurhäuser waren zu dieser Zeit die Ausnahme. Als 1674 Hans Carl von Thüngen zur Erholung nach Ems kam, bestand der Ort aus wenigen ärmlichen Häusern; die Gäste wurden in Zelten untergebracht. Erst 1715 wurde das Kurhaus erbaut.

Gekurt wurde damals nach dem Motto „viel hilft viel“. Die Patienten saßen täglich etwa zehn bis zwölf Stunden im Bad, meist in einem Zuber oder einem so genannten Badekasten – bis die Haut wund war und zu eitern begann. Diese Wirkung, Hautfresser oder Beize genannt, war durchaus erwünscht, denn man glaubte, dass das heilende Wasser nur durch die „offene Haut“ richtig in den Körper eindringen könne.

Das englische Bath entwickelte sich im 18. Jahrhundert zum größten Badeort in Europa. Während der Hauptsaison – im Herbst und Winter – kamen damals etwa 8000 Gäste in den Ort. Das lag nicht nur an den heilenden Quellen, sondern nicht zuletzt an dem reichhaltigen Unterhaltungsangebot, das im Laufe der Jahre hier entstanden war. Man beschäftigte sogar einen eigenen Zeremonienmeister, der den Titel „König von Bath“ führte und für den geregelten Ablauf des gesellschaftlichen Lebens zuständig war.

Die Aufklärung reformierte auch die Medizin und die Ideen über Gesundheit und Hygiene. Bewegung in der Natur wurde empfohlen. So kam das Baden im Freien in Mode, und zwar nicht nur in warmen Quellen, sondern auch in offenen Gewässern.

Im 19. Jahrhundert kam der Aufschwung im böhmischen „Bäderdreieck“ mit Karlsbad, Franzensbad und Marienbad, das damals zu Österreich-Ungarn gehörte. 1860 kamen immerhin 10.000 Kurgäste allein nach Karlsbad. Die böhmischen Kurorte gehörten zu den ersten, die Moorbäder einführten, vergleichbar mit Fango. Um 1900 dann galt Wiesbaden als „Weltbad“ mit jährlich rund 136.000 Besuchern, gefolgt von Baden-Baden mit ca. 72.000.

Um 1900 gab es in Deutschland über 300 Kurorte (ohne Seebäder) mit insgesamt etwa 600.000 Gästen pro Jahr.

Die Trinkkur
Ende des 16. Jahrhunderts wurde neben der Bade- auch die Trinkkur populär, wobei wiederum nach dem gleichen Motto verfahren wurde. Die Badegäste tranken von früh bis spät unablässig aus den Mineralbrunnen, pro Tag oft 15 bis 20 Liter. Um den eher unangenehmen Geschmack des Wassers zu überdecken, wurde es mitunter mit Milch oder Wein vermischt. Gewisse Nebenwirkungen mancher Quellen galten als durchaus erwünscht; so gab es bekannte Furzbrunnen (z. B. in Bad Schwalbach) oder auch Kotzquellen (wie in Leukerbad).

Das Trinken von Heilwasser wurde bei den Wohlhabenden so beliebt, dass man im 17. Jahrhundert begann, das Brunnenwasser in Krüge abzufüllen und zu verschicken. Am populärsten war lange Zeit das Wasser aus Niederselters in Hessen. Die Nachfrage nach diesem Selterswasser war so enorm, dass an manchen Tagen bis zu 18.000 Krüge abgefüllt und versandt wurden, zum Teil auch ins Ausland. Einen guten Ruf besaß auch das Mineralwasser aus Fachingen und das aus Bad Ems. In Frankreich war der Badeort Vichy als Mineralwasser-Lieferant führend; hier wurden 1860 ca. 1,5 Millionen Flaschen gefüllt.

Da das abgefüllte Mineralwasser nicht ganz billig war, kamen Mediziner auf die Idee, künstliches Heilwasser herzustellen. Der entscheidende Durchbruch gelang dem deutschen Arzt und Apotheker Friedrich Adolph August Struve. Es gelang ihm, verschiedene Wasser chemisch zu analysieren und auch deren Geruch und Geschmack zu imitieren. Im Jahre 1820 eröffnete er eine eigene Mineralwasser-Anstalt in Dresden. Ähnliche Anstalten entstanden danach u. a. in Leipzig, Berlin und Brighton. Ihnen wurden – wie in den Kurorten – Trink- und Wandelhallen angegliedert, Kurkapellen wurden engagiert.

Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Badekultur


Startseite Register der Krankheiten 1 Register der Krankheiten 2 Register der Bäder 1 Register der Bäder 2