Ranakpur 1 |
Adinatha-Tempel Ranakpur - Haupteingang
Ranakpur ist ein kleiner Ort im Distrikt Pali im indischen Bundesstaat Rajasthan.
Er ist wegen der dort gelegenen Tempelgruppe aus dem 15. Jahrhundert, der wohl
größten und am üppigsten ausgeschmückten Tempelanlage der Jainas in Indien
bekannt.
Ranakpur liegt auf einer Höhe von 486 Metern abgelegen in einem waldreichen Tal
im Westen der Aravallibergkette zehn Kilometer südlich der Kleinstadt Sadri auf
einer Linie zwischen Jodhpur und Udaipur, 96 Kilometer von letzterer Stadt nach
Norden.
Geschichte
Für die Jainas Nordindiens gelten in ihren Siedlungsschwerpunkten, die
vorwiegend in Gujarat und Rajasthan liegen, bestimmte Berge als heilig, da sie
jeweils einem der Tirthankaras, das sind mythische Vorläufer des historischen
Religionsgründers Mahavira, zugeordnet werden. Dabei werden Gruppen von vier
Bergen als Abbilder der vier Kardinalpunkte zusammengefasst und stehen als
Pilgerorte miteinander in Verbindung. Die Bedeutung Ranakpurs und der
städtischen Tempel wird hergestellt, indem durch Abbildungen und Modelle, die in
den Tempeln gezeigt werden, auf diese heiligen Bergorte hingewiesen wird.
Um das 2. Jahrhundert v. Chr. war Mathura das nordindische Zentrum des Jainismus.
Vom 12. Jahrhundert war der Glauben in Gujarat vorherrschend, in geringerem
Umfang auch in Rajasthan. Es war die Blütezeit des Jainatempels. Durch
moslemische Eroberungen in den folgenden Jahrhunderten wurden in Nordwestindien
viele Tempel zerstört und Neubauten waren nicht möglich. In abgelegenen Gebieten
wie Ranakpur begann im 15. Jahrhundert eine Wiederbelebung des Tempelbaus, wobei
die vorhergehenden Architekturformen kopiert wurden. Die Tempel von Ranakpur
wurden durch eine Stiftung von Dharanashah, dem Finanzminister von Rana Kumbha
(1433–1468) gegründet, einem Rajputen-Herrscher des regionalen Sisodia-Clans von
Mewar (um Udaipur). Unter Rana Kumbha konnte sich, nach dem Niedergang des
Sultanats von Delhi Ende des 14. Jahrhunderts, Mewar zu einem mächtigen Staat
entfalten, zahlreiche Burgen und Tempel wurden gebaut, darunter der 1438
begonnene Chaumukha-Tempel von Ranakpur. Die Bauzeit betrug rund 60 Jahre bis
zum Ende des Jahrhunderts.
Der Jainismus hat keine eigenständige Architektur entwickelt, die Bauform der
Tempel entspricht den hinduistischen Bauten derselben Zeit, wurde aber den
besonderen Bedürfnissen des Jaina-Rituals angepasst.
Adinatha-Tempel
Im Zentrum eines quadratischen Hofes liegt der Haupttempel, der Adinatha, dem
ersten in der Reihe der 24 Tirthankaras, geweiht ist. Er hat die Form eines
Chaumukha-Tempels („viergesichtig“), in dessen Zentrum ein Tirthankara-Standbild
aufgestellt ist, das vier in die Himmelsrichtungen blickende Gesichter trägt.
Nach den vier Seiten ist der dreigeschossige Zentralraum von offenen
Säulenhallen (Rangamandapa) umgeben. Zentralraum und Vorhallen sind von einem
Säulengang umgeben, mit 78 Nischen für Tirthankara-Standbilder. Die gesamte
Tempelanlage misst außen 66 × 68 Meter, ohne die auf jeder Seite vorgebauten
Aufgänge, und steht an einem leicht geneigten Hang auf einer Terrasse (Jagati),
die zum Haupteingang an der Südseite einen hohen Sockel bildet. Die Portale sind
dreistöckig als offene Balkone angelegt und über Treppen zugänglich. In den vier
Ecken des Hofes stehen kleinere Tempel, die jeweils von 20 überkuppelten
Pavillons umgeben sind und von insgesamt 420 Säulen getragen werden. Auf dem
Achsenkreuz gelangt man nach Durchquerung des Portals in einen zentralen
Pavillon, eine dreistöckige Tempelvorhalle (Rangamandapa), die gegenüberliegende
Halle ist zweistöckig und von einer besonders weiten Kuppel mit elf Metern
Durchmesser überdeckt. Aus der Ferne sind hohe Shikhara-Dachtürme zu sehen, die
zwischen mit Mörtel überzogenen Rundkuppeln hervorragen. Die Kuppeln sind als
Ringschichtendecken ausgebildet (eine Formangleichung an islamische Bauten) und
erheben sich über einer achteckigen Lage aus Steinbalken, die den Übergang zu
zwölf im Quadrat stehenden Säulen bilden. Die Dachformen aller Gebäude werden
von insgesamt 1444 tragenden Säulen gestützt, die in ihrer verspielten
Ornamentfülle alle unterschiedlich gestaltet sind. 24 Säulenhallen sind mit 80
Rundkuppeln überdeckt. Der gesamte Tempel ist aus cremefarbenem Marmor, wie die
Säulen sind alle Wandflächen mit kleinteiligem Figurenschmuck überzogen. Zwar
nicht in der Konzeption, dafür im Aufwand der Ausgestaltung übertrifft er alle
anderen Jaintempel.
Adinatha, auch Rishabhanatha genannt, steht am Beginn der Menschheitsentwicklung
und wird üblicherweise mit schulterlangem Haar dargestellt. Er gehört zusammen
mit den letzten drei zu den am häufigsten verehrten Tirthankaras.
Grundriss Adinatha-Tempel: 1 – Garbhagriha, Hauptraum mit Chaumukha-Standbild 2 – Rangamandapa oder Sabhamandapa, als Versammlungshalle 3 – Meghanadamandapa, hohe überkuppelte Vorhalle 4 – Eckschrein |
Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Ranakpur (Auszüge)