Bau der Kirche Mariä Himmelfahrt 18 |
Die Fenster
Die Kirchenfenster schuf Vinzenz Pieper (16.7.1903 - 13.1.1983). In Münster geboren lebte er von 1913 - 1930 in Meschede. Später lehrte er in Münster und Berlin. In vielen Kirchen und Gebäuden Nordrhein-Westfalens (vor allem in Münster) kann man seine Fenster bewundern.
Zu den Fenstern schrieb (in einer heute etwas schwülstig klingenden Sprache) Dr. Ludwig Reinhold in der Westfalenpost vom 10.4.1954 u.a.:
"........DAS „WIE", NICHT DAS „WAS"
Unter allen Künsten, welche die Kirchenarchitektur wieder in ihren Dienst gerufen hat, konnte sich die Glasmalerei am stärksten zu einer neuen Blüte entfalten, insbesondere dort, wo das Glasmosaik an die alte Kunst anknüpfte, sie nicht kopierend, sondern sie in die Sprache unserer Tage übertragend. Es gilt aber auch hier noch manche Vorurteile zu beseitigen, die das Verständnis oder besser: das Erlebnis dieser neuen Kirchenkunst erfordern. Wir können nicht nach dem Bildinhalt, nach dem Thema fragen. Das geht den Verstand an, aber nicht das eigentliche Kunsterleben. Nicht wenn wir fragen, was hat der Künstler geschaffen, welches ist das Bildthema, sondern wenn wir fragen, wie hat er es geschaffen, dringen wir in die innere Werkstatt des Künstlers, in seine Seele, dann wird jene Offenbarung, die ihm zuteil wurde, auch unser Anteil. Dieses „Wie" ist es, was wir als die Form im. Kunstwerk erleben müssen im Gegensatz zu dem „Was", dem Inhaltlichen.
Sehen wir so die Fenster im Hochschiff der Marienkirche: Vincenz Pieper hat die Heiligengestalten seiner Fenster der Erde entrückt. Es sind keine Wesen mehr unter uns mit menschlich lieblichen Zügen, es sind keine naturalistischen Gestalten, sondern zu hohen Sinnbildern personifizierte Heilige, die, wie das Glas das reine Licht der Sonne einführt und ausbreitet, in ihrer Sichtbarkeit die Sicht uns öffnen wollen für das Unsichtbare, das Ewige, Himmlische.
DIE HEILIGENGESTALTEN
Die männlichen Heiligengestalten in den Fenstern beginnen mit dem hl. Josef, dem Nährvater Jesu. Das Symbol, das in seinen Händen leuchtet, die Gabe des Brotes, ist Sinnbild der Hilfe in den Nöten des Lebens. Nikolaus von der Flue, der Heilige des Schweizerlandes, der auf Gottes Ruf Familie und Bauernhof, Feld und Pflug verließ und zum Klausner wurde, um seiner Zeit, seinem Volk und anderen Völkern der Bewahrer des Friedens zu werden, ist mit Aehren und Rosenkranz dargestellt. Thomas Morus, Englands Kanzler unter dem unseligen Heinrich VIII., der Mann des Männerstolzes vor Königsthronen, der Utopist, aber auch Ahner einer besseren Weltordnung, der Patron der Gewissensfreiheit, für die er nicht scheute, das Schafott zu besteigen, ist ebenfalls in einem Fenster dargestellt. Auch der Pfarrer von Ars, Johann Baptist Vianney, der Erneuerer verrotteter Gemeinden, ist vertreten. Noch fehlen zwei Gestalten, Pius X., der in diesem marianischen Jahr heilig gesprochen wird, und der Arme von Assisi, St. Franziskus, welche nach Westen hin die Bildreihe - beschließen werden.
Die Frauengestalten beginnen mit der hl. Monika, der Mutter des hl. Augustinus. Weiter sind dargestellt Maria Goretti, „Blume über den Sümpfen", deren Symbol die Lilie oder die Lotosblume ist, Walburga, die große, aus angelsächsischem Hause stammende Ordensfrau, die Wegbereiterin der hohen religiösen und kulturellen Arbeit deutscher Frauenklöster. Sie ist durch Hitda auch mit dem Stift Meschede in Verbindung, das ihr Kirche und Haus geweiht hat, wofür schönster Zeuge der Hitda-Codex ist, eines der prächtigsten Buchschätze aus der Zeit der salischen Kaiser. St. Elisabeth schließlich, die Wartburgheiliqe, der Schutzgeist allen Hohen und Schönen in unserem Volke, trägt als Symbol ihrer Gesinnung und ihres Wirkens die Brote in ihrem Mantel, offenbarend das Rosenwunderihrer Caritas.
Alle diese Heiligen stehen nicht in einer eigentlichen Gloriole dort oben, nein, um alle legt sich der mehr oder minder graue, farblose Rahmen des Alltags und doch darin aufleuchten lassen die Verklärung des Lebens mit seinen Sorgen, Kämpfen, Leiden und Läuterungen, als Hochfenster Quellen des Lichtes im Gotteshaus, als Symbole Licht und Wegweiser unseres Lebens.
GLORIE EINER ANDEREN WELT
Eine andere Sprache reden zu uns die Fenster im Schiff unter der Orgel. Die drei Engelfenster gehören mit zum Besten, was
Pieper geschaffen hat. Welch herrliches Farbenspiel der Gläser mit dem starken goldenen Schein! Diese Engel sind nicht verniedlicht oder sogar verkitscht, sondern von wahrer Größe. Sie leihen den reinen Geisteswesen zwar auch die menschliche Hülle, die aber durchleuchtet ist von der Glorie einer anderen Welt. Von hohem künstlerischen Wert sind dann noch die beiden Marienfenster im Chorumgang. Man muß sie in ihrer Stille dort aufsuchen und in der Stille betrachten.
Nicht beschließen möchte man diese Einführung in die lichte Sprache der Fenster der Mariä-Himmelfahrt·Kirche in Meschede ohne einen Hinweis auf die Fenster der Taufkapelle und des Umganges, die ersten in symbolischen Farben und Zeichen, die letzten im grau-grünen Farbton, die ernst den Umgang begleitend Grisaillefenster in variierenden Bleiruten mit scharfem und hartem Brand, in denen verborgene Schönheit ruht."
Mein Vater fotografierte die Entwürfe, die auf Pappe in Originalgröße gemalt waren.
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