Nadja Thelen-Khoder

Zwei Stelen wohnen ach in meiner Brust1

Einer meiner ersten Anlaufstellen, als ich mein Erbe2 antrat und mich also auf die Suche nach den Ermordeten vom Langenbachtal machte, war das LWL-Psychiatriemuseum in Warstein3.
Der damalige Bürgermeister, Martin Gödde, hatte sich viel Zeit genommen und mich dann zur LWL-Klinik geschickt; dort solle ich mir eine sowjetische Stele auf dem Friedhof, die Treisekapelle4 und das Psychiatriemuseum5 ansehen und könne auch mit Herrn Monzlinger sprechen. Ewig werde ich Herrn Gödde für seine Hilfe beim Finden des Gedenksteines und diese Hinweise dankbar sein!

Denn auch Herr Monzlinger nahm sich sehr viel Zeit für mich und meine Fragen nach meinem Großvater, und schon nach kurzer Zeit hielt ich einen Brief in den Händen, den der damalige Leiter der Provinzial- und Heilanstalt, Franz Hegemann, geschrieben hatte und in dem auch mein Opa Erwähnung fand; aber davon später.
Zunächst besuchte ich die Treisekapelle,

wo jedes Jahr am Volkstrauertag der 1575 Menschen gedacht wird (wie man mir sagte), die von hier aus in fünfzehn Transporten u.a. nach Hadamar deportiert wurden. Die damalige „Provinzial- und Heilanstalt“ mit ihrem „Anstaltsfriedhof“ lag direkt am Bahnhof, was für die Mörder sehr praktisch gewesen sein muß.

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1„Zwei Seelen wohnen ach in meiner Brust“ meint der Doktor in J. W. Goethes „Faust“; bei mir sind’s eher Stelen.
2 https://www.schiebener.net/wordpress/wp-content/uploads/2017/08/Ein-besonderes-Erbe.pdf
3 LWL-Psychiatriemuseum, Franz-Hegemann-Straße 23, 59581 Warstein, Tel.: 02902 82-5955; Öffnungszeiten dienstags 10-12 und mittwochs 15-17 Uhr
4 https://www.lwl.org/LWL/Gesundheit/psychiatrieverbund/K/lwl-psychiatriemuseum-warstein/gedenkstaettetreise-kapelle-euthanasie/Euthanasie

5 https://www.museum-digital.de/westfalen/index.php?t=institution&instnr=37

6 >„ ..., dass diese Kliniken zu unserer Stadt gehören ...“ Beiträge zu den „Euthanasie“-Gedenkfeiern in Warstein 1984 bis 2012<, LWL-Klinik Warstein, LWL-Wohnverbund Warstein und LWL-Pflegezentrum Warstein (Hrsg.), 2013, S. 115

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Dann besuchte ich den „Anstaltsfriedhof“ mit seiner sowjetischen Stele. Sie war die erste der beiden Stelen, die ich sah, und bis vor kurzem dachte ich, sie trüge exakt den gleichen Text wie diejenige auf Meschedes Waldfriedhof. Bei dem russischen Text ist das auch so, aber beim englischen und deutschen Text nicht.
 


Die Stele, die jetzt noch immer in Warstein steht- im Gegensatz zur ihrer Schwester, die man 1964 nach Meschede brachte -, erzählt:

 

Und damit sind die Übersetzungen des russischen Textes genauer, schrieb mir die Referentin des „Büro für Kriegsgräberfürsorge und Gedenkarbeit“ der Russischen Föderation in Deutschland am 5.10.2017: „Zu Ihrer Frage über die Inschrift möchten wir Ihnen mitteilen, dass die russische Variante der Inschrift auf der Tafel mit der Inschrift auf der Stele auf dem Französischen Friedhof übereinstimmt. Die deutsche Version dieser Inschrift ist auf der Tafel präziser als auf der Stele erfasst, und zwar aus dem Grund, dass das russische Wort «замученных» ins Deutsche als ,gequält’ wörtlich übersetzt wird.“
«замученных» - so sah es jedenfalls in meinem Emailprogramm aus. Tatiana Friesen, die mir auch schon den Brief des heutigen Patriarchen an Elisabeth Sauter von Pax Christi übersetzt hatte7, und Ekaterina Kordes von der „Freiwilligenbewegung zur Suche und Pflege von Gräbern sowjetischer Kriegsgefangener“8 in Paderborn waren so hilfsbereit und haben mir den Text in kyrillischen Buchstaben abgetippt, und beide schrieben „ЗАМУЧЕННЫЕ“.
Dies soll nur ein kleiner Hinweis auf weitere Besonderheiten sein, auf die man bei der Suche nach sowjetischen Zwangsarbeitern trifft. Buchstaben anderer Alphabete können beim Verschicken per Email recht merkwürdige Veränderungen durchlaufen; sie enthalten plötzlich Frage- oder Prozentzeichen und entwickeln auch sonst manch’ Eigenleben. Armenier, Kurden und Dersimer, die auch noch auf der Suche nach den Ermordeten von Aghet9 und Têrtele10 sind, können Lieder davon singen.
Zu diesem Friedhof gibt es im Psychiatriemuseum einen Ordner mit einer Besucherinformation „Ehrenfriedhof“:

„Warstein, den 08.09.2015
„Hier ruhen russische Bürger in faschistischer Gefangenschaft bestialisch gequält. Ewiger Ruhm den gefallenen Helden des großen vaterländischen Krieges 1941 – 1945“

Beigesetzt:
115 Bürger aus Osteuropa, vorwiegend aus Rußland (Soldaten und Zivilisten).
Lfd. Nr. 1 - 90:
Direkte Beisetzung der hier im Lazarett Verstorbenen zwischen 04/45 und 09/45
89 Russische Staatsbürger, 1 polnischer Staatsbürger

Lfd. Nr. 91 - 94:
Verlegung und Beisetzung aus Hospital Lippstadt zwischen 02/47 und 08/47
4 jugoslawische Staatsbürger

Lfd. Nr. 1 – 21:
Zunächst beigesetzt auf dem Anstaltsfriedhof zwischen 09/40 und 06/45
21 Zwangsarbeiter vorwiegend auf Rußland und unbekannter Herkunft
Später dann (wann?) Umbettung auf den Ehrenfriedhof

Alle Verstorbenen waren Fremd- oder Zwangsarbeiter im 2. Weltkrieg hier in der Region.

Auf dem Gelände der damaligen Provinzial- und Heilanstalt (heute LWL) war in der Zeit von 1941 – 1945 ein Reserve-Lazarett eingerichtet.

Die hier auf diesem Friedhof beigesetzten Verstorbenen waren Patienten dieses Lazarettes.

Sie verstarben in der Zeit von 1940 – September 1945 (4 erst 1947 in Lippstadt) an den Folgen vorwiegend der Lungentuberkulose in der Kriegs-Gefangenschaft.

Nach dem Krieg dann (leider ist dazu nichts Näheres in Erfahrung zu bringen) hat dann die russische Regierung diesen Gedenkstein auf dem Ehrenfriedhof errichtet.

Die deutsche Regierung hat sich gegenüber der russischen Regierung zur Instandhaltung und Pflege verpflichtet.

Die Liste der Verstorbenen mit einigen persönlichen Daten wie Geb.-Datum und Herkunft ist im Psychiatrie-Museum einsehbar.

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7 siehe PDF „Der Patriarch in Meschede“ auf http://afz-ethnos.org/index.php/4-projekte/130-massaker-ansowjetischen-zwangsarbeitern

8 http://www.rokmp-bielefeld.de/de/freiwilligenbewegung.html

9 http://afz-ethnos.org/index.php/aktuelles/85-kaiserlich-osmanischer-gala-abend

10 „Dersim ’38 nicht vergessen!” auf http://alevi.com/de/?p=2091

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Hinweis auf die Ermordungen von Zwangsarbeitern 20./21./23. März 1945:

208 Opfer; überwiegend russische Zwangsarbeiter ermordet durch Truppen der SS
Diese Zwangsarbeiter waren in den Lagern in Warstein (Schützenhalle) und Suttrop (Schule) untergebracht.

Deutschland kapituliert im Mai 1945 – Ende des 2. Weltkrieges“

Hingewiesen wird auf zwei verschiedene Listen:
1. mit den Lfd. Nr. 1 – 21 und
2. mit den Lfd. Nr. 1 – 94

In demselben Ordner sind auch zwei Listen mit den angegebenen laufenden Nummern, aber die Angaben treffen nicht oder nur bedingt zu.
So enthält die erste Liste ausschließlich Männer und Frauen mit der „Staatsangehörigkeit“ „Rus.“ und nicht „21 Zwangsarbeiter vorwiegend auf Rußland und unbekannter Herkunft“.

In dieser ersten Liste sind die Beurkundungen im Sterbebuch von „Suttrop II“11 angegeben; das Formular enthält eine eigene Spalte „Sterbefall beurkundet beim Standesamt in ... unter Nr. ..., ggf. Todesursache“.

In der zweiten Liste mit den „Lfd. Nr. 1 – 94“ gibt es eine solche Spalte nicht, was das Auffinden der Sterbeurkunde erschwert

- oder erschwert hätte.
Denn die „Namentliche Liste der auf dem Anstaltsfriedhof beerdigten Russen und Russinnen (Prov. Heilanstalt Warstein)“ des „International Tracing Service (ITS)” führt auf vier Seiten auch diese Beurkundungen auf12, enthält dafür aber nicht alle 115 Namen. Da sie nur die Bürger der Sowjetunion („Russen und Russinnen“) aufführt, fehlen hier
1. der polnische Staatsbürger Alex Bosalski, geb. 6.12.1915 in Powaschrata, gest. 22.6.2017 in Warstein, Soldat13
2. und die vier jugoslawischen Staatsbürger
a) Marko Sulik, geb. 24.4.1904, gest. 3.2.1947 in Lippstadt, „Kapetan“
b) Dusan Nikolik, geb. 14.12.1897, gest. 30.3.1947 in Lippstadt, Soldat
c) Tesovic Zdravko, geb. 6.4.1913, gest. 28.6.1947 in Lippstadt, Soldat und
d) P. Spasic Grujica, geb. 21.11.1912, gest. 20.8.1947 in Lippstadt, Soldat.

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11 Die „Provinzial- und Heilanstalt“ hatte ein eigenes Standesamt, das „Suttrop II“ genannt wurde.
12 2.1.2.1 / 70785244-70785247, ITS Digital Archive, Bad Arolsen
13 Diese Angaben habe ich der Liste des Psychiatriemuseums entnommen. Auf meine Anfrage teilte mir das ITS mit: „Alex Bosalski erscheint in unseren Unterlagen unter beiden Nationalitäten. Polnisch und russisch. Als Geburtsort ist Powaschrata (in verschiedenen Schreibweisen) und als Heimatort Knesenau angeführt. Ich habe gehofft, durch die Lokalisierung der Orte die Nationalität ermitteln zu können. Doch zu beiden Orten konnte ich keine Informationen in unseren Ortsbüchern finden.“

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Von den 110 sowjetischen Bürgern will ich im folgenden die Informationen der beiden Listen zusammenführen, möchte aber die Namen der oben erwähnten lfd. Nummern 1-21 vorausschicken, von denen es in der Besucherinformation heißt:
„Lfd. Nr. 1 – 21:
Zunächst beigesetzt auf dem Anstaltsfriedhof zwischen 09/40 und 06/45
21 Zwangsarbeiter vorwiegend auf Rußland und unbekannter Herkunft
Später dann (wann?) Umbettung auf den Ehrenfriedhof.“
Nicht nur nach der Liste des Museums, sondern auch laut Liste des ITS waren diese 21 Menschen sämtlich Bürger der UdSSR:

1. Feodor Bonarenko

2. Sinaida Trusowa

3. Wasil Scherzow

4. Maria Terechowa

5. Alexandra Wdowina

6. Anna Grebenük

7. Nadja Nepotschatowa

8. Karoline Schulz

9. Iwan Gowerin

10. Maria Bawska

11. Eduard Pakurzka

12. Maria Lasorenko

13. Anna Politaewa

14. Iwan Letowka

15. Philipp Gogowanetz

16. Peter Konowitschenko

17. Maria Sietschenko

18. Stefanie Artümjak

19. Tatiana Ratuschna 14

20. Maria Pilipienko

21. Valentina Gnülak

 

14

Und weil die nun folgende Tabelle zunächst so trocken ist und sich manch einer vielleicht nach dem Sinn dieser Arbeit fragen mag:
„Landkreis Lippstadt, Amt Rüthen, Gemeinde Suttrop
Sterbeurkunde (Standesamt Suttrop II, Nr. 159/1944)
Die Ostarbeiterin, Putzhilfe, Nadja Nepotschatowa, katholisch, zuletzt wohnhaft in Iserlohn, ist am 27. Juni 1944 um 5 Uhr 45 Minuten in Suttrop verstorben.
Die Verstorbene war geboren am 30. Januar 1927 in Kunanje (Rußland).
Vater: unbekannt
Mutter: unbekannt
Die Verstorbene war nicht verheiratet.
Suttrop II, den 12. Dezember 1946
Beerdigt auf dem Friedhof der Prov. Heilanstalt Warstein
Grab-Nr. 3 162.“15

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14 Niemals zuvor habe ich Grabsteine gesehen, auf denen zuerst die Nachnamen und dann die Vornamen stehen. In Meschede waren es die fehlenden Geburts- und Sterbedaten gewesen, die für mich neu waren.
15 Sterbeurkunde von Nadja Nepotschatowa, 2.2.2.4 / 77095713, ITS Digital Archive, Bad Arolsen, auch im Rathaus der Stadt Warstein, Sterbebuch „Suttrop II“, erreichbar über den armen Herrn Kaja, der neben so vielem Anderen auch noch für das Stadtarchiv zuständig ist.Anderen auch noch fur das Stadtarchiv zustandig ist.

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Als ich im August 2015 meine ersten Photos machte, wußte ich noch nichts von dem Stellenwert, den auch dieser Friedhof in meinem Leben bekommen würde. Denn ich suchte doch die Ermordeten vom Langenbachtal und wußte gar nicht so recht, was ich auf dem „Warstein-Suttrop-Anstaltsfriedhof“ sollte, von dem auf der Internetseite des „Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge“16 am heutigen 11. Oktober 2017 steht:
 

„Auf dieser Kriegsgräberstätte ruhen
115 Kriegstote des II. Weltkrieges.
Bilder von Warstein-Suttrop-Anstaltsfriedhof:
Von diesem Friedhof ist
noch kein Bildmaterial vorhanden.“
 


Als ich „Auf der Karte anzeigen“ anklickte, erschien dieses Bild17

und bei „Weiterlesen“ dieses:

Es blieb also dabei: „Auf dieser Kriegsgräberstätte ruhen 115 Kriegstote des II. Weltkrieges. Von diesem Friedhof ist noch kein Bildmaterial vorhanden.“
Nein wirklich: Im August 2015 wußte ich noch nichts von der 21jährigen Nina in Meschede und der 17jährigen Nadja, die als „Ostarbeiterinnen“ an „Doppelseitige(r) Lungenentzündung“18 und an „Lungentuberkulose“19 sterben mußten. Und so habe ich auch

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16 http://www.volksbund.de/nordrhein-westfalen/kriegsgraeberstaetten-nrw/liste/detail/warstein-suttropanstaltfriedhof.html
17 http://www.volksbund.de/nc/nordrhein-westfalen/kriegsgraeberstaetten-nrw.html?fhnr=53008

18 Angegebene Todesursache Nina Worowinas im „Nachweis über die im Amte Meschede verstorbenen russischen Staatsangehörigen“, ITS Bad Arolsen, 2.1.2.1 / 70792351
19 Eintrag im Sterbebuch „Suttropp II“ zu Nadja Nepotschatowa

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nicht alle Grabsteine photographiert, nur manche – und Nadjas Grabstein habe ich gerade noch erwischt:

Ebenso „zufällig erwischt“ hatte ich damals den Grabstein der 1947 aus Lippstadt nach Warstein verlegten vier Jugoslawen

20 Liste im Psychiatrie-Museum in Warstein (geöffnet dienstags 10-12 und mittwochs 15-17 Uhr)

 

Und nun möchte ich die Listen also zusammenführen. Dabei benenne ich aus Platzgründen die Spalten um.

 

sowie der „formlosen“ Spaltenüberschriften der Liste des ITS
„Lfd. Nr.“, „Name“, „Vorname“, „Geb.Tg., Ort“, „Sterbetag“, „Sterbebuch-Nr.: Suttrop II“ und „Wo beerdigt? Grab-Nr.“

 

23 2.1.2.1 / 70785244-70785247, ITS Digital Archive, Bad Arolsen

 

will ich nun eine eigene Liste mit anderen Spaltenüberschriften zusammenstellen; sie ist weitgehend eine Abschrift der Liste des ITS, korrigiert eigentlich nur einige wenige Nummern der Sterbeurkunden.


СПИСОК / LISTE


Die „Staatsangehörigkeit des Bestatten“ ist immer „Rus.“, die Anschrift der Angehörigen immer „unbekannt“, die Gräber werden alle mit öffentlichen Mitteln gepflegt; deswegen lassen ich diese drei Spalten ganz weg, ebenso wie die für die „Sammelgräber“.
1 = Lfd. Nr. (entsprechend der Liste des ITS)
2 = Familienname
3 = Vorname
4 = Geburtsdatum
5 = Geburtsort
6 = Todestag
7 = Nr. der Sterbeurkunde beim Standesamt „Suttrop II“
8 = Bezeichnung der Grablage:
    entweder „A“ für „Anstaltsfriedhof“ oder
    „R“ für „Russischer Ehrenfriedhof des Anstaltsfriedhofes“
9 = Nr. des Grabes
Laut Besucherinformation liegen zwar alle Bestatteten auf dem „Russischen Ehrenfriedhof des Anstaltsfriedhofes“, aber ich möchte die Information der ersten Bestattung erhalten. Denn auch diese Datei versteht sich nur als kleiner Anfang zu weiteren Recherchen. Hoffentlich können wir gemeinsam weitere Informationen zusammenführen, auf daß die vielen einzelnen Informationen in vielen verschiedenen Listen an vielen verschiedenen Orten in sehr verschiedenem Zustand - hier wurde etwas zusammengeklebt, dort etwas handschriftlich nachgetragen -

24 Archiv des Psychiatriemuseums der LWL-Klinik in Warstein. Was für ein toller Beruf: „Zivilrusse“!
25 a.a.O. Weshalb ist Maria Lasorenko wohl mehrfach eingetragen?

 

wie Teile eines Puzzles zusammengetragen werden und alle Ansatzpunkte für weitere Recherchen erhalten bleiben.

 

 

Sämtliche Sterbeurkunden aus den Sterbebüchern „Suttrop II“ konnte ich inzwischen durch den ausgesprochen hilfsbereiten Herrn Kaja erhalten, habe aber Schwierigkeiten, sie zu lesen. Falls jemand alte Handschriften gut lesen kann, bitte ich dringend um Hilfe; sonst dauert alles noch viel länger.

Und zwei Namen geben mir Rätsel auf: Der o.a. Alex Bosalski mit seinen zwei Staatsangehörigkeiten (siehe Fußnote 13) und Nikolai Holowin, geboren 25.2.1909 in Rostow, Soldat, gestorben 23.6.1945. Mit diesen Angaben steht er in der Liste des Psychiatriemuseums als lfd. Nr. 43, doch sein Name steht nicht auf der Liste des ITS. Aber einen Grabstein hat er -

Und schwupps sind es drei Namen, die Fragen aufwerfen. Und dann sind es ja auch gar nicht mehr 115 Menschen, die auf dem „Russischen Ehrenfriedhof des Anstaltsfriedhofs“ bestattet sind, sondern dann müßten es mehr sein. Sowieso finde ich es etwas merkwürdig, daß niemand zwischen 1940 und 1944 hier begraben wurde. Halt. 1940? Wie kommt ein „Rus.“ 1940 auf den „Ehrenfriedhof“? Und wo sind all die anderen?

Steine, Steine, Steine, ...
Fragen, Fragen, Fragen ...
Listen, Listen, Listen ...

 

Forschen wir gemeinsam und geben den Menschen auf diesen Listen und Grabsteinen ihre Würde zurück!
Und ich glaube, daß es doch am besten ist, wenn ich sicherheitshalber alle Listen zur Verfügung stelle
26 (26 Hoffentlich mache ich keinen Fehler beim Abtippen; aber die Originale sind ja Gott sei Dank einseh- und die Angaben also kontrollierbar!):

 

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27 „Und was sind Sie von Beruf?“ – „Zivilrusse.“ – „Hä?“

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Das Wort „Zivilrusse“ bei „Beruf“ bzw. „Dienstgrad“ erinnert mich an die Umbettungsprotokolle des „Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge“ für die Ermordeten vom Langenbachtal, wo bei „Dienstgrad“ dann „Russe“ oder „Russin“ eingetragen wurde. Manches Formular, mancher Vordruck paßt wohl nicht zur Realität.

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28 Was wohl aus diesen beiden Ringen geworden ist?
29 Und ob vielleicht doch irgendwann jemand etwas zu diesem Namen (Bora Pronka) findet? Es fragt ein hoffnungsloser Optimist.

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Aber weiter zu den Listen:

 

Und dies ist das erste Mal, daß mir ein sowjetischer Muslim in den Dokumenten begegnet.
Der Vielvölkerstaat Sowjetunion war eine „Union der sozialistischen Sowjetrepubliken (UdSSR)“ und bestand u.a. auch aus dem riesigen Kasachstan und Turkmenistan, Aserbaidschan, Usbekistan und Kirgisistan; zig Millionen Menschen in unmittelbarer Nähe von Afghanistan und Pakistan waren ja Muslime. Und mindestens einer davon liegt auf dem „Russischen Ehrenfriedhof des Anstaltsfriedhofs“ in Warstein unter der lfd. Nr. 80:

„Landkreis Lippstadt, Amt Rüthen, Gemeinde Suttrop
Sterbeurkunde
(Standesamt Suttrop II Nr. 367/45)
Der russische Freiwillige Erimachomed Bektaschow, mohamedanisch, wohnhaft in Buchara, ist am 14. Juli 1945 um 11 Uhr 10 Minuten in Suttrop im Reserve Lazarett Warstein verstorben.
Der Verstorbene war geboren am 20. Mai 1920 in Buchara.
Vater: Aschio Bektaschow in Buchara.
Der Verstorbene war nicht verheiratet.
Suttrop II, 16. Dezember 1946
Der Standesbeamte in Suttrop II, Kreis Lippstadt
Beerdigt R.EhrenFriedhof Heilanstalt Suttrop No. 58“
33
 

Und welche Religionszugehörigkeit hatte wohl Mahomet Urmanow, 1925 in Oschy geboren, gestorben 21.7.1945? Und wie mögen die beiden sich wohl richtig schreiben? Und warum starben so in der Provinzial- und Heilanstalt im Sommer 1945?


Und warum all die anderen?

 

Die Suche nach den Toten wäre m.E. auch im Religionsunterricht gut aufgehoben. Meine erste russisch-orthodoxe Messe habe ich jedenfalls in Paderborn mitfeiern dürfen, und ich danke allen meinen Geschwistern für die freundliche Aufnahme!


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33 „Sterbeurkunde von Erimachomed Bektaschow“, 2.2.2.2 / 76703318, ITS Digital Archive, Bad Arolsen

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Originaldatei: Zwei Stelen wohnen ach in meiner Brust.pdf


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