Molukken 2010 - Die Tanimbar-Inseln |
Die Insel Selaru - Vorbemerkung
Auf meinen Reisen spielt der Zufall oft eine
wichtige Rolle. Man kann zwar vieles planen, aber eben nicht alles. So
kamen wir zu einem Reiseziel, das wir vermutlich ohne einen solchen
Zufall nicht kennen gelernt hätten.
Wie bereits erwähnt hatten wir auf dem Schiff ein
Paar kennengelernt - Annie und Aries. Annie stammte aus Kupang, Aries
lebte auf Java, stammte aber von der Insel Selaru. Er wollte mit seiner
Lebensgefährtin Verwandte im Dorf Lingat besuchen, die er 15 Jahre nicht
gesehen hatte. Annie war zum ersten Mal auf den Tanimbar-Inseln. Wir
hatten uns ein wenig angefreundet, daher sollten wir einfach mitkommen.
Ich hatte im Hafen von
Saumlaki bereits die Boote gesehen, die zu den Yamdena vorgelagerten
Inseln fuhren. Sie kamen meist morgens an und fuhren abends oder in der
Nacht wieder zurück. Bereits nachmittags waren die Boote vollgeladen mit
diversen Dingen und voll mit Menschen. So ganz vertrauenserweckend sahen
diese 'Nussschalen' nicht unbedingt aus. Aries beruhigte mich damit,
dass er bereits Plätze für uns auf einem der Boote reserviert habe.
Nachts um ca. 1.30 Uhr brachen
wir auf zum Hafen. Das Boot wartete schon, um mit auslaufender Flut zu
starten. Es hatte vorne eine offene Plattform, vollgepackt mit den
verschiedensten Sachen, der hintere Teil war mit einer Plastikplane
abgedeckt. Darunter schienen viele Menschen zu sein. Zwei Personen
mussten wieder aussteigen, die hatten wohl nicht 'reserviert'. Ich bekam
tatsächlich einen Sitzplatz auf einem harten Brett (mir tat noch
tagelang der Hintern weh). Bevor es losging kam ein Pastor und sprach
einige Gebete und den Segen. Dann tuckerte das Boot gegen 2 Uhr langsam
in die stockdunkle Nacht hinaus.
Zunächst schien der Mond recht
hell, das Meer war ruhig, solange wir noch in der Bucht von Saumlaki
waren. Dann aber kamen wir zum offenen Meer zwischen den Inseln Yamdena
und Selaru (Selat Egeron). Da tanzte unser Boot doch ganz schön auf den
Wellen, aber unser Kapitän steuerte es so, dass es quasi auf den Wellen
'surfte'. Wolken kamen auf, und es wurde richtig dunkel. Kein Licht gab
es, nur einmal sahen wir in der Ferne ein paar Lichter von Adaut.
Auf der Westseite der Insel Selaru war das Meer dann wieder relativ
ruhig.
Obwohl das Dorf Lingat,
unser Ziel, auf der Ost-Seite der Insel liegt, fuhren wir auf der
West-Seite entlang, da momentan noch der Südost-Monsun wehte und man
aufgrund der starken Wellen nicht auf der Ost-Seite landen konnte.
Als es hell wurde, sahen wir
endlich die Insel Selaru: Flach, Strände mit Kokospalmen,
Korallenriffe. Die Insel besteht zum überwiegenden Teil aus Korallenkalk
und ist im Inneren sehr trocken und karg. Landwirtschaft ist kaum
möglich, die Menschen leben von der Anpflanzung von Kokospalmen, vom
Fischfang und vor allem vom Seetang-Anbau.
Jetzt wurde die Plane auf dem
hinteren Teil des Bootes geöffnet, und ich konnte sehen, wie viele
Menschen unser kleines Boot beherbergte. Es waren schätzungsweise 50 -
60 Personen, die eng zusammengekauert dort die Nacht verbracht hatten.
Alle waren aber fröhlich und überrascht, einen Europäer an Bord zu
haben, einige spielten Karten.
Gegen 7.30 Uhr ankerten wir in
einer kleinen Bucht. Da das Wasser zu niedrig war, um bis an den Strand
zu fahren, mussten wir entweder aussteigen und durchs Wasser waten oder
in einen Ausleger-Einbaum umsteigen. Ich bevorzugte das Waten (das
Wasser ging mir etwa bis zum Bauch), der Einbaum war mir doch zu
wackelig.
Das Dorf Lingat lag etwa 7 km
von unserem Landungsplatz entfernt (auf der Ostseite der Insel). Es war
aber schnell bis ins Dorf gedrungen, dass das Boot aus Saumlaki
angekommen war. Die ersten Motorräder erschienen. Nach und nach wurden
so die Passagiere ins Dorf transportiert. Aries und Annie hatten auch
für uns 'Ojeks' (Motorradtaxis) bestellt, und so ging es dann auf
schmalen Wegen ins Dorf. Mein Fahrer wollte mir wohl zeigen, was sein
Motorrad konnte, er raste mit einer solchen Geschwindigkeit Richtung
Lingat, dass ich ca. 10 Minuten eher als die anderen dort war. Ich wurde
vor dem Haus eines Onkels von Aries abgesetzt. Da ich aber nur ganz
wenige Worte indonesisch spreche und er kein Englisch verstand, war das
zunächst eine komische Situation. Was ich nicht wusste: Der Onkel hatte
keine Ahnung von unserem Kommen, da es keine Telefonverbindung gab, und
Aries war 15 Jahre nicht mehr auf der Insel gewesen. So guckten wir uns
freundlich an und warteten auf die anderen, die dann auch bald kamen.
Die Wiedersehensfreude war groß, wir wurden herzlich eingeladen, und Leo
und ich bekamen ein kleines Extra-Zimmer.
Das Haus hatte mehrere Zimmer,
die Küche befand sich in einer Art Schuppen vor dem Haus. Ein weiteres
kleines Häuschen beherbergte Bad und Toilette. Es gab kein fließendes
Wasser, man musste es in Kanistern aus einem der Brunnen im Dorf holen.
Strom gab es nur mit einem Generator, meist benutzte man aber
Petromax-Lampen.
Ich war die große Attraktion,
vor allem für die Kinder. Man konnte sich kaum irgendwohin frei bewegen,
überallhin folgten sie, um zu sehen, was ich machte (zum Glück konnte
man die Toilette verschließen).
Vier volle Tage erkundeten wir
die Insel Selaru, lernten viele Leute kennen und tranken viel selbst
gebrannten Schnaps (Sopi), aßen Gekochtes aus dem Erdofen, übernachteten
am Strand - ich habe mich hier sehr wohl gefühlt, so dass der Abschied
von unseren Gastgebern recht schwer fiel.
Straßen gibt es auf Selaru
nicht (nur um Adaut herum, wo es sogar ein paar Autos gibt). Es sind
meist schmale Pfade, die die Orte miteinander verbinden. Einziges
Verkehrsmittel: das Motorrad. So erkundeten wir die Insel mit
Motorrädern. Die Insel ist bis ca. 50 km lang, an der breitesten Stelle
etwa 13 km, an der schmalsten Stelle nur 1,5 km breit.
Quelle des Satellitenbildes: Google Earth