Die Kajang - Ein Stamm zwischen Tradition und indonesischer Modernisierungspolitik


[Quelle: Karlheinz Knaus "Sulawesi" (Reise Know-How 2. Aufl. 1992) S. 236-237]

Heute gibt es nur vier Dörfer, in denen Kajang leben: Sobu, Baiambina, Benteng und Tambolo.
Die Leute leben von der Landwirtschaft. Ihre Sprache, das Konjo ist mit dem Makasar verwandt. Sie versuchen nach den alten, Tanatowa genannten, Traditionen ihrer Ahnen zu leben: Der Ausdruck Tanatowa bedeutet "Ursprungsland der Menschheit". Die Anhänger dieser Tradition glauben daran, daß in einem, von ihnen als heilig verehrten, 200 ha großen Wald die ersten Menschen gelebt haben, bzw. noch immer dort leben. Dieser Wald darf von niemandem betreten werden, da man sich nach dem Glauben der Kajang für immer darin verirrt. Es ist den Kajang auch nicht erlaubt ein Haus zu bauen, dessen Eingang in Richtung des heiligen Waldes zeigt, da dies den Reiz ihn zu betreten, nur steigern würde.
Die Kajang leben ein bewußt auf Harmonie mit der Natur abgestimmtes Leben. Es werden keine Materialien verwendet, die nicht direkt aus der Natur kommen. So werden Häuser nur aus Holz gebaut, mit Palmblättern gedeckt und nicht, wie in anderen Dörfern schon längst üblich aus Beton und Wellblech errichtet. Autos wird die Fahrt in die Dörfer verwehrt, da moderne Technik nicht in Einklang mit der Natur steht und ihre Harmonie stört.
Es werden nur schwarze Kleider getragen, da das Leben seinen Ursprung in der Finsternis hatte. Nach einer anderen Meinung wird das Tragen schwarzer Kleider darauf zurückgeführt, daß in der Gegend keine anderen Farben zum Färben der Stoffe hergestellt werden.
Das Gesetz der Kajang wird mündlich von Generation zu Generation weitergegeben und basiert auf dem Willen zu einem harmonischen Zusammenleben. Dem Führer der Kajang, dem Amatowa, ist es nicht erlaubt, seinen Einflußbereich zu verlassen. Um den Kontakt zur Außenwelt, etwa zu Behörden, aufrecht zu erhalten bedient er sich eines "Außenministers". Das Amt des Amatowa ist keine erbliche Funktion. Als im Februar 1988 der Amatowa Puto Cacong starb, war es ein monatelanger demokratischer Prozeß bis Puto Nyono zum neuen Amatoa gewählt wurde. Der Amatowa wird von einer Frau, der Aronta auf sein neues Amt eingeschworen. Die Aufgaben des Amatowa liegen vor allem darin, darauf zu achten, daß die alten überlieferten Traditionen eingehalten werden.
Noch in den 70-er Jahren war der Einfluß der Tanatowa Tradition sehr stark. Heute läßt dieser mehr und mehr nach. War es Kindern des Stammes früher verboten die Schule zu besuchen, gehen heute immer mehr Kinder in die Kurse des Alphabetisierungsprogrammes der indonesischen Regierung. Auch der Gesundheitsservice der Regierung wird immer öfter von den Kajang in Anspruch genommen. Sicher eine positive Entwicklung, solange alte kulturelle Traditionen nicht vergessen werden. Leider sind das aber Prozesse die meistens Hand in Hand gehen.