Süd-Osttürkei 1988 - Kappadokien |
Kappadokien (türkisch Kapadokya, griechisch Καππαδοκία, dt.
auch Kappadozien) ist eine Landschaft in Zentralanatolien in der Türkei.
Das Gebiet, das als Kappadokien bezeichnet wird, umfasst heutzutage
hauptsächlich die Provinzen Nevşehir, Niğde, Aksaray, Kırşehir und Kayseri.
Einer der bekanntesten Orte ist Göreme mit seinen aus dem weichen Tuff
herausgehauenen Höhlenkirchen. Göreme gilt als das Zentrum Kappadokiens, der
dort befindliche einzigartige Komplex aus Felsformationen wurde von der Unesco
1985 zum Weltkulturerbe ernannt. Eine weitere Besonderheit sind eine Vielzahl
unterirdischer Städte, deren bekannteste Kaymaklı und Derinkuyu sind, die von
Archäologen seit den 1960er Jahren freigelegt wurden. Weitere sehr bekannte
Städte sind Ürgüp und Avanos.
Der Name Kappadokien stammt von dem altpersischen Katpatuka und bedeutet Land
der schönen Pferde.
Karte von Kappadokien (wikipedia)
Geologie
Das UNESCO-Weltkultur- und Naturerbe Göreme-Kappadokien liegt im Zentrum eines
Gebietes ehemals intensiver vulkanischer Tätigkeit, die das heutige
Landschaftsbild entscheidend prägte. Ursprünglich war Anatolien von großen
Seenplatten und tropischen Sumpflandschaften bestimmt, in denen allerlei Urtiere
pflanzen- und fleischfressender Art die Population bestimmten. Als sich das
Taurusgebirge im Süden weiter erhob, wurden im Inneren Anatoliens große Mengen
Lava langsam an die Erdoberfläche gedrückt, was schließlich zur Bildung der
Vulkanlandschaft Kappadokien führte.
Im Umkreis der Vulkane Erciyes Dağı (3891 m), Hasan Dağı und der
Melendiz-Bergketten zwischen den türkischen Städten Kayseri, Aksaray und Niğde
kam es vor allem seit dem Neogen, also in erdgeschichtlich relativ junger Zeit,
zu bedeutenden Eruptionen, die neben Lava auch große Mengen vulkanische Asche in
ein ca. 10.000 km² großes Gebiet schleuderten, das heute geologisch gemeinhin
als Ausräumungslandschaft von Kappadokien (Barsch, 1935) bezeichnet wird. So
wurde die Landschaft Zentralanatoliens durch neugebildete Vulkanberge und durch
Schichten vulkanischer Tuffe, die die tieferliegenden Sumpf- und Seenplatten
zuschütteten, völlig neu geprägt.
Über die Jahrhunderte verdichteten sich diese durch unregelmäßige Ausbrüche
entstandenen Schichten vulkanischer Tuffe zu einem relativ festen Gestein, das
je nach Lage und Eruptionshorizont bis heute außerordentlich schnell abgetragen
wird. Im weiteren Wechsel zwischen Eruption und Ruhepausen wuchsen die Vulkane
weiter an. In der Übergangszeit zwischen Pliozän und Pleistozän kam es zu den
heftigsten Ausbrüchen, die die heutige regionale Landschaft maßgeblich
mitgestaltet haben. Die vulkanischen Tätigkeiten dauerten bis in geschichtliche
Zeit an und wurden auch in steinzeitlichen Wandgemälden in der südlich von Konya
liegenden Ursiedlung Çatalhöyük (ca. 8000 v. Chr.) dargestellt. Bis in das
vorletzte Jahrhundert hinein wurde aus der Region des Erciyes Dağı bei Kayseri
von aktiven Fumarolen und Rauchsäulen berichtet, die allerdings gegenwärtig zum
Stillstand gekommen sind.
Durch die Folge von vulkanischen Ausbrüchen dehnte sich das ehemalige Seengebiet
um Ürgüp und in den Tallandschaften des späteren Flusses Kızılırmak weiter aus.
Dies führte zu Sedimentablagerungen von Erden und Tonen, die später vor allem
für die Töpferstadt Avanos von Bedeutung wurden.
Erosion
Durch Erdverschiebungen in Zentralanatolien, Erhebungen einerseits sowie
Eintiefungen der Flusssohlen andererseits wurden die restlichen Binnenseen
großflächig entwässert, was zu einer bis heute andauernden starken Erosion
führte, die wesentlich das geomorphologische Bild der Tufflandschaft
Kappadokiens prägt. In der Folge schufen äololische, fluviative, atmosphärische
sowie thermoklastische Erosionstätigkeiten die bizarre und einzigartige Gestalt
der Landschaft.
Dieser rapide Erosionsprozess zeigt, wie jung und unausgeglichen die
geologischen Verhältnisse im Gebiet von Kappadokien sind. Nach wie vor werden
erhebliche Mengen Tuff ausgeräumt und nach jedem mächtigen Regenguss lassen sich
die gewaltigen Erosionskräfte in den Tälern erahnen, die neue, dezimeterstarke
Strukturen formen und große Mengen Erosionsmaterial wegschwemmen.
In den tieferliegenden Hängen bilden sich durch die Erosion mitunter besondere
Strukturen heraus: die Tufftürme der für Kappadokien berühmten Feenkamine
(türkisch peri bacalari, englisch fairy chimneys), die durch härtere, oben
liegende Schichten vulkanischer Tuffe eine gewisse Zeit geschützt werden. Erst
nach dem Abrutschen der schützenden Bedeckung verstärkt sich durch die
Einwirkung von Wind und Wetter, Vögeln und Insekten –( und heute auch durch
Touristen und Luftverschmutzung) – die Erosion, welche die Kegel relativ schnell
zerstört.
Nicht zu vergessen ist die Tätigkeit der lokalen Bevölkerung, die über
Jahrtausende viele der Tuffformationen zu Wohnzwecken und für Kirchen sowie für
Taubenschläge ausgehöhlt hat, die oftmals bis in die höchsten Spitzen der
Tuffkegel reichen.
Einerseits ist diese Form der Architektur ein Beispiel für besonders
schöpferisches und ökologisch wie ökonomisch sinnvolles Wohnen und Wirken. Weil
jedoch andererseits durch oft unbedachte Aushöhlung die Erosion beschleunigt
wird, wurde im Rahmen der Erfassung des Gebietes Kappadokien als Weltkulturerbe
der UNESCO ein Verbot der weiteren Aushöhlung ausgesprochen, das aber oft nicht
eingehalten wird.
Geschichte
Die frühesten Spuren von Siedlern stammen aus der Zeit um 6500 v. Chr. Auch die
Hethiter machten sich den fruchtbaren Boden bereits 1600 v. Chr. zu Nutze und
bauten Getreide an. Später kamen die Phryger und Lyder, dann im späten 7.
Jahrhundert v. Chr. die Meder, die aber bald von den Persern abgelöst wurden.
Nach dem Alexanderfeldzug, der Kappadokien nur kurz gestreift hatte, was der
bisherige persische Satrap Ariarathes I. nutzte, um seine eigene Herrschaft zu
sichern, fiel Kappadokien an die Makedonen. Perdikkas besiegte Ariarathes I. 323
v. Chr. und ernannte Eumenes von Kardia zum neuen Satrapen. Ariarathes I. wurde
hingerichtet, sein Sohn Ariarathes II. soll jedoch mit einigen Getreuen nach
Armenien geflohen sein (Diod. XXXI, 19, 4 f.).
Bald jedoch bekämpften sich die Diadochen und auch Kappadokien geriet in diese
Machtkämpfe. Zunächst standen sich im ersten Diadochenkrieg Eumenes und Krateros
gegenüber. Die Schlacht konnte Eumenes für sich entscheiden, Krateros fiel. Da
aber in Ägypten Perdikkas gefallen war, verurteilte die makedonische
Heeresversammlung Eumenes zum Tode. Antigonos I. Monophthalmos erhielt den
Oberbefehl über die Truppen, die Eumenes besiegen sollten, die Satrapie
Kappadokien ging an Nikanor, der jedoch in den historischen Darstellungen bald
als General des Antigonos erscheint und ihm damit auch die Satrapie übergeben zu
haben scheint (entweder um 319 v. Chr. oder spätestens 312 v. Chr.). Eumenes
konnte sich einige Zeit behaupten, musste aber schließlich im Frühjahr 319 v.
Chr. nach Medien fliehen.
Im zweiten Koalitionskrieg 316/15–311 v. Chr. konnte Antigonos seine Herrschaft
über Kleinasien und damit auch über Kappadokien behaupten.
Nach Diodor konnte Ariarathes II. noch zu Lebzeiten des Antigonos nach
Kappadokien zurückkehren, wo er dessen Strategen Amyntas besiegte. Im Norden
Kappadokiens hatte sich in der Zwischenzeit Mithridates I. einen eigenen
Machtbereich erschaffen, das spätere Königreich Pontos.
Nach der Schlacht von Ipsos 301 v. Chr., in der Antigonos fiel, wurde die Macht
über Kleinasien von den Diadochen neu geregelt. Lysimachos erhielt demnach
offiziell Kleinasien bis zum Tauros, jedoch widersprechen sich die antiken
Autoren in diesem Punkt. So behauptet Appian im Gegensatz zu Diodor, dass
Kappadokien nach dieser Schlacht direkt an Seleukos I. Nikator ging (App. Syr.
55 (281)).
Spätestens jedoch nach der Schlacht von Kurupedion im Februar 281 v. Chr. konnte
Seleukos Kleinasien und damit Kappadokien für sich beanspruchen.
Der seleukidische Herrschaftsanspruch über Kappadokien wurde jedoch von den
Ariarathiden bekämpft und ab ca. 260 (oder schon früher) konnte sich diese
Dynastie von den Seleukiden lösen, Kappadokien wurde ein unabhängiges
Königreich. Zunächst noch eng mit dem Seleukidenhaus verbunden, änderte sich die
Ausrichtung der Ariarathiden ab 188 v. Chr. Die vernichtende Niederlage, die
Antiochos III. gegen die Römer erlitten hatte, verlagerte die Machtverhältnisse
in Kleinasien abermals. Von nun an dominierte Pergamon, der römische
Bundesgenosse, die Politik und die Ariarathiden verbanden sich mit den
pergamenischen Attaliden. Zudem gerieten die Ariarathiden mit den pontischen
Mithridatiden in einen Konflikt, der nach dem Aussterben der Dynastie in den
mithridatischen Kriegen seinen Höhepunkt finden sollte.
Auch die Ariobarzaniden die von 95 v. Chr. bis 36 v. Chr. Kappadokien regierten,
hatten mit dem pontischen König Mithridates VI. Eupator einen großen Gegner und
langwierige Kämpfe um die Herrschaft auszutragen. Vor allem die römischen
Feldherren Sulla, Lucullus und Pompeius waren für die Ariobarzaniden wichtige
„Verbündete“.
Marcus Antonius setzte 36 v. Chr. Archelaos als neuen König über Kappadokien
ein, der nach den Kriegen mit Mithridates und den folgenden schweren Jahren
Stabilität und Wohlstand zurück brachte. Kaiser Tiberius bereitete dem
eigenständigen Königreich 18 n. Chr. ein Ende und integrierte es als kaiserliche
Provinz. Die Stadt Eusebia wurde unter dem neuen Namen Caesarea Hauptstadt der
neuen Provinz.
Bekannte Statthalter:
M. Hirrius Fronto Neratius Pansa unter Titus, nachgewiesen durch eine Inschrift
aus Komana.
M. Munatius Sulla Cerialis unter Elagabal
M. Ulpius Ofellius Theodorus unter Elagabal
Q. Aradius Rufinus (?) ca. 222–226
Asinius Lepidus 226
Q. Iulius Proculeianus, 231 unter Severus Alexander, nachgewiesen durch einen
Meilenstein aus Sebastopolis
Aradius Paternus, 231 unter Severus Alexander, nachgewiesen durch einen
Meilenstein aus Podandus.
Unter Valens wurde die Provinz 372 geteilt. Caesarea blieb die Hauptstadt des
nördlichen Teils (Prima), Podandus wurde die von Cappadocia secunda im Süden, es
wurde aber bald durch Tyana abgelöst. Nach der Reichsteilung 395 n. Chr. wurde
Kappadokien eine oströmische Provinz. Die Isaurier fielen im 5. Jahrhundert n.
Chr. in Kappadokien ein, die Hunnen im 6. Jahrhundert. Chosrau I. fiel 579 in
Anatolien ein und brandschatzte Sebastea in Kappadokien. Das byzantinische
Heer wurde von den Seldschuken 1071 besiegt. Es folgten die Turkmenen und
schließlich die Osmanen. Seit dem Altertum lebten Griechen in der Gegend, wurden
jedoch in den 1920er Jahren nach Griechenland zwangsumgesiedelt. Der griechische
Dialekt dieser Region, das Kappadokische, gilt heute als ausgestorben.
Religion und Kultur
Im frühen Christentum war Caesarea ein wichtiger Bischofssitz. In der
Kirchengeschichte sind die drei kappadokischen Väter bekannt, die aus dieser
Gegend stammten und überwiegend dort lebten. Kappadokien war eines der
wichtigsten frühchristlichen Zentren. Bis zum Jahre 1071 war es unter
byzantinischer Herrschaft. Mehr als 3000 Kirchen, die dort bis heute entdeckt
wurden, zeugen von der christlichen Vergangenheit, die bis in die Anfänge des
20. Jahrhunderts reichte. Die letzten griechisch-orthodoxen Christen verließen
die Region im Rahmen des großen Bevölkerungsaustausches zwischen der Türkei und
Griechenland im Zeitraum 1922 bis 1924.
Kappadokien lag an der berühmten Seidenstraße. Die dort lebenden Menschen wurden
oft von vielen unterschiedlichen Aggressoren überfallen. Deshalb haben die
Bewohner das weiche Tuffgestein ausgehöhlt, um sich darin zu verstecken. Es
entstanden ganze unterirdische Städte, die heute noch zu sehen sind.
Wegen dieser regen Kulturgeschichte und den atemberaubenden
Landschaftsformationen wurde die Region 1985 von der UNESCO als Weltkulturerbe
und Weltnaturerbe unter Schutz gestellt.
Quelle:
http://de.wikipedia.org/wiki/Kappadokien