Armenien 3 |
Armenien wird als kleinasiatisches Land
erstmals Mitte des 1. Jahrtausends v. Chr. unter der heutigen Landesbezeichnung
erwähnt.
Vorgeschichte
Der Name Eriwan (urartäisch Erebuni), späterer Name der armenischen Hauptstadt,
ist als Name einer Siedlung seit 782 v. Chr. nachweisbar. Archäologische
Fundstücke aus der Umgebung der Stadt weisen darauf hin, dass dort bereits im 8.
Jahrhundert v. Chr. eine Festung der Urartäer bestand. Deren Reich, das
innerhalb der drei Meere Vansee, Urmia-See und Sewansee von etwa 860 v. Chr. bis
mindestens 547 v. Chr. bestand, umfasste dabei auch etwa die Hälfte des heutigen
Armeniens.
Ab 700 v. Chr. brechen kurzfristig bis etwa 672 v. Chr. die Kimmerer vom
Kaukasus über die Westküste des Kaspischen Meeres kommend in die Region ein.[3]
547 v. Chr. wird Urartu von Kyros II. erobert und Teil des persischen
Achämenidenreiches.
Dareios I. nennt erstmals 521 v. Chr. den Namen Armeniens (altpersisch Arminia,
elamisch Harminuja), obwohl es in der babylonischen Sprache weiter nach der
alten Namensbezeichnung Uraštu geführt wird. Nach Einverleibung des Landes durch
Alexander im Jahr 334 v. Chr. regieren einheimische Dynastien in Armenien unter
Oberhoheit der Seleukiden.
Die Orontiden-
und Artaxidendynastie
Nach der Aufteilung des Alexander-Reiches unter den Generälen des makedonischen
Eroberers gründete Seleukos I. im Jahre 312 v. Chr. in Syrien und Mesopotamien
ein Reich. Seine Nachfolger, Seleukiden genannt, betrieben eine expansive
Politik und drangen über Armenien bis zum Indus-Tal vor. Armenien gliederte sich
damals in vier unabhängige Königtümer: Armenia Maior (Großarmenien), regiert von
den Königen der Orontidendynastie, umfasste das Kernland östlich des Oberlaufs
des Euphrat um das Van-Gebiet und den Aras bis zum Sewansee. Zu Armenia Minor
(Kleinarmenien) zählten die Distrikte Sivas und Erzincan. Im Südwesten lagen die
beiden kleinen Königreiche von Sophene und Kommagene, deren Regenten mit den
Orontiden Großarmeniens verschwägert waren und sich das fruchtbare Gebiet um
Melitene teilten. Hauptstadt von Sophene wurde Arsamosta um Arazan, das König
Arsames (260–228 v. Chr.) gegründet hatte. Von einzelnen Fürsten des feudal
regierten Armenien erhoben die Seleukiden Tributzahlungen und verliehen dafür
den Titel „Strategos“. Über das gesamte armenischsprachige Gebiet aber konnten
sie trotz wiederholter militärischer Aktionen keine direkte Herrschaft erlangen.
Unter dem Seleukidenherrscher Antiochos III. (223–187 v. Chr.) gelangte in
Sophene ein Fürst Zareh als Strategos an die Macht – in Großarmenien trat ein
Fürst Artaxias I. nach dem Tod des letzten Orontidenherrschers Orontes IV.
(212–200 v. Chr.) die Regentschaft an. Sehr bald bot sich beiden Fürsten die
Möglichkeit einer Lossagung vom Seleukiden-Reich: als Antiochos III. Hellas
angriff, geriet er mit den Römern in Konflikt, der 189 v. Chr. mit einer
schweren Niederlage von Antiochos endete. Der Senat in Rom bestätigte 188 v.
Chr. den unabhängigen Status des Herrschaftsgebietes von Zareh und Artaxias.
König Artaxias I. (190-159 v. Chr.)
begründete die Dynastie der Artaxiden, die Armenien zum Zenit seiner
wirtschaftlichen und politischen Macht führte, unter der es die glanzvollste
Periode seiner Geschichte erlebte. Artaxias I. entschied, die von Jerwant IV. am
Aras gegründete Hauptstadt Yervandaschat aufzugeben (Armavir blieb das religiöse
Zentrum des armenischen Königreiches), um weiter stromabwärts eine neue
Metropole zu gründen, die er Artaschat nannte. Wie Strabon und Plutarch
berichten, soll Hannibal, der um 188 v. Chr. nach der Schlacht bei Magnesia an
den Hof Artaxias' geflüchtet war, den armenischen König bei diesem Vorhaben
maßgeblich beraten und sogar Pläne für Artaschat entworfen haben. Ausgrabungen
der Armenischen Akademie der Wissenschaften brachten die Mauern der auf neun
Hügeln gelegenen Stadt, Gebäude mit Wandmalereien, den Palast, Reste der
Kasernen und Unterkünfte für Krieger mit Familien, Waffen, Pfeile,
Schleudersteine, Pech, eine Truhe mit Silbermünzen, Darstellungen von Göttern
und Reittieren mit silbernen Masken, Ziergegenstände aus Ton, nicht zuletzt aus
Ton gebrannte Wasserleitungsrohre ans Licht. Terrakottagefäße und Leuchter aus
urartäischer Zeit beweisen, dass die neugegründete Hauptstadt schon auf eine
ältere Geschichte und Tradition als Siedlung zurückblicken durfte. Unter
Artaxias I. vollzog sich die endgültige Konsolidierung armenischer Kultur. Die
Landessprache war Armenisch; für literarische und religiöse Texte verwendete man
die griechische Schrift, Regierungsdekrete wurden jedoch in Aramäisch verfasst.
Das Herrscherhaus, der Adel und die gebildete Bürgerschicht beherrschten mehrere
Sprachen. Dazu gehörten Armenisch, Griechisch und Persisch. Mit einer
Reorganisation der Verwaltung führte der Herrscher eine Vielzahl von Gesetzen
ein, die Recht und Ordnung im Lande sicherten.
Das von König Artaxias I. gefestigte Reich schien gefährdet, als sich dessen
Enkel, König Artawasd I. (123-95 v. Chr.), den von Osten eindringenden Parthern
beugen musste. Als Geisel kam der Thronfolger, Prinz Tigranes, an den
parthischen Hof. Gegen die Abtretung von 70 Tälern im Osten Armeniens entließen
die Parther Tigranes nach dem Tode von König Artawasd. Im Jahre 95 v. Chr.
bestieg er als Herrscher von Armenien den Thron der Artaxiden.
Größte Ausdehnung Armeniens unter Tigranes |
Arsakiden
Die Parther versuchten bald nach dem Ende der Artaxidendynastie Mitglieder des
eigenen Herrscherhauses der Arsakiden als Vasallenkönige auf den Thron zu
setzen. Diese hießen dann Arshakuni. Die Römer waren dagegen zunächst
erfolgreich mit eigenen Verbündeten, zuletzt aus dem iberischen (georgischen)
Königshaus. Rhadamistos, der letzte Vertreter, kam durch Verwandtenmord an die
Macht, bei dem die Römer tatenlos zusahen. In der Folge gelang es dem
parthischen Großkönig, seinen Bruder Trdat I. (Tiridates) als Kandidaten gegen
den römischen Kandidaten, Tigranes von Kappadokien, durchzusetzen. Jedoch musste
dieser 63 die römische Oberhoheit anerkennen (Krönung von Trdat I. 66 in Rom
durch Nero). Dennoch blieb die Oberhoheit über Großarmenien umstritten; ob es zu
einer vertraglichen Regelung kam, der zufolge der parthische Großkönig einen
Kandidaten präsentiert und der Kaiser ihn einsetzt, wie einige Forscher
annehmen, ist fraglich. Als 114 der parthische Großkönig Chosrau den armenischen
König absetzt und seinen Neffen zum König macht, erkennt Trajan diesen nicht an.
Es gelang ihm sogar für kurze Zeit, das Land als römische Provinz einzugliedern.
Doch die Arsakidendynastie herrschte
weiterhin bis 428 in Armenien. 224 wurden die Arsakiden in Persien von den
Sassaniden besiegt und verdrängt, und die Sassaniden begannen wieder eine
aggressivere Westpolitik. Im Feldzug von 252 gelang es Schapur I., 296 noch
einmal seinem Sohn Narseh, Großarmenien zu erobern, doch vermochten sie nicht,
ihre Herrschaft auf Dauer zu etablieren; zeitweilig gab es zumindest in
Westarmenien arsakidische Könige. Als Diokletian die Sassaniden 297 besiegte,
mussten diese die Oberhoheit über Großarmenien aufgeben - Trdat III. aus dem
Haus der Arshakuni bestieg den Thron, der in der Folge das Christentum in
Armenien förderte. Im 4. Jahrhundert kam es dann zu heftigen Kämpfen zwischen
Römern und Sassaniden um Armenien (siehe Constantius II. und Schapur II.), die
sehr wechselhaft verliefen.
Christianisierung
Die Armenische Apostolische Kirche feierte im September 2001 ihr 1700-jähriges
Bestehen, da 301 der Überlieferung nach die Annahme des Christentums unter König
Trdat III. und der geistlichen Führung des Hl. Grigor Lusaworitsch, dem "Erleuchter"
erfolgte (tatsächlich dürfte aus verschiedenen Gründen das Datum der
Christianisierung auf 313/314 anzusetzen sein, unter anderem deshalb, weil Trdat
III. als König von Roms Gnaden kaum während der diokletianischen
Christenverfolgung diesen Glauben angenommen hätte). Armenien wurde so der erste
stark christlich geprägte Staat der Welt. Das sollte dazu führen, dass Armenien
trotz oftmaliger Besetzung, Teilung und Eroberung seinen Nationalcharakter
behielt. So teilten Rom und das persische Reich der Sassaniden das armenische
Königreich 387 untereinander auf, obwohl es in dieser Region während der
gesamten Spätantike noch zu Kämpfen zwischen diesen beiden Großmächten kam.
Dennoch entwickelten die Armenier eine hochstehende Kultur, Literatur und
Baukunst - vor allem nach der Schaffung eines eigenen Alphabets durch Mesrop
Maschtotz im Jahr 405. Das Christentum ist bis heute eine entscheidende
Komponente armenischer Identität.
Das Ende des
antiken Staates
Sowohl im römischen Teil als auch im sehr viel größeren sassanidischen Teil des
alten Großarmenien wurde die Dynastie der Arshakuni (Arsakiden) 390 bzw. 428
abgesetzt, die Sassaniden setzten einen Marzban (eine Art Markgraf) als
Vertreter des Großkönigs ein. Als die Sassaniden unter Yazdegerd II. versuchten,
die zoroastrische Staatsreligion in Armenien einzuführen, kam es zu einem
Aufstand der Armenier unter dem adeligen Haus der Mamikonjan. 451 unterlag aber
das armenische Adelsaufgebot bei Avarayr den persischen Truppen; sein Anführer
Vardan Mamikonjan wurde getötet. Es folgte ein langer Guerillakrieg, der
schließlich mit der Anerkennung des Christentums und des Vahan Mamikonjan als
Marzban 484 endete.
Armenien
zwischen Byzanz und Persien
Im Jahre 363 unternahm Julian Apostata einen Feldzug gegen das Sassanidenreich,
der mit einer Niederlage endete. Sein Nachfolger Jovian musste einem für die
Römer ungünstigen Frieden zustimmen. Schapur III. (383–388) stellte die
Christenverfolgungen ein und vereinbarte mit dem römischen Kaiser im Osten,
Theodosius I., wohl 387 die Teilung des stets umstrittenen Armeniens, wobei die
erstarkte Stellung Persiens auch dadurch deutlich wurde, dass die Sassaniden
rund vier Fünftel des Landes erhielten (so genanntes Persarmenien). Hauptstadt
des persischen Teils wurde Dvin, welches noch im weiteren Verlauf der
armenischen Geschichte eine wichtige Rolle spielen sollte.
Mit den Lösungen in Nordmesopotamien und Armenien scheinen aber auch die Römer
zufrieden gewesen zu sein, sodass es im fünften Jahrhundert zu einer friedlichen
Koexistenz der beiden Großmächte kam, die nur von zwei kurzen Kriegen unter
Theodosius II. unterbrochen wurde.
Im 6. Jh. wurde Armenien wieder zu einem der Hauptkampfgebiete zwischen Ostrom
und den Sassaniden, verschiedene Mitglieder des armenischen Adels wechselten
mehrmals die Seiten (siehe Römisch-Persische Kriege). Unter Kaiser Maurikios
(582-602) von 591 bis 602 und Kaiser Herakleios (610-641) von 630-637/640 gelang
es dem Byzantinischem Reich, den Großteil von Großarmenien unter seine Kontrolle
zu bringen - allerdings führten die Verwaltungsmaßnahmen der Byzantiner und ihre
Versuche, die Armenier zur Annahme der Beschlüsse des Konzils von Chalkedon
(451), die die armenische Kirche in zwei Synoden 506 (in Dvin) und 555 abgelehnt
hatte, zu bewegen, zu Aufständen des armenischen Adels.
Aufgrund des religiösen Schismas betrieb Byzanz eine armenienfeindliche Politik.
Kaiser Maurikios (582-602) schloss mit dem Sassanidenherrscher Chosrow ein
Abkommen zur Entvölkerung der Grenzgebiete, um durch die Schaffung einer toten
Zone weitere Konflikte mit seinem Gegner zu vermeiden. Die betroffenen Armenier
siedelte er in Thrakien und Makedonien an, wo sie als kriegserprobtes Volk die
Feinde jenseits der Donau sowie Bulgaren abwehren sollten. Doch auf diese Weise
hatte Maurikios gegen die Interessen des eigenen Reiches gehandelt; seine
Verteidigungskraft im Osten gegen die Sassaniden war nunmehr stark geschwächt.
Wie sich seine Soldaten bei der Durchführung der kaiserlichen Befehle in
Armenien verhielten, beschreibt Michael der Syrer: „Das Heer des Maurikios warf
frech die Kreuze zu Boden, beraubte Kleriker und Laien, schändete Mädchen und
schnitt die Ohren der Frauen samt Ringen ab.“
Die Georgier fürchteten, dass sie durch ihre Verbindung mit der Armenischen
Kirche ein ähnliches Schicksal erleiden könnten, und schlossen sich im Jahre 602
dem Patriarchat von Konstantinopel an. Kaiser Herakleios, der den byzantinischen
Thron im Jahre 610 bestieg, war armenischer Abstammung. Ihm gelang es durch
zielstrebige wirtschaftliche und verwaltungstechnische Reformen dem drohenden
Ruin seines Reiches entgegenzuwirken. Über die Sassaniden errang der Kaiser um
624 in Armenien glänzende Siege, bis das Jahr 628 endlich Frieden brachte: große
Teile Armeniens kamen mit den von den Persern besetzten Gebieten wieder an das
Byzantinische Reich zurück. Nun strebte der Herrscher auch eine Entspannung in
Glaubensfragen an. Er reiste im Jahre 633 nach Garin, um mit Katholikos Esr
sowie zahlreichen Bischöfen eine Konferenz abzuhalten, in der Chalcedon bewusst
nicht im Mittelpunkt der Gespräche stand. Doch die Pläne des Kaisers, der die
Mauern der religiösen Differenzen niederreißen und Ruhe in das Reich bringen
wollte, konnten nicht mehr zur Ausführung gelangen, denn der erste militärische
Ansturm des Islam verdüsterte den politischen Horizont.
Armenien zur
Zeit der Araberinvasion
Im Jahre 636 brachen die Araber in Syrien ein, 638 eroberten sie
Palästina. Nach der Unterwerfung des Perser-Reiches besetzten sie 639/640
Mesopotamien. Von hier aus drangen sie unter ihrem Befehlshaber Habib Ibn
Maslama nach Armenien vor und erstürmten im Oktober 640 die Hauptstadt Dvin. Die
Fürsten der gefährdeten Gebiete verhandelten mit den Arabern, die religiös
duldsamer als die Byzantiner waren, um das Land und die Bevölkerung vor
Zerstörung und Verlusten zu bewahren. Der Adel behielt seinen Besitz und seine
Position, als Gegenleistung mussten Abgaben entrichtet und Waffenhilfe geboten
werden. In Dvin etablierten die Araber den Sitz ihres Statthalters und seiner
Beamten, sie ließen daher die zerstörte Stadt wieder aufbauen und mit starken
Befestigungen versehen.
Die Invasion der Araber unterbrach die kurze Friedensperiode, in der sich in
Armenien eine rege kulturelle Tätigkeit entfaltet hatte. Eine Vielzahl
literarischer Werke war entstanden, die in Klöstern von Mönchen abgeschrieben
wurden und so weite Verbreitung fanden. Historiker hatten die politischen
Ereignisse vergangener Jahrhunderte festgehalten und kommentierten sie;
religiöse und philosophische Schriften nahmen auf das geistige Leben einen
nachhaltigen Einfluss. Unter den armenischen Gelehrten des 7. Jahrhunderts hatte
Anania von Schirak als bedeutendste Gestalt grundlegende Werke zur Kosmographie,
Geographie, Arithmetik, über den Kalender, über Maße und Gewichte verfasst, die
Ursachen der Sonnen- und Mondfinsternis erklärt und die zeitgenössische
Astrologie kritisiert. Eine damals bereits hochentwickelte Musiktradition
Armeniens erlebte durch die Verbesserung der aus dem 4. Jahrhundert stammenden
Notationen eine neue Blütezeit. Neben den Volksliedern, deren Thematik teilweise
noch aus heidnischer Zeit übernommen war, erweiterten zeitgenössischen
Komponisten das Repertoire der Kirchengesänge, die sich durch außergewöhnlichen
melodischen Reichtum auszeichneten.
Einen Zenit erreichte die klassische armenische Architektur (5. bis 7. Jahrhundert), als man nach der Erbauung der großen Kuppelkirche St. Hripsime bei Etschmiadsin durch Katholikos Komitas im Jahre 618 unweit davon die Palastkirche Swartnoz im Auftrag von Katholikos Nerses III.(641-661) errichtete. Nerses, der in den bewegten Zeiten der Araberinvasion sein Amt angetreten hatte, verlegte seine Residenz aus dem heimgesuchten Dvin nach Swartnotz und verewigte sich in der Geschichte des Landes als Bauherr der schönsten architektonischen Schöpfung Armeniens seiner Zeit. Die Aktivitäten des Katholikos (der wegen seiner regen Bautätigkeit den Namen Nerses Schinogh, „der Erbauer“, erhielt) belegen, dass die Araber zunächst keine Islamisierung betrieben. Sie setzten jedoch ihre Eroberungszüge fort und eroberten weitere Gebiete Armeniens und Grusiniens; sie brachten Kaukasisch-Albanien unter ihre Gewalt und marschierten schließlich 642/643 nach Kappadokien. Um Armenien nicht zu verlieren, dass wie ein Wall zwischen dem Byzantinischen Reich und den Arabern lag, versprach Kaiser Konstans II. (641-668) Truppen zur Unterstützung jener Fürsten, die sich gegen die Araber verteidigen wollten. Sicherlich wäre Armenien der stärkste und beste Verbündete des Byzantinischen Reiches gewesen, wenn der Kaiser die Eigenständigkeit des fähigen christlichen Volkes anerkannt hätte. Doch der Patriarch Paulos II. von Konstantinopel (641-654) forderte die Armenier in einem Schreiben auf, die Bedingungen von Chalcedon anzunehmen. Katholikos Nerses III. und Fürst Theodor Rschtuni beriefen 648 eine Kirchenversammlung ein, um die Situation zu besprechen. Während der byzantophil gesinnte Katholikos die Waffenhilfe des Kaisers als Rettung vor dem Islam betrachtete, reagierte der armenische Adel und Klerus auf das in Aussicht gestellte Bündnis bei religiöser Unterordnung mit Entrüstung und eisiger Ablehnung. Angesichts der drohenden Verfolgung der Christen durch die Muslime schien den Armeniern die intolerante Haltung der Byzantiner zur Glaubensfrage und ihr Kampf um das Primat eine ungeheure Provokation des christlichen Gewissens. Da nach dem Ablauf des Waffenstillstandes zwischen den Arabern und Byzantinern weitere arabische Einfälle zu erwarten waren, übten die kirchenpolitischen Bestrebungen von Byzanz einen nicht unwesentlichen Einfluss auf die Entscheidung armenischer Adeliger zur freiwilligen Anerkennung der arabischen Oberhoheit aus.
Bagratiden
Aschot I. Bagratuni gelang es dann unter Ausnutzung der allmählichen Schwächung
des Kalifats 885/886 wieder ein armenisches Königreich zu errichten, das sowohl
vom Kalifen als auch vom byzantinischen Kaiser anerkannt wurde. Der Nachfolger
Aschots, Smbat (892-914) wurde von den Arabern getötet, Aschot II. (915-928)
brachte die Freiheitskämpfe zum Abschluss.
Die Blütezeit des Reiches der Bagratiden fällt unter Gagik (990-1020). In der
zweiten Hälfte des 11. Jhd. ging das Reich durch unglückliche Kriege und innere
Zwistigkeiten zugrunde. Ab dem späten 10. Jh. drangen die Byzantiner wieder aus
Kleinasien vor und konnten ein armenisches Königreich nach dem anderen in ihr
Reich eingliedern, 1045 schließlich auch das Gebiet von Ani selbst. Den
armenischen Königen wurden neue Güter im Inneren Kleinasiens angeboten, wohin
nun zehntausende Familien umsiedelten. Erneut kam es dort und auch in Armenien
zum Streit mit der orthodoxen Reichskirche, nachdem vorher Versuche, durch
Gespräche eine Union zu erreichen, scheiterten. Wieder herrschte politische und
kirchliche Uneinigkeit, als mit den türkischen Seldschuken aus Zentralasien eine
neue expansive muslimische Macht auftrat. Am 16. August 1064 eroberten und
verwüsteten die Seldschuken Ani, die armenische Hauptstadt (wegen ihrer vielen
imposanten Sakralbauwerke auch Stadt der 1001 Kirchen genannt), 1071 besiegten
sie den byzantinischen Kaiser in der Schlacht von Mantzikert nordwestlich des
Vansees und eroberten dann den Großteil von Kleinasien und Armenien.
Das Königreich in Kilikien
In der Folge gründeten armenische Flüchtlinge 1080 in Kilikien ein unabhängiges
Fürstentum unter den Rubeniden. Diese verbündeten sich mit den Kreuzfahrern
gegen Byzantiner und Türken und umgekehrt. Leo II. (1189-1219) erhielt 1199 den
Königstitel. 1342 fiel das Armenische Königreich von Kilikien an die
katholischen Lusignans von Zypern. Als die Hauptstadt Sis im Jahr 1375 von den
ägyptischen Mamluken erobert wurde, ging mit Kilikien das letzte eigenständige
Staatsgebilde der Armenier bis zum 20. Jahrhundert unter. Kilikien fiel 1515 an
das Osmanischen Reich.
Das Armenische Königreich von Kilikien wird von westlichen Historikern oft mit
Kleinarmenien verwechselt, das am Euphrat in der heutigen Türkei lag.
Das armenische Kernland im späten Mittelalter und der
Neuzeit
Der Großteil der Armenier lebte auch nach der türkischen Eroberung des 11. Jh.s
im Kernland, wo sie aber wechselnde turkmenische Herrschaften über sich ergehen
lassen mussten. Eine immerhin christliche Fremdherrschaft brachte die Blüte des
benachbarten Georgischen Königreiches im 12. und 13. Jh., das einen großen Teil
Armeniens erobern konnte (1184 nahmen die Georgier Ani ein). Der Einfall der
Mongolen ab 1223 beendete die georgische Macht und brachte erneute Verwüstungen
über das Land. In den folgenden Jahrhunderten wechselten unter mongolischen und
türkischen Dynastien Zeiten relativ friedlicher Herrschaft mit Kriegen und
Invasionen neuer Nomadenstämme; die schlimmsten Verwüstungen brachten wohl die
Feldzüge des Timur Leng um 1400. Zu Beginn des 15. Jh.s waren die Armenier durch
Flucht, Vertreibung und Ansiedlung türkischer und kurdischer Stämme in vielen
Gegenden des alten Armeniens zu einer Minderheit geworden. Nur mehr in wenigen
Gebieten hatten sich einige der alten Adelsfamilien erhalten.
Das armenische Kernland erlebte nach 1500 eine erneute Teilung zwischen dem
Osmanischen Reich im Westen, das auch nach und nach alle von Armeniern bewohnten
Gebiet in Kleinasien und Syrien unterwarf, und dem neuen schiitischen
Safavidenreich im Iran im Osten; 1639 wurde im großen und ganzen die bis heute
geltende Grenze zwischen dem persischen Ostarmenien und dem Osmanischen Reich
festgelegt. In Ostarmenien schwand der Anteil der Armenier an der Bevölkerung
weiter dahin, vor allem nachdem der Schah Abbas I. 1604 ca. 250 000 Armenier in
den Iran deportierte, wo sie in Neu-Dschulfa eine bis heute bestehende Kolonie
gründeten. Seit dem 18. Jh. unterhielten die Armenier und das Katholikosat
Kontakte zum nach Süden vordringenden Zarenreich.
Russische Herrschaft in Nordostarmenien
Im Russisch-Türkischen Krieg 1828 bis 1829 kam der östliche Teil Armeniens unter
die Oberhoheit des Russischen Reiches. Nach dem zehnten Russisch-Türkischen
Krieg 1877 bis 1878 im Kontext der Balkankrise musste das Osmanische Reich im
Frieden von San Stefano weitere Teile Ostarmeniens und die Provinzen Kars und
Ardahan an Russland abtreten. Kulturell und auch sprachlich hatten sich bis zu
diesem Zeitpunkt erhebliche Unterschiede zwischen Westarmenien und Ostarmenien
gebildet, die sich heute in den manchmal spannungsvollen Beziehungen zwischen
der aktuellen Republik Armenien und der armenischen Diaspora widerspiegeln.
Die Entwicklung in Westarmenien bis 1914
Im Verlauf des 19. Jahrhunderts war es unter den im Osmanischen Reich lebenden (West-)Armeniern
unter westeuropäisch-aufklärerischen Einflüssen zu einer Wiederentdeckung der
eigenen Kultur und ihrer Wurzeln gekommen. Dazu trug auch die Tatsache bei, dass
durch eine vor allem von den USA ausgehende protestantische Missionsbewegung,
die zunächst den türkischen Muslimen gegolten hatte, dann aber in den
christlichen Armeniern dankbarere Adressaten gefunden hatte, ein dichtes Netz
von Schulen entstanden war. In Konstantinopel und anderen Großstädten entstand
eine breite Schicht von Intellektuellen, die diesem Wiedererwachen literarisch
und auch politisch Ausdruck verliehen. Auf der anderen Seite empfanden die in
den sogenannten armenischen Provinzen in Ostanatolien lebenden Armenier ihre
Diskriminierung im Millet-System des Osmanischen Reiches immer stärker und
begannen, sich gegen übermäßige Steuerlast und ständige Übergriffe lokaler (vor
allem kurdischer) Stammesführer zur Wehr zu setzen. Gleichzeitig traten die
europäischen Mächte als Schutzherrn der orientalischen Christen, vor allem der
Armenier auf, verfolgten dabei jedoch in erster Linie eigene koloniale
Interessen. So brachten weder die im Zuge des Tanzimat eingeleiteten Reformen
noch die auf dem Berliner Kongress vertraglich fixierten Reformen für die
Armenier eine Besserung ihrer Lage.
1885 wurde in Van, damals das Zentrum Westarmeniens, die erste armenische
politische Partei gegründet, die Demokratisch-Liberale Partei (unter dem
damaligen Namen Armenakan). Allerdings verschlechterte sich die Situation der
Armenier unter Sultan Abdülhamit II. weiter. 1894-1896 gab es eine erste Welle
systematischer Massaker, denen schätzungsweise 200.000-300.000 Armenier zum
Opfer fielen. So setzen die Armenier um die Jahrhundertwende vielfach auf die
Bewegung der Jungtürken, von denen sie sich endlich Gleichberechtigung innerhalb
des immer mehr vom Zerfall bedrohten osmanischen Staates erhofften. Doch gerade
diese vermeintlichen Verbündeten sollten wenig später die Vernichtung
armenischen Lebens auf türkischem Boden beschließen und auch durchführen.
Vorbote war das Massaker von Adana 1909.
Armenien 1914 |
Das osmanisch beherrschte Südwestarmenien im Ersten
Weltkrieg (s. extra Kapitel zum Völkermord)
Am 24. April 1915 veranlasste die 1908 an die Macht gekommene jungtürkische
Bewegung die Verhaftung, Deportation und Ermordung armenischer Intellektueller
in Konstantinopel und leitete damit den Völkermord an 1,5 Millionen Armeniern -
zwei Dritteln des im Osmanischen Reich seit Jahrtausenden lebenden christlichen
Volkes - ein. Die Überlebenden gingen ins Exil; zehntausende (vor allem junge
Mädchen und Waisenkinder) wurden zwangsislamisiert. Die Region Dersim, türkisch
Tunceli, war bis zu seiner Vernichtung durch die türkische Armee 1937/38 ein
wichtiges Refugium für viele Armenier. Nach dem Militärputsch 1980 wurde
versucht, auch die Armenier in Dersim zu islamisieren. 1994 wurden etwa 200
Dörfer in Dersim durch türkisches Militär und Para-Militär zerstört. Heute leben
in der Türkei circa 60.000 Armenier, fast ausschließlich in Istanbul.
Die Türkei bestreitet die Tatsache des Völkermordes bis heute. Er wurde jedoch
seit Mitte der 60er Jahre durch eine zunehmende Zahl nationaler Parlamente
anerkannt - darunter auch vom Deutschen Bundestag und dem Schweizer Nationalrat,
der französischen Nationalversammlung, dem Europarat und dem Europäischen
Parlament. 2005 fand in Istanbul eine Konferenz statt, die sich mit dem Thema
beschäftigte, obwohl es im Vorfeld und während der Konferenz zu scharfen
Protesten von türkischen Nationalisten gekommen war.
Die Erste Republik in Nordostarmenien 1918-1920
Als Folge des Ersten Weltkrieges entstand eine Reihe unabhängiger Staaten in
Gebieten, die vormals zum Deutschen Kaiserreich, zum Osmanischen Reich und
Russisches Reich gehört hatten. Einer dieser Staaten war die am 28. Mai 1918
ausgerufene Demokratische Republik Armenien (ein ähnlicher Fall ist Estland),
die sich der Entente gegen die Mittelmächte anschloss. Im Vertrag von Sèvres vom
10. August 1920, einem der Pariser Vorortverträge, die den Ersten Weltkrieg
beendeten, war die Unabhängigkeit Armeniens vorgesehen. Der Vertrag ist jedoch
nie in Kraft getreten, weil er nicht von allen Vertragsstaaten ratifiziert
wurde. Die Flagge und das Wappen sind seit der Unabhängigkeit von der
Sowjetunion 1991 wieder Symbole der heutigen Republik Armenien. Ende 1920
marschierte von Norden die Rote Armee ein, während von Westen die Truppen der
neuen türkischen Gegenregierung Mustafa Kemal auf die Hauptstadt Eriwan
vorrücken. Am 29. November 1920 wurde die Armenische SSR ausgerufen.
Sowjetische Herrschaft
Infolge des Griechisch-Türkischen Krieges (1919-1922) wurde der
Vertrag von Sèvres im Vertrag von Lausanne zugunsten der Türkei revidiert. 1920
wurde Armenien zwischen der Türkei und Sowjetrussland aufgeteilt. Dies wurde im
Vertrag von Kars vom 23. Oktober 1921 fixiert. Nach Gründung der UdSSR 1922
wurde die Armenische SSR ein Teil der Transkaukasischen Sozialistischen
Föderalen Sowjetrepublik.
Am 5. Dezember 1936 wurde Sowjetarmenien eine formal eigenständige
Unionsrepublik der Sowjetunion und hieß von nun an Armenische Sozialistische
Sowjetrepublik. Sie entwickelte sich zu einem wichtigen Standort der chemischen
Industrie, der Schuhindustrie und der Informatik. Viele elektronische Bauteile
für die sowjetische Raumfahrt und auch Roboter wurden hier entwickelt. Außerdem
wurden Früchte und Tabak in andere Teil der Sowjetunion exportiert, und
international insbesondere Armenian Brandy. Im Ararattal wird seit dem 19.
Jahrhundert Brandy hergestellt, der auch international wegen seiner
ungewöhnlichen Milde geschätzt wird. In der Sowjetunion war die Armenische SSR
unter anderem wegen des warmen Klimas ein beliebtes Reiseziel.
Die Armenische SSR war seit dem Ende der achtziger Jahre neben der Estnischen
SSR, der Lettischen SSR und der Litauischen SSR ein Zentrum der separatistischen
Bewegungen innerhalb der UdSSR, die die Auflösung beschleunigten. Zu dieser Zeit
flammte auch der Konflikt um Bergkarabach, ein mehrheitlich armenisch
besiedeltes Gebiet innerhalb der Aserbaidschanischen SSR, wieder auf. Armenien
und Aserbaidschan haben seit 1988 militärische Auseinandersetzungen um
Bergkarabach geführt (Gebiet in Aserbaidschan, in dem mehrheitlich Armenier
leben).
Am 7. Dezember 1988 erschütterte um 11.41 Uhr (Ortszeit) ein schweres Erdbeben
die Region Lori im Norden der Armenischen SSR, das den Wert 6,8 auf der
Richterskala erreichte. Neben der Stadt Spitak, die nahezu vollständig zerstört
wurde, wurden auch die Städte Leninakan (heute Gjumri) und Kirowakan (heute
Wanadsor) sowie viele umliegende Dörfer schwer beschädigt. Viele Gebäude,
insbesondere Schulen und Krankenhäuser, hielten dem Erdbeben nicht Stand und
25.000 Menschen ließen ihr Leben. Hinzu kamen die winterlichen Temperaturen und
die Unvorbereitetheit der Behörden. Die Regierung ließ ausländische Helfer ins
Land. Dies war der erste Fall, indem die Sowjetunion ausländische Hilfe in
größerem Ausmaß annahm. Die wirtschaftliche Entwicklung dieser Region wird durch
die nachhaltige Schädigung der Infrastruktur nach wie vor behindert.
Am 23. August 1991 wurde die Armenische SSR in Anlehnung an die erste Republik
in Republik Armenien umbenannt. Nach der Unabhängigkeitserklärung am 21.
September 1991 entstand die heutige Republik Armenien (siehe Armenien). Der
südwestliche, weitaus größte Teil des historischen Siedlungsgebietes der
Armenier blieb unter türkischer Herrschaft - darunter auch der Berg Ararat, auf
dem nach biblischer Überlieferung die Arche Noah gelandet ist. Er gilt bis heute
als Nationalsymbol der Armenier und taucht auch im Staatswappen auf (siehe
oben).
Die erneute Unabhängigkeit seit 1991
Am 21. September 1991 erklärte sich Armenien von der sich in
Auflösung befindlichen Sowjetunion für unabhängig. Das Parlament, die
Nationalversammlung, wird alle vier Jahre gewählt. Es gibt nur eine Kammer.
Am 6. Oktober 1991 wurde Lewon Ter-Petrosjan zum ersten Präsidenten der
armenischen Republik gewählt. Am 22. September 1996 wurde er wiedergewählt.
Seine Popularität sank jedoch zunehmend. Seit einem Waffenstillstand im Mai
1994, der einer Besetzung eines Sechstels Aserbaidschans durch armenische
Truppen folgte, hat sich die Situation im Konflikt um Bergkarabach nicht
wesentlich verbessert. Es hat bislang keinen Durchbruch in der Beziehung beider
Staaten gegeben, ein Zustand, der ihre wirtschaftliche Entwicklung negativ
beeinflusst. Im Februar 1998 wurde Ter-Petrosjan zum Rücktritt gezwungen, weil
er im Bezug auf Arzach - so der armenische Name für Bergkarabach - als zu
weitgehend empfundene Zugeständnisse an Aserbaidschan zur Lösung des Konflikts
gemacht hatte. Lewon Ter-Petrosjans Minister, angeführt von seinem
Premierminister und späterem Nachfolger im Präsidentenamt Robert Kotscharjan,
lehnten einen Friedensplan ab, den internationale Vermittler im September 1997
vorgeschlagen hatten und den Lewon Ter-Petrosjan und Aserbaidschan
befürworteten.
Kotscharjan, der zuvor Präsident der Republik Bergkarabach, eines stabilisierten
De-facto-Regimes, gewesen war, gewann 1998 die vorgezogenen
Präsidentschaftswahlen. Seine Wiederwahl 2003 war von Unregelmäßigkeiten
begleitet. Im Januar 2006 trat eine vom Europarat schon seit langem geforderte
Verfassungsänderung in Kraft, die dem Parlament mehr Rechte einräumt. Der
Präsident darf beispielsweise nach wie vor den Ministerpräsidenten ernennen, er
muss nun aber vom Parlament bestätigt werden. Die Opposition wirft der Regierung
vor, das im Zusammenhang mit der Verfassungsänderung abgehaltene Referendum
massiv manipuliert zu haben. Die letzten Parlamentswahlen fanden im Mai 2007
statt; internationale Wahlbeobachter bescheinigten diesmal einen formal
weitgehend den westlichen Standards entsprechenden Hergang der Wahl. Die
Republikanische Partei, die bereits zuvor Anführerin einer Koaltionsregierung
war und auch den Ministerpräsident stellt, kann als Gewinner der Wahl bezeichnet
werden. Im Februar 2008 fanden Präsidentschaftswahlen statt. Verfassungsgemäß
konnte Amtsinhaber Kotscharjan dabei nicht mehr antreten. Mit knapp über 50 %
der Stimmen wurde bereits im ersten Wahlgang der bisherige Premierminister
Sersch Sarkissjan ins Amt des Staatsoberhauptes gewählt. Sarkissjan gilt als
enger Vertrauter Robert Kotscharjans. Oppositionskandidat Lewon Ter-Petrosjan
erkannte das Wahlergebnis nicht an und sprach von Fälschung. Auf die Wahl
folgten mehrtägige Demonstrationen von Anhängern Ter-Petrosjans. Am 1. März 2008
wurde eine Demonstration mit Polizeigewalt aufgelöst. Ter-Petrosjan wurde unter
Hausarrest gestellt und Staatspräsident Kotscharjan verhängte den
Ausnahmezustand.
Die wirtschaftliche Entwicklung Armeniens wird seit dem Karabach-Konflikt vor
allem durch die Blockade seiner Grenzen nicht nur seitens Aserbaidschans,
sondern auch seitens der Türkei stark behindert. Die Regierung Armeniens ist zur
vorbehaltlosen Aufnahme diplomatischer Beziehungen und zur Öffnung der Grenzen
mit der Türkei bereit; diese macht jedoch eine Lösung des Konfliktes um Karabach
zur Bedingung und besteht zudem darauf, dass Armenien zuerst den Vorwurf des
Genozids während des Osmanischen Reiches fallen lässt und formell auf jede Form
von Reparation verzichtet. Aufgrund der unsicheren Verhältnisse in Georgien ist
der Landweg nach Iran die Haupttransportroute für alle Wirtschaftsgüter von und
nach Armenien.
Die Diaspora
Eine große Rolle spielt nach wie vor auch die armenische Diaspora (7
Millionen Menschen). Geldtransfers der zahlreichen Auslandsarmenier stützen die
Wirtschaft. Im Jahre 2005 überwiesen Diasporaarmenier nach Schätzung der
Armenischen Zentralbank rund eine Mrd. US-Dollar. Davon kamen 45 %. aus Russland
und 15 %. aus den USA. Die neue Verfassung (im Januar 2006 in Kraft getreten)
verbietet die doppelte Staatsbürgerschaft nicht mehr. (Dies ist aus der Sorge
heraus so gewesen, dass die Diasporaarmenier, wenn sie wahlberechtigt wären, die
Außenpolitik der Republik Armenien bestimmen könnten. Aus diesem Grund kann das
aktive Wahlrecht nach den neuen Bestimmungen nur vor Ort ausgeübt werden; es ist
also keine Briefwahl möglich.) Eine Vielzahl von Stiftungen und anderen
Organisationen bemüht sich, die Verbindung zwischen Mutterland und Diaspora zu
intensivieren.
Quelle und weitere Informationen: http://de.wikipedia.org/wiki/Geschichte_Armeniens