Armenien 2 |
Armenien ist ein Binnenstaat im Kaukasus (Vorderasien). Es liegt im Bergland zwischen Georgien, Aserbaidschan, dem Iran und der Türkei. Das Land entspricht dem nordöstlichen Teil des ehemals viel größeren armenischen Siedlungsgebiets (siehe Armenistan) und erlangte mit Auflösung der UdSSR 1991 seine Unabhängigkeit.
Geografische
Lage und Struktur
Armenien liegt am Übergang zwischen Kleinasien und (dem aus europäischer Sicht
so benannten) Transkaukasien, zwischen 38° 51' und 41° 16' nördlicher
geografische Breite sowie 43° 29' und 46° 37' östlicher geografische Länge. Der
heutige Staat umfasst ein Gebiet von 29.800 Quadratkilometern im Nordosten des
Armenischen Hochlands und am Südrand des Kleinen Kaukasus.
Die Landesfläche Armeniens ist etwa so groß wie die des Bundeslandes
Brandenburg. Es grenzt im Norden an Georgien, im Osten an Aserbaidschan, im
Südosten an den Iran, im Süden an die aserbaidschanische Exklave Nachitschewan
und von Südwesten bis Westen an die Türkei. Die heutige Bevölkerungszahl beträgt
etwa drei Millionen.
Armenien ist ein sehr ausgeprägtes Gebirgsland – denn 90 % der Landesfläche
liegen mehr als 1.000 Meter über dem Meeresspiegel, die mittlere Höhe beträgt
sogar 1.800 Meter. Von Norden her erstrecken sich die über 3.000 Meter hohen
Ausläufer des Kleinen Kaukasus. Die höchste Erhebung ist der erloschene Vulkan
Aragaz (4.090 Meter) (unweit des biblischen Ararat), der tiefste Punkt liegt
rund 380 Meter hoch am Ufer des Aras an der Grenze zur Türkei. Das Gebiet liegt
in einem Faltengebirge – es entstand und verändert sich nach wie vor durch den
Zusammenstoß der Eurasischen Platte mit der Arabischen Platte – und ist
dementsprechend stark erdbebengefährdet (siehe auch Störungslinie). Das Gestein
ist oft vulkanischen Ursprungs. Unter den nachgewiesenen Bodenschätzen sind
verschiedene Kupferoxide am wichtigsten, die als Nebenprodukt Molybdän, Eisen
und Gold enthalten, außerdem Uran, verschiedene Halbmetalle, Schmucksteine und
Gesteinsarten wie Tuff, Basalt, Marmor u. a. Hinzu kommen Mineralwasserquellen,
deren Wasser für Heilzwecke und im Alltagsgebrauch Verwendung findet.
Der größte See Armeniens ist der östlich von Eriwan etwa 1.900 Meter hoch
gelegene Sewansee mit einer Fläche von derzeit ungefähr 940 Quadratkilometern.
Durch Wasserentnahme ist seine Fläche stark zurückgegangen (1984: 1.262
Quadratkilometer). Die längsten Flüsse Armeniens sind Aras, Worotan, Kasach,
Hrasdan und Debed.
Klima
Das Territorium der Republik Armenien liegt zwar in den Subtropen, doch ergeben
sich durch die beträchtlichen Höhenunterschiede – der Aragaz (4.090 Meter) und
das Tal des Aras (rund 380 Meter) liegen beispielsweise nur rund 80 Kilometer
voneinander entfernt – und die kleinteilige Landschaft unterschiedliche lokale
Klimata. Einerseits wirken die nahen Meere ausgleichend, andererseits
begünstigen die Hochgebirge der Umgebung extreme Schwankungen. Die hohen Gipfel
des Kaukasus wirken starken Kälteeinbrüchen von Norden her entgegen. In den
Tälern und Niederungen ist das Klima kontinental, wobei die Temperaturen im
Sommer mittags meist über 30 °C liegen, in den Bergen insgesamt etwas kühler und
an der Grenze zum Iran subtropisch und sehr trocken.
Pflanzen- und Tierarten
Das Gebiet der Republik Armenien ist artenreich; es gibt eine Vielzahl
endemischer Arten. In der Arasniederung finden sich Salzpflanzen. Bis zu einer
Höhe von 1.400 Metern sind Artemisia weit verbreitet. Im gebirgigen Gelände
wachsen viele dornige Sträucher und andere stachelige Pflanzen, wie etwa
Disteln. Im Hochgebirge treten vermehrt xerophile Pflanzen auf. Um das Jahr 1900
waren rund 25 Prozent der Fläche von Bäumen oder Sträuchern bedeckt, 1964 etwa
15 %, 2005 nur noch 8–10 %.
In Sangesur im Süden des Landes liegt die Baumgrenze bei 2.400 Metern. In noch
höheren Lagen ähnelt die Pflanzenwelt derjenigen der Alpen.
Der lateinische Name der Aprikose, (Prunus armeniaca), lautet übersetzt
„armenische Pflaume“. Die Aprikose gehört zu den Symbolen Armeniens, daher auch
die Farbe des untersten Streifens der Flagge Armeniens.
Es gibt viele Reptilien, darunter die Armenische Felseidechse und Giftschlangen
wie etwa Vipern, unter den Spinnentieren auch Skorpione. In feuchten Niederungen
leben Wildschweine, Schakale, Rehe, Nerze, Möwen und Adler; in den Steppen im
Gebirge vor allem Nagetiere; in den Wäldern auch Syrische Braunbären, Wildkatzen
und Wölfe. Im Naturschutzgebiet Chosrow leben noch Luchse und einige Kaukasische
Leoparden.
Die Wirbellosen sind in Armenien nur schlecht untersucht. So sind zum Beispiel
von den sehr artenreichen Webspinnen bisher nur etwa 150 Arten nachgewiesen
worden.
Verwaltungseinheiten
Armenien gliedert sich in elf Provinzen = marser Singular mars
Städte
Die größten Städte und deren Einwohnerzahlen (Januar 2005) sind:
Eriwan: 1.312.956
Gjumri: 148.383
Wanadsor: 107.394
Etschmiadsin: 49.514
Hrasdan: 40.796
Bevölkerung und Sprachen
Bevölkerung
Von den etwa drei Millionen Einwohnern des Landes sind laut der 2001 erfolgten
Volkszählung 97,9 % Armenier, 1,3 % Kurden, 0,5 % Russen (darunter auch
Molokanen), weitere sind Assyrer. Bis 1990 (vor dem Berg-Karabach-Konflikt)
lebten auch zahlreiche Aserbaidschaner in Armenien. In Armenien ist die
Bevölkerungsentwicklung rückläufig (–0,4 % pro Jahr). Zwischen 1991 bis 1998
sind etwa 750.000 Armenier vor allem nach Russland und in andere Staaten der GUS
emigriert.
Sprachen
Die armenische Sprache stellt einen eigenen Zweig der indogermanischen
Sprachfamilie dar. Armenisch (Eigenbezeichnung Hajeren) wird weltweit von etwa
sieben Millionen Menschen gesprochen, in Armenien von etwa drei Millionen, das
sind über 95 Prozent der Bevölkerung. Das armenische Alphabet wurde am Anfang
des 5. Jahrhunderts durch Mesrop Maschtoz für das Altarmenische entwickelt.
Seitdem ist dieses Alphabet die feste Grundlage der nationalen Sprache und der
Kultur geworden.
Eine weitere bedeutende Sprache des Landes war bis 1990 die Turksprache
Aserbaidschanisch mit rund 160.000 Sprechern; aufgrund des Konfliktes um
Bergkarabach wurden allerdings die meisten Aserbaidschaner aus Armenien
vertrieben. Das nordwestiranische Kurmandji und das Russische werden noch von
jeweils etwa 100.000 Muttersprachlern in Armenien gesprochen. Als Zweitsprache
wird das Russische von wesentlich mehr Armeniern beherrscht, zumal Russisch noch
immer erste Fremdsprache in den Schulen und häufig Unterrichtssprache an den
Universitäten ist. Es gibt aber einen neueren Trend zum Englischen als erster
Fremdsprache.
Insgesamt werden in Armenien elf Sprachen aus vier verschiedenen Sprachfamilien
gesprochen, wie die folgende Übersicht zeigt. Allerdings ist die starke Tendenz
zu einem monolingualen und monoethnischen Land unverkennbar.
Die in Armenien gesprochenen Sprachen und ihre Eingliederung in Sprachfamilien.
"S2" umfasst Muttersprachler und Sprecher, die diese Sprache erlernt haben.
Indogermanisch
Armenisch
Armenisch (Haieren) (3 Mio. Sprecher in Armenien / 7 Mio. weltweit)
Dialekte (auch außerhalb Armeniens): Eriwan, Ostarmenisch, Tiflis, Karabagh, Schamachi, Astrachan, Dshulfa, Agulis, Choi-Salmst, Urmia, Artvin, Erzurum, Musch, Van, Tigranakert, Charberd, Shabin-Karahissar, Trabzon, Hamschen, Malatya, Kilikisch-Armenisch, Syrisch-Armenisch, Arabkir, Akn, Sebaste, Tokat, Smyrna, Istanbul, Rodosto, Krim, Ashkarik.
Kurdisch
Kurmandji (Nord-Kurdisch) (280.000 in Armenien „Jesiden“)
Slawisch
Russisch (100.000 / S2 mind. 2 Mio.)
Ukrainisch (8000)
Griechisch
Griechisch (5000)
Indoarisch
Lomavren (Bosha) (noch 50 Sprecher)
Turkisch
Oghusisch
Aserbaidschanisch (bis 1990 160.000 / heute keine Sprecher)
Türkisch (Sprecherzahl unbekannt)
Kiptschakisch
Karatschai-Balkarisch (< 1000)
Kartwelisch
Georgisch
Georgisch (Kartuli, Grusinisch) (etwa 2000)
Afroasiatisch
Semitisch
Aramäisch
Die Sprecherzahlen entstammen Ethnologue (5. Auflage 2005),
dem Fischer Weltalmanach 2006 und der Fachliteratur zu den einzelnen
Sprachfamilien. Die Klassifikation basiert auf dem unten angegebenen Weblink.
Fettdruck kennzeichnet die Sprachfamilien und ihre Zweige; es sind nur die
Zweige angegeben, zu denen in Armenien gesprochene Sprachen existieren.
Religionen
Die dominierende Konfession im Land ist das orientalisch-orthodoxe Christentum,
das in Armenien die Armenische Apostolische Kirche repräsentiert; ihr gehören
etwa 94 Prozent der Bevölkerung an. Sie spielt eine zentrale Rolle für die
armenische Identität. Das Christentum ist tief verwurzelt, immerhin erhob
Armenien im Jahre 301 als erstes Land der Welt das Christentum zur
Staatsreligion.
Es gibt eine katholische Minderheit, die Anhänger der Armenisch-Katholischen
Kirche sind. Seit dem 18. Jahrhundert leben auch einige Tausend Molokanen (eine
Abspaltung von der russisch-orthodoxen Kirche) in eigenen Dörfern, nachdem sie
ihr angestammtes Siedlungsgebiet an der Wolga verlassen mussten. Zu den
bedeutenden Minderheiten gehören ferner die Zeugen Jehovas (0,5 Prozent). Kurden
Armeniens sind häufig Jesiden.
Bedeutung der Familie
Die Familie steht im Zentrum des Lebens. Die Familienbande sind bei Armeniern im
Vergleich zu Westeuropa extrem stark. Die Familien sind trotz der zur Zeit der
Sowjetunion verordneten Emanzipation patriarchalisch strukturiert.
Kindererziehung gilt als Frauensache. Eine Ausnahmestellung hat dabei die
Familienälteste (üblicherweise die Frau oder Witwe des Familienoberhauptes)
inne: Sie wird hoch geachtet und übt auf diskrete Art und Weise oft größeren
Einfluss aus als das nominelle Familienoberhaupt. Überhaupt werden traditionell
die Alten sehr geachtet (beispielsweise wird ein junger Anwalt einem alten
Straßenfeger üblicherweise sehr respektvoll begegnen). Nachkommen ordnen sich
auch als Erwachsene sehr stark ihren Eltern unter.
Musik
Das Nationalinstrument Armeniens ist das Duduk, ein Doppelrohrblattinstrument
aus Aprikosenholz mit unverwechselbarem Klang. Es spielt eine zentrale Rolle in
der armenischen Volksmusik und ist außerhalb Armeniens insbesondere durch das
Werk Dschiwan Gasparjans bekannt geworden. Neben der traditionellen armenischen
Musik gibt es in Eriwan auch international erfolgreiche klassische Orchester.
Hervorzuheben sind hier insbesondere das armenische philharmonische Orchester
und das nationale Kammerorchester Armeniens. Der wohl bekannteste Komponist des
Landes ist Aram Chatschaturjan. Begründer der modernen klassischen Musik
Armeniens ist der Mönch Komitas Vardapet. Für weitere Komponisten, siehe die
Liste armenischer Komponisten.
Im Mai 2006 nahm Armenien zum ersten Mal am Eurovision Song Contest in Athen
teil. Mit dem Titel Without Your Love trat der landesweit bekannte Sänger André
an. Nachdem er das Halbfinale überstanden hatte, konnte er im Finale einen
überraschenden 8. Platz erreichen. Damit war Armenien auch für das nächste
Finale in Finnland gesetzt, wo man wieder erfolgreich einen 8. Platz erreichen
konnte mit dem populären Sänger Hayko und dem Song Anytime you need. 2008 in
Belgrad erreichte Sirusho mit „Quele Quele“ den 4. Platz. Eine sehr erfolgreiche
Jazzformation ist die Armenian Navy Band um Arto Tunçboyaçiyan, die ihre Musik
als Avantgarde Folk Music bezeichnet. Alle Mitglieder der Band System of a Down
kommen ursprünglich aus Armenien.
Film
Seit 2004 hat sich im Sommer in Eriwan das Internationale Filmfestival „Goldene
Aprikose“ etabliert, dessen Präsident der armenischstämmige Kanadier Atom Egoyan
ist. Es vergibt Preise sowohl an Spielfilme als auch an Dokumentarfilme und kann
teilweise prominente Teilnehmer aufweisen. Weltweit renommierte Filmregisseure
sind – neben Egoyan – die Armenier Sergej Paradjanov, Henri Verneuil, Don
Askarian und der experimentelle Dokumentarfilmer Artavazd Pelechian. Auch auf
dem Gebiet des Zeichentrickfilms hat Armenien eine lange Tradition, die sich in
der Sowjetzeit entwickelt hat.
Auch außerhalb Armeniens bekannte Schauspieler sind Armen Dschigarchanjan und
Mher „Frunsik“ Mkrtschjan. Simon Abkarian stammt nicht aus dem heutigen
Armenien, sondern aus der armenischen Diaspora im Libanon. Dort existiert seit
dem Völkermord eine große armenische Gemeinde, die aus Nachkommen derjenigen
Flüchtlinge besteht, die die Todesmärsche aus Westarmenien in die nordsyrischen
Wüsten überlebten.
Armenische Literatur
Die armenische Literatur zählt mit der aus der armenischen Bibelübersetzung
rührenden armenischen Schrift und der dort fixierten armenischen Sprache zu den
ältesten lebenden Nationalliteraturen der Welt.
Die Diaspora
Weniger als ein Drittel der rund zehn Millionen ethnischen Armenier auf der Welt
lebt in der Republik Armenien. Seit Jahrhunderten gibt es armenische
Gemeinschaften im Iran und in Georgien, seit dem Völkermord an den Armeniern
gibt es traditionelle Gemeinschaften im Libanon, Frankreich und den Vereinigten
Staaten. Nach Angaben des Institut für Genozid und Diaspora an der
Ruhr-Universität Bochum liegt die Zahl der in der Bundesrepublik lebenden
Armenier bei 35-40.000. Seit 2000 ist die Diaspora in Russland die wichtigste
(vor allem in Moskau und St. Petersburg). Die Überweisungen an Verwandte in der
Heimat sind wichtig für die Übertragungsbilanz (Details siehe unter Wirtschaft).
Armenien profitiert von einer Vielzahl von Stiftungen.
Politik
Am 21. September 1991 erklärte sich Armenien von der sich in Auflösung
befindlichen Sowjetunion für unabhängig. Das Parlament, die Nationalversammlung,
wird alle vier Jahre gewählt. Es gibt nur eine Kammer. Die bedeutendsten
Parteien sind die Republikanische Partei Armeniens (die mit Andranik Markarjan
bis zu dessen Tod am 25. März 2007 den Premierminister stellte) und die
Armenische Revolutionäre Föderation (gegründet 1890).
Am 6. Oktober 1991 wurde Lewon Ter-Petrosjan zum ersten Präsidenten der
armenischen Republik gewählt. Am 22. September 1996 wurde er wiedergewählt.
Seine Popularität sank jedoch zunehmend. Im Februar 1998 wurde er zum Rücktritt
gezwungen, weil er im Krieg um die Region Bergkarabach zusätzliche
Zugeständnisse an Aserbaidschan zur Lösung des Konflikts machte. Lewon
Ter-Petrosjans Minister, angeführt von Premierminister und späterem Nachfolger
im Präsidentenamt Robert Kotscharjan, lehnten einen Friedensplan ab, den
internationale Vermittler im September 1997 vorgeschlagen hatten und den Lewon
Ter-Petrosjan und Aserbaidschan befürworteten. Kotscharjan gewann 1998 die
vorgezogenen Präsidentschaftswahlen. Seine Wiederwahl 2003 war von
Unregelmäßigkeiten und Protesten von Demonstranten begleitet. Im Januar 2006
trat eine vom Europarat schon seit langem geforderte Verfassungsänderung in
Kraft, die dem Parlament mehr Rechte einräumt. Der Präsident darf beispielsweise
nach wie vor den Ministerpräsidenten ernennen, er muss nun aber vom Parlament
bestätigt werden.
Bei der Präsidentenwahl vom 19. Februar 2008 kam es zu Ausschreitungen mit laut
offiziellen Angaben 8 Todesopfern und zahlreichen Verletzten. Anhänger der
Opposition und ihres Kandidaten Lewon Ter-Petrosjan protestierten tagelang gegen
angebliche Wahlfälschungen. Ihr Kandidat kam auf nur 21,5 % der Stimmen, während
Amtsinhaber Sersch Sarkisjan 49,9 % - und damit sehr knapp bereits im ersten
Wahlgang eine Mehrheit - erreichte. Beobachter der OSZE stellten zwar
Unregelmäßigkeiten fest, konnten jedoch keinen Wahlbetrug feststellen. Die
Regierung verhängte einen vierwöchigen Ausnahmezustand und ging mit massiver
Waffengewalt gegen die Demonstranten der Opposition vor. Zur Zeit befinden sich
trotz Protests der internationalen Gemeinschaft noch immer 79
Oppositionspolitiker in politischer Gefangenschaft.
Armenien ist eines der wenigen Länder der so genannten Zweiten Welt, in dem
(ex-) kommunistische Parteien nie an der Regierung beteiligt waren. Armenien ist
Mitglied der folgenden internationalen Organisationen: UN, Organisation des
Vertrags über kollektive Sicherheit, GUS, OSZE, Europarat, NATO-Partnerschaft
für den Frieden, EBRD, Schwarzmeer-Wirtschaftskooperation, Asiatische
Entwicklungsbank, Welthandelsorganisation.
Der Konflikt um Bergkarabach
Armenien befindet sich in einer langdauernden Auseinandersetzung mit der
Nachbarrepublik Aserbaidschan um Bergkarabach, ein Gebiet in Aserbaidschan, das
inzwischen mehrheitlich von Armeniern bewohnt wird. Es erklärte sich 1991 für
unabhängig und nennt sich Republik Bergkarabach, ist jedoch international nicht
anerkannt. Es starben in diesem Konflikt schätzungsweise 17.500 Armenier und
25.500 Aserbaidschaner, 700.000–1.000.000 Aserbaidschaner und 300.000 Armenier
wurden zu Flüchtlingen. Seit einem Waffenstillstand im Mai 1994, der der
Kontrolle eines Sechstels Aserbaidschans durch Truppen der Republik Armenien und
der Republik Bergkarabach folgte, verbesserte sich die Situation nicht
wesentlich. Bis heute gibt es keinen Durchbruch in der Beziehung zwischen
Armenien und Aserbaidschan; ein Zustand, der ihre wirtschaftliche Entwicklung
negativ beeinflusst. Für Details zu diesem Konflikt siehe den Artikel
Bergkarabach.
Wirtschaft
1988 wurde Armenien durch ein sehr starkes Erdbeben schwer getroffen, was einige
Regionen noch immer belastet. Nach dem Zusammenbruch der UdSSR geriet der junge
Staat (ähnlich wie die meisten anderen ehemaligen Unionsrepubliken) in eine
schwere Wirtschaftskrise. Neben den üblichen tiefgreifenden Problemen, die sich
bei einer Umstellung von einer Zentralverwaltungswirtschaft auf eine liberale
Marktwirtschaft ergeben, kam erschwerend der Konflikt um Bergkarabach mit
Aserbaidschan hinzu.
Ein wirtschaftliches Problem ist die Binnenlage Armeniens, verbunden mit der
Tatsache, dass zwei der vier Nachbarländer aufgrund politischer Konflikte die
Grenzen zu Armenien geschlossen halten, nämlich die Türkei und Aserbaidschan.
Ein großer Teil der Importe nach Armenien verläuft deshalb über den georgischen
Hafen Poti und von dort weiter per Eisenbahn durch Georgien. Die
Eisenbahnverbindung zwischen Georgien und Russland ist wegen des Konflikts in
Abchasien geschlossen, während zwischen Armenien und Iran gar keine
Eisenbahnverbindung besteht. Der Grenzabschnitt zu Iran ist nur etwa 40 km lang,
aber aufgrund der Blockade durch die Türkei und Aserbaidschan von großer
Bedeutung für Armenien, das traditionell gute Beziehungen zu Iran pflegt.
Nach einer umfassenden Liberalisierung der Wirtschaft – die Privatisierung
begann 1994 und ist inzwischen weitgehend abgeschlossen – setzte 1997 das
Wirtschaftswachstum wieder ein. Seit dem Jahr 2001 weist Armenien sogar
zweistellige Wachstumsraten auf und konnte im Jahre 2006 die Wirtschaftskraft
des Jahres 1988 wiedererlangen.
Das jährliche Pro-Kopf-Einkommen betrug im Jahre 2004 durchschnittlich 790
Dollar. Im Jahr 2005 betrugen die Steuer- und Zolleinnahmen 304 Milliarden Dram
(680 Millionen US-Dollar) oder 21,6 % mehr als 2004. Trotzdem machen die
Einnahmen nur 14,4 % des Bruttoinlandsproduktes aus – im internationalen
Vergleich ein sehr niedriger Wert. Die Landwirtschaft basiert vor allem auf dem
Anbau von Obst und Gemüse sowie Tabak. Die Wirtschaft des Landes basiert auf der
Nutzung der Rohstoffe Kupfer, Bauxit, Gold und Molybdän. Die Energieversorgung
beruht nur zu einem kleinen Teil auf den heimischen Wasserkraftwerken am Hrasdan,
dem Abfluss des Sewansees, der Großteil der Stromversorgung (rund 39 %) wird
durch das Kernkraftwerk Mezamor sichergestellt. Die Industrie ist wenig
entwickelt. Ihre wichtigsten Zweige sind Maschinenbau, chemische Industrie,
Textil-, Metall-, Nahrungsmittel- und Aluminiumindustrie.
Armenien ist Mitglied der Welthandelsorganisation. Der Handel wird durch die
geschlossenen Grenzen zur Türkei und zu Aserbaidschan behindert. Geldtransfers
der zahlreichen Auslandsarmenier stützen die Wirtschaft. Davon kamen 45 % aus
Russland und 15 % aus den USA. Im Jahre 2005 stiegen Firmen aus Deutschland zum
größten Investor in Armenien auf, sie tätigten 97,5 Millionen US-Dollar
Direktinvestitionen.
In den Schlüsselindustrien Energie und Telekommunikation sind insbesondere
russische Firmen präsent. So gehören unter anderem die Firmen Armrosgazprom
(Erdgasimport- und Versorgung) mehrheitlich dem russischen Staatskonzern
Gazprom, das armenische Stromnetz gehört einer Tochterfirma der ebenfalls
staatlichen UES und die Armenia Telephone Company ist zu 100 % im Besitz der
Firma VimpelCom. Im Bereich der Hochtechnologien wird die armenische Wirtschaft
gegenwärtig besonders durch IT-Unternehmen gestärkt, die Ihre
Produktentwicklungen in Armenien durchführen, Lycos Europe beschäftigt
gegenwärtig zum Beispiel 200 Programmierer in Ihrer Niederlassung in Armenien.
Arminco (Armenian Internet Company) ist der größte Internetdienstanbieter in
Armenien.
Die nationale Währung, der Dram (AMD), wurde 1993 eingeführt. Die Zentralbank
der Republik Armenien verfolgt eine Politik des flexiblen Wechselkurses. Lange
verlor der Dram gegenüber dem US-Dollar wegen des Handelsbilanzdefizits
Armeniens an Wert, der niedrigste Wechselkurs lag im März 2003 bei 591,76 AMD:1
USD. Im August 2006 sank der Kurs erstmals unter 400 AMD:1 USD, was eine
Aufwertung um 45 % bedeutet. Die Zentralbank schätzt, dass die armenischen
Haushalte jährlich rund 940 Millionen US-Dollar von Verwandten aus dem Ausland
erhalten, das entspräche etwa 15 % des offiziellen Bruttoinlandsprodukts.
Diese Überweisungen und die ausländischen Direktinvestitionen sind der
Hauptgrund für den Anstieg des Drams. Die Inflation lag in den letzten Jahren
bei 5 %, ein im regionalen Vergleich niedriger Wert, trotzdem ist Armenien die
ärmste Volkswirtschaft im Kaukasus und Umgebung.
Seit dem Februar 2003 ist Armenien Mitglied der Welthandelsorganisation.
Bilaterale Freihandelsabkommen bestehen unter anderem mit Georgien und Russland.
Verkehr
Eine Besonderheit des armenischen Transportwesens ist der im internationalen
Vergleich extrem hohe Anteil an Kraftfahrzeugen, die mit Erdgas statt Benzin
oder Diesel betrieben werden. Das Verkehrsministerium schätzt, dass dieser
Anteil 20–30 % beträgt, dies wäre ein einmalig hoher Wert (in den Niederlanden
sind es rund 3 %, in Deutschland noch weniger). Der Grund sind die hohen
Transportkosten für Benzin und Diesel, während Erdgas zu günstigen Preisen aus
Russland per Pipeline importiert wird. Im März 2007 wurde außerdem die
strategisch bedeutende Iran-Armenien-Erdgaspipeline eröffnet.
Die Eisenbahn in Armenien wird von der Harawkowkasjan Jerkatughi, einer
Tochtergesellschaft der Russischen Eisenbahnen, seit dem 1. Juni 2008 nach dem
Gewinn einer Ausschreibung zunächst für 30 Jahre betrieben. Während dieses
Zeitraums sollen mindestens 570 Millionen USD investiert werden, 70 % davon in
die Infrastruktur.
Quelle und weitere Informationen:
http://de.wikipedia.org/wiki/Armenien