Armenien 2


Land und Leute

Armenien ist ein Binnenstaat im Kaukasus (Vorderasien). Es liegt im Bergland zwischen Georgien, Aserbaidschan, dem Iran und der Türkei. Das Land entspricht dem nordöstlichen Teil des ehemals viel größeren armenischen Siedlungsgebiets (siehe Armenistan) und erlangte mit Auflösung der UdSSR 1991 seine Unabhängigkeit.

Geografische Lage und Struktur
Armenien liegt am Übergang zwischen Kleinasien und (dem aus europäischer Sicht so benannten) Transkaukasien, zwischen 38° 51' und 41° 16' nördlicher geografische Breite sowie 43° 29' und 46° 37' östlicher geografische Länge. Der heutige Staat umfasst ein Gebiet von 29.800 Quadratkilometern im Nordosten des Armenischen Hochlands und am Südrand des Kleinen Kaukasus.
Die Landesfläche Armeniens ist etwa so groß wie die des Bundeslandes Brandenburg. Es grenzt im Norden an Georgien, im Osten an Aserbaidschan, im Südosten an den Iran, im Süden an die aserbaidschanische Exklave Nachitschewan und von Südwesten bis Westen an die Türkei. Die heutige Bevölkerungszahl beträgt etwa drei Millionen.

Armenien ist ein sehr ausgeprägtes Gebirgsland – denn 90 % der Landesfläche liegen mehr als 1.000 Meter über dem Meeresspiegel, die mittlere Höhe beträgt sogar 1.800 Meter. Von Norden her erstrecken sich die über 3.000 Meter hohen Ausläufer des Kleinen Kaukasus. Die höchste Erhebung ist der erloschene Vulkan Aragaz (4.090 Meter) (unweit des biblischen Ararat), der tiefste Punkt liegt rund 380 Meter hoch am Ufer des Aras an der Grenze zur Türkei. Das Gebiet liegt in einem Faltengebirge – es entstand und verändert sich nach wie vor durch den Zusammenstoß der Eurasischen Platte mit der Arabischen Platte – und ist dementsprechend stark erdbebengefährdet (siehe auch Störungslinie). Das Gestein ist oft vulkanischen Ursprungs. Unter den nachgewiesenen Bodenschätzen sind verschiedene Kupferoxide am wichtigsten, die als Nebenprodukt Molybdän, Eisen und Gold enthalten, außerdem Uran, verschiedene Halbmetalle, Schmucksteine und Gesteinsarten wie Tuff, Basalt, Marmor u. a. Hinzu kommen Mineralwasserquellen, deren Wasser für Heilzwecke und im Alltagsgebrauch Verwendung findet.

Der größte See Armeniens ist der östlich von Eriwan etwa 1.900 Meter hoch gelegene Sewansee mit einer Fläche von derzeit ungefähr 940 Quadratkilometern. Durch Wasserentnahme ist seine Fläche stark zurückgegangen (1984: 1.262 Quadratkilometer). Die längsten Flüsse Armeniens sind Aras, Worotan, Kasach, Hrasdan und Debed.


Klima
Das Territorium der Republik Armenien liegt zwar in den Subtropen, doch ergeben sich durch die beträchtlichen Höhenunterschiede – der Aragaz (4.090 Meter) und das Tal des Aras (rund 380 Meter) liegen beispielsweise nur rund 80 Kilometer voneinander entfernt – und die kleinteilige Landschaft unterschiedliche lokale Klimata. Einerseits wirken die nahen Meere ausgleichend, andererseits begünstigen die Hochgebirge der Umgebung extreme Schwankungen. Die hohen Gipfel des Kaukasus wirken starken Kälteeinbrüchen von Norden her entgegen. In den Tälern und Niederungen ist das Klima kontinental, wobei die Temperaturen im Sommer mittags meist über 30 °C liegen, in den Bergen insgesamt etwas kühler und an der Grenze zum Iran subtropisch und sehr trocken.
Pflanzen- und Tierarten
Das Gebiet der Republik Armenien ist artenreich; es gibt eine Vielzahl endemischer Arten. In der Arasniederung finden sich Salzpflanzen. Bis zu einer Höhe von 1.400 Metern sind Artemisia weit verbreitet. Im gebirgigen Gelände wachsen viele dornige Sträucher und andere stachelige Pflanzen, wie etwa Disteln. Im Hochgebirge treten vermehrt xerophile Pflanzen auf. Um das Jahr 1900 waren rund 25 Prozent der Fläche von Bäumen oder Sträuchern bedeckt, 1964 etwa 15 %, 2005 nur noch 8–10 %.

In Sangesur im Süden des Landes liegt die Baumgrenze bei 2.400 Metern. In noch höheren Lagen ähnelt die Pflanzenwelt derjenigen der Alpen.

Der lateinische Name der Aprikose, (Prunus armeniaca), lautet übersetzt „armenische Pflaume“. Die Aprikose gehört zu den Symbolen Armeniens, daher auch die Farbe des untersten Streifens der Flagge Armeniens.

Es gibt viele Reptilien, darunter die Armenische Felseidechse und Giftschlangen wie etwa Vipern, unter den Spinnentieren auch Skorpione. In feuchten Niederungen leben Wildschweine, Schakale, Rehe, Nerze, Möwen und Adler; in den Steppen im Gebirge vor allem Nagetiere; in den Wäldern auch Syrische Braunbären, Wildkatzen und Wölfe. Im Naturschutzgebiet Chosrow leben noch Luchse und einige Kaukasische Leoparden.

Die Wirbellosen sind in Armenien nur schlecht untersucht. So sind zum Beispiel von den sehr artenreichen Webspinnen bisher nur etwa 150 Arten nachgewiesen worden.

Verwaltungseinheiten
Armenien gliedert sich in elf Provinzen = marser Singular mars



Städte
Die größten Städte und deren Einwohnerzahlen (Januar 2005) sind:

Bevölkerung und Sprachen
Bevölkerung

Von den etwa drei Millionen Einwohnern des Landes sind laut der 2001 erfolgten Volkszählung 97,9 % Armenier, 1,3 % Kurden, 0,5 % Russen (darunter auch Molokanen), weitere sind Assyrer. Bis 1990 (vor dem Berg-Karabach-Konflikt) lebten auch zahlreiche Aserbaidschaner in Armenien. In Armenien ist die Bevölkerungsentwicklung rückläufig (–0,4 % pro Jahr). Zwischen 1991 bis 1998 sind etwa 750.000 Armenier vor allem nach Russland und in andere Staaten der GUS emigriert.

Sprachen
Die armenische Sprache stellt einen eigenen Zweig der indogermanischen Sprachfamilie dar. Armenisch (Eigenbezeichnung Hajeren) wird weltweit von etwa sieben Millionen Menschen gesprochen, in Armenien von etwa drei Millionen, das sind über 95 Prozent der Bevölkerung. Das armenische Alphabet wurde am Anfang des 5. Jahrhunderts durch Mesrop Maschtoz für das Altarmenische entwickelt. Seitdem ist dieses Alphabet die feste Grundlage der nationalen Sprache und der Kultur geworden.

Eine weitere bedeutende Sprache des Landes war bis 1990 die Turksprache Aserbaidschanisch mit rund 160.000 Sprechern; aufgrund des Konfliktes um Bergkarabach wurden allerdings die meisten Aserbaidschaner aus Armenien vertrieben. Das nordwestiranische Kurmandji und das Russische werden noch von jeweils etwa 100.000 Muttersprachlern in Armenien gesprochen. Als Zweitsprache wird das Russische von wesentlich mehr Armeniern beherrscht, zumal Russisch noch immer erste Fremdsprache in den Schulen und häufig Unterrichtssprache an den Universitäten ist. Es gibt aber einen neueren Trend zum Englischen als erster Fremdsprache.

Insgesamt werden in Armenien elf Sprachen aus vier verschiedenen Sprachfamilien gesprochen, wie die folgende Übersicht zeigt. Allerdings ist die starke Tendenz zu einem monolingualen und monoethnischen Land unverkennbar.

Die in Armenien gesprochenen Sprachen und ihre Eingliederung in Sprachfamilien. "S2" umfasst Muttersprachler und Sprecher, die diese Sprache erlernt haben.
 

Indogermanisch

Turkisch

Kartwelisch

Afroasiatisch

Die Sprecherzahlen entstammen Ethnologue (5. Auflage 2005), dem Fischer Weltalmanach 2006 und der Fachliteratur zu den einzelnen Sprachfamilien. Die Klassifikation basiert auf dem unten angegebenen Weblink. Fettdruck kennzeichnet die Sprachfamilien und ihre Zweige; es sind nur die Zweige angegeben, zu denen in Armenien gesprochene Sprachen existieren.
 

Religionen
Die dominierende Konfession im Land ist das orientalisch-orthodoxe Christentum, das in Armenien die Armenische Apostolische Kirche repräsentiert; ihr gehören etwa 94 Prozent der Bevölkerung an. Sie spielt eine zentrale Rolle für die armenische Identität. Das Christentum ist tief verwurzelt, immerhin erhob Armenien im Jahre 301 als erstes Land der Welt das Christentum zur Staatsreligion.
Es gibt eine katholische Minderheit, die Anhänger der Armenisch-Katholischen Kirche sind. Seit dem 18. Jahrhundert leben auch einige Tausend Molokanen (eine Abspaltung von der russisch-orthodoxen Kirche) in eigenen Dörfern, nachdem sie ihr angestammtes Siedlungsgebiet an der Wolga verlassen mussten. Zu den bedeutenden Minderheiten gehören ferner die Zeugen Jehovas (0,5 Prozent). Kurden Armeniens sind häufig Jesiden.

Bedeutung der Familie
Die Familie steht im Zentrum des Lebens. Die Familienbande sind bei Armeniern im Vergleich zu Westeuropa extrem stark. Die Familien sind trotz der zur Zeit der Sowjetunion verordneten Emanzipation patriarchalisch strukturiert. Kindererziehung gilt als Frauensache. Eine Ausnahmestellung hat dabei die Familienälteste (üblicherweise die Frau oder Witwe des Familienoberhauptes) inne: Sie wird hoch geachtet und übt auf diskrete Art und Weise oft größeren Einfluss aus als das nominelle Familienoberhaupt. Überhaupt werden traditionell die Alten sehr geachtet (beispielsweise wird ein junger Anwalt einem alten Straßenfeger üblicherweise sehr respektvoll begegnen). Nachkommen ordnen sich auch als Erwachsene sehr stark ihren Eltern unter.

Musik
Das Nationalinstrument Armeniens ist das Duduk, ein Doppelrohrblattinstrument aus Aprikosenholz mit unverwechselbarem Klang. Es spielt eine zentrale Rolle in der armenischen Volksmusik und ist außerhalb Armeniens insbesondere durch das Werk Dschiwan Gasparjans bekannt geworden. Neben der traditionellen armenischen Musik gibt es in Eriwan auch international erfolgreiche klassische Orchester. Hervorzuheben sind hier insbesondere das armenische philharmonische Orchester und das nationale Kammerorchester Armeniens. Der wohl bekannteste Komponist des Landes ist Aram Chatschaturjan. Begründer der modernen klassischen Musik Armeniens ist der Mönch Komitas Vardapet. Für weitere Komponisten, siehe die Liste armenischer Komponisten.

Im Mai 2006 nahm Armenien zum ersten Mal am Eurovision Song Contest in Athen teil. Mit dem Titel Without Your Love trat der landesweit bekannte Sänger André an. Nachdem er das Halbfinale überstanden hatte, konnte er im Finale einen überraschenden 8. Platz erreichen. Damit war Armenien auch für das nächste Finale in Finnland gesetzt, wo man wieder erfolgreich einen 8. Platz erreichen konnte mit dem populären Sänger Hayko und dem Song Anytime you need. 2008 in Belgrad erreichte Sirusho mit „Quele Quele“ den 4. Platz. Eine sehr erfolgreiche Jazzformation ist die Armenian Navy Band um Arto Tunçboyaçiyan, die ihre Musik als Avantgarde Folk Music bezeichnet. Alle Mitglieder der Band System of a Down kommen ursprünglich aus Armenien.

Film
Seit 2004 hat sich im Sommer in Eriwan das Internationale Filmfestival „Goldene Aprikose“ etabliert, dessen Präsident der armenischstämmige Kanadier Atom Egoyan ist. Es vergibt Preise sowohl an Spielfilme als auch an Dokumentarfilme und kann teilweise prominente Teilnehmer aufweisen. Weltweit renommierte Filmregisseure sind – neben Egoyan – die Armenier Sergej Paradjanov, Henri Verneuil, Don Askarian und der experimentelle Dokumentarfilmer Artavazd Pelechian. Auch auf dem Gebiet des Zeichentrickfilms hat Armenien eine lange Tradition, die sich in der Sowjetzeit entwickelt hat.

Auch außerhalb Armeniens bekannte Schauspieler sind Armen Dschigarchanjan und Mher „Frunsik“ Mkrtschjan. Simon Abkarian stammt nicht aus dem heutigen Armenien, sondern aus der armenischen Diaspora im Libanon. Dort existiert seit dem Völkermord eine große armenische Gemeinde, die aus Nachkommen derjenigen Flüchtlinge besteht, die die Todesmärsche aus Westarmenien in die nordsyrischen Wüsten überlebten.

Armenische Literatur
Die armenische Literatur zählt mit der aus der armenischen Bibelübersetzung rührenden armenischen Schrift und der dort fixierten armenischen Sprache zu den ältesten lebenden Nationalliteraturen der Welt.

Die Diaspora
Weniger als ein Drittel der rund zehn Millionen ethnischen Armenier auf der Welt lebt in der Republik Armenien. Seit Jahrhunderten gibt es armenische Gemeinschaften im Iran und in Georgien, seit dem Völkermord an den Armeniern gibt es traditionelle Gemeinschaften im Libanon, Frankreich und den Vereinigten Staaten. Nach Angaben des Institut für Genozid und Diaspora an der Ruhr-Universität Bochum liegt die Zahl der in der Bundesrepublik lebenden Armenier bei 35-40.000. Seit 2000 ist die Diaspora in Russland die wichtigste (vor allem in Moskau und St. Petersburg). Die Überweisungen an Verwandte in der Heimat sind wichtig für die Übertragungsbilanz (Details siehe unter Wirtschaft). Armenien profitiert von einer Vielzahl von Stiftungen.

Politik
Am 21. September 1991 erklärte sich Armenien von der sich in Auflösung befindlichen Sowjetunion für unabhängig. Das Parlament, die Nationalversammlung, wird alle vier Jahre gewählt. Es gibt nur eine Kammer. Die bedeutendsten Parteien sind die Republikanische Partei Armeniens (die mit Andranik Markarjan bis zu dessen Tod am 25. März 2007 den Premierminister stellte) und die Armenische Revolutionäre Föderation (gegründet 1890).

Am 6. Oktober 1991 wurde Lewon Ter-Petrosjan zum ersten Präsidenten der armenischen Republik gewählt. Am 22. September 1996 wurde er wiedergewählt. Seine Popularität sank jedoch zunehmend. Im Februar 1998 wurde er zum Rücktritt gezwungen, weil er im Krieg um die Region Bergkarabach zusätzliche Zugeständnisse an Aserbaidschan zur Lösung des Konflikts machte. Lewon Ter-Petrosjans Minister, angeführt von Premierminister und späterem Nachfolger im Präsidentenamt Robert Kotscharjan, lehnten einen Friedensplan ab, den internationale Vermittler im September 1997 vorgeschlagen hatten und den Lewon Ter-Petrosjan und Aserbaidschan befürworteten. Kotscharjan gewann 1998 die vorgezogenen Präsidentschaftswahlen. Seine Wiederwahl 2003 war von Unregelmäßigkeiten und Protesten von Demonstranten begleitet. Im Januar 2006 trat eine vom Europarat schon seit langem geforderte Verfassungsänderung in Kraft, die dem Parlament mehr Rechte einräumt. Der Präsident darf beispielsweise nach wie vor den Ministerpräsidenten ernennen, er muss nun aber vom Parlament bestätigt werden.

Bei der Präsidentenwahl vom 19. Februar 2008 kam es zu Ausschreitungen mit laut offiziellen Angaben 8 Todesopfern und zahlreichen Verletzten. Anhänger der Opposition und ihres Kandidaten Lewon Ter-Petrosjan protestierten tagelang gegen angebliche Wahlfälschungen. Ihr Kandidat kam auf nur 21,5 % der Stimmen, während Amtsinhaber Sersch Sarkisjan 49,9 % - und damit sehr knapp bereits im ersten Wahlgang eine Mehrheit - erreichte. Beobachter der OSZE stellten zwar Unregelmäßigkeiten fest, konnten jedoch keinen Wahlbetrug feststellen. Die Regierung verhängte einen vierwöchigen Ausnahmezustand und ging mit massiver Waffengewalt gegen die Demonstranten der Opposition vor. Zur Zeit befinden sich trotz Protests der internationalen Gemeinschaft noch immer 79 Oppositionspolitiker in politischer Gefangenschaft.

Armenien ist eines der wenigen Länder der so genannten Zweiten Welt, in dem (ex-) kommunistische Parteien nie an der Regierung beteiligt waren. Armenien ist Mitglied der folgenden internationalen Organisationen: UN, Organisation des Vertrags über kollektive Sicherheit, GUS, OSZE, Europarat, NATO-Partnerschaft für den Frieden, EBRD, Schwarzmeer-Wirtschaftskooperation, Asiatische Entwicklungsbank, Welthandelsorganisation.

Der Konflikt um Bergkarabach
Armenien befindet sich in einer langdauernden Auseinandersetzung mit der Nachbarrepublik Aserbaidschan um Bergkarabach, ein Gebiet in Aserbaidschan, das inzwischen mehrheitlich von Armeniern bewohnt wird. Es erklärte sich 1991 für unabhängig und nennt sich Republik Bergkarabach, ist jedoch international nicht anerkannt. Es starben in diesem Konflikt schätzungsweise 17.500 Armenier und 25.500 Aserbaidschaner, 700.000–1.000.000 Aserbaidschaner und 300.000 Armenier wurden zu Flüchtlingen. Seit einem Waffenstillstand im Mai 1994, der der Kontrolle eines Sechstels Aserbaidschans durch Truppen der Republik Armenien und der Republik Bergkarabach folgte, verbesserte sich die Situation nicht wesentlich. Bis heute gibt es keinen Durchbruch in der Beziehung zwischen Armenien und Aserbaidschan; ein Zustand, der ihre wirtschaftliche Entwicklung negativ beeinflusst. Für Details zu diesem Konflikt siehe den Artikel Bergkarabach.

Wirtschaft
1988 wurde Armenien durch ein sehr starkes Erdbeben schwer getroffen, was einige Regionen noch immer belastet. Nach dem Zusammenbruch der UdSSR geriet der junge Staat (ähnlich wie die meisten anderen ehemaligen Unionsrepubliken) in eine schwere Wirtschaftskrise. Neben den üblichen tiefgreifenden Problemen, die sich bei einer Umstellung von einer Zentralverwaltungswirtschaft auf eine liberale Marktwirtschaft ergeben, kam erschwerend der Konflikt um Bergkarabach mit Aserbaidschan hinzu.

Ein wirtschaftliches Problem ist die Binnenlage Armeniens, verbunden mit der Tatsache, dass zwei der vier Nachbarländer aufgrund politischer Konflikte die Grenzen zu Armenien geschlossen halten, nämlich die Türkei und Aserbaidschan. Ein großer Teil der Importe nach Armenien verläuft deshalb über den georgischen Hafen Poti und von dort weiter per Eisenbahn durch Georgien. Die Eisenbahnverbindung zwischen Georgien und Russland ist wegen des Konflikts in Abchasien geschlossen, während zwischen Armenien und Iran gar keine Eisenbahnverbindung besteht. Der Grenzabschnitt zu Iran ist nur etwa 40 km lang, aber aufgrund der Blockade durch die Türkei und Aserbaidschan von großer Bedeutung für Armenien, das traditionell gute Beziehungen zu Iran pflegt.

Nach einer umfassenden Liberalisierung der Wirtschaft – die Privatisierung begann 1994 und ist inzwischen weitgehend abgeschlossen – setzte 1997 das Wirtschaftswachstum wieder ein. Seit dem Jahr 2001 weist Armenien sogar zweistellige Wachstumsraten auf und konnte im Jahre 2006 die Wirtschaftskraft des Jahres 1988 wiedererlangen.

Das jährliche Pro-Kopf-Einkommen betrug im Jahre 2004 durchschnittlich 790 Dollar. Im Jahr 2005 betrugen die Steuer- und Zolleinnahmen 304 Milliarden Dram (680 Millionen US-Dollar) oder 21,6 % mehr als 2004. Trotzdem machen die Einnahmen nur 14,4 % des Bruttoinlandsproduktes aus – im internationalen Vergleich ein sehr niedriger Wert. Die Landwirtschaft basiert vor allem auf dem Anbau von Obst und Gemüse sowie Tabak. Die Wirtschaft des Landes basiert auf der Nutzung der Rohstoffe Kupfer, Bauxit, Gold und Molybdän. Die Energieversorgung beruht nur zu einem kleinen Teil auf den heimischen Wasserkraftwerken am Hrasdan, dem Abfluss des Sewansees, der Großteil der Stromversorgung (rund 39 %) wird durch das Kernkraftwerk Mezamor sichergestellt. Die Industrie ist wenig entwickelt. Ihre wichtigsten Zweige sind Maschinenbau, chemische Industrie, Textil-, Metall-, Nahrungsmittel- und Aluminiumindustrie.

Armenien ist Mitglied der Welthandelsorganisation. Der Handel wird durch die geschlossenen Grenzen zur Türkei und zu Aserbaidschan behindert. Geldtransfers der zahlreichen Auslandsarmenier stützen die Wirtschaft. Davon kamen 45 % aus Russland und 15 % aus den USA. Im Jahre 2005 stiegen Firmen aus Deutschland zum größten Investor in Armenien auf, sie tätigten 97,5 Millionen US-Dollar Direktinvestitionen.

In den Schlüsselindustrien Energie und Telekommunikation sind insbesondere russische Firmen präsent. So gehören unter anderem die Firmen Armrosgazprom (Erdgasimport- und Versorgung) mehrheitlich dem russischen Staatskonzern Gazprom, das armenische Stromnetz gehört einer Tochterfirma der ebenfalls staatlichen UES und die Armenia Telephone Company ist zu 100 % im Besitz der Firma VimpelCom. Im Bereich der Hochtechnologien wird die armenische Wirtschaft gegenwärtig besonders durch IT-Unternehmen gestärkt, die Ihre Produktentwicklungen in Armenien durchführen, Lycos Europe beschäftigt gegenwärtig zum Beispiel 200 Programmierer in Ihrer Niederlassung in Armenien. Arminco (Armenian Internet Company) ist der größte Internetdienstanbieter in Armenien.

Die nationale Währung, der Dram (AMD), wurde 1993 eingeführt. Die Zentralbank der Republik Armenien verfolgt eine Politik des flexiblen Wechselkurses. Lange verlor der Dram gegenüber dem US-Dollar wegen des Handelsbilanzdefizits Armeniens an Wert, der niedrigste Wechselkurs lag im März 2003 bei 591,76 AMD:1 USD. Im August 2006 sank der Kurs erstmals unter 400 AMD:1 USD, was eine Aufwertung um 45 % bedeutet. Die Zentralbank schätzt, dass die armenischen Haushalte jährlich rund 940 Millionen US-Dollar von Verwandten aus dem Ausland erhalten, das entspräche etwa 15 % des offiziellen Bruttoinlandsprodukts. Diese Überweisungen und die ausländischen Direktinvestitionen sind der Hauptgrund für den Anstieg des Drams. Die Inflation lag in den letzten Jahren bei 5 %, ein im regionalen Vergleich niedriger Wert, trotzdem ist Armenien die ärmste Volkswirtschaft im Kaukasus und Umgebung.

Seit dem Februar 2003 ist Armenien Mitglied der Welthandelsorganisation. Bilaterale Freihandelsabkommen bestehen unter anderem mit Georgien und Russland.

Verkehr
Eine Besonderheit des armenischen Transportwesens ist der im internationalen Vergleich extrem hohe Anteil an Kraftfahrzeugen, die mit Erdgas statt Benzin oder Diesel betrieben werden. Das Verkehrsministerium schätzt, dass dieser Anteil 20–30 % beträgt, dies wäre ein einmalig hoher Wert (in den Niederlanden sind es rund 3 %, in Deutschland noch weniger). Der Grund sind die hohen Transportkosten für Benzin und Diesel, während Erdgas zu günstigen Preisen aus Russland per Pipeline importiert wird. Im März 2007 wurde außerdem die strategisch bedeutende Iran-Armenien-Erdgaspipeline eröffnet.

Die Eisenbahn in Armenien wird von der Harawkowkasjan Jerkatughi, einer Tochtergesellschaft der Russischen Eisenbahnen, seit dem 1. Juni 2008 nach dem Gewinn einer Ausschreibung zunächst für 30 Jahre betrieben. Während dieses Zeitraums sollen mindestens 570 Millionen USD investiert werden, 70 % davon in die Infrastruktur.

Quelle und weitere Informationen: http://de.wikipedia.org/wiki/Armenien


 

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