Rajasthan |
Rajasthan
Quelle:
https://de.wikipedia.org/wiki/Rajasthan (Auszüge)
(weitere Informationen s. dort)
Lage Rajasthans in Indien | Staaten Indiens (anklicken zum Vergrößern) | |
Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Rajasthan | Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Indien |
Rajasthan
(deutsch ‚Land der Könige‘) ist ein indischer Bundesstaat mit
einer Fläche von 342.239 km² und 68,5 Millionen Einwohnern (Volkszählung 2011).
Die Hauptstadt Rajasthans ist Jaipur, und die Amtssprache ist Hindi.
Rajasthan grenzt an die Bundesstaaten Punjab, Haryana, Uttar Pradesh, Madhya
Pradesh und Gujarat (im Uhrzeigersinn, beginnend im Norden), sowie an die
pakistanischen Provinzen Sindh und Punjab. Mit 342.239 Quadratkilometern ist
Rajasthan Indiens flächengrößter Bundesstaat und nur wenig kleiner als
Deutschland.
Der Nordwesten Rajasthans ist durch die Thar-Wüste gekennzeichnet, die in die
Cholistan in Pakistan übergeht. Zwischen der Wüste und den fruchtbareren Ebenen
im Osten und Südosten liegt das Aravalligebirge, das als Klima- und
Wasserscheide fungiert. Der Südosten Rajasthans geht allmählich in das Hochland
von Dekkan über.
Auswirkungen des Klimawandels
Rajasthan ist in den Sommermonaten regelmäßig von starker Hitze betroffen.
In den letzten Jahren häufen sich jedoch Extremtemperaturen, die 45 °C
überschreiten. Im Sommer 2019 wurden am Rande der Wüste in Rajasthan sogar 51 °C
gemessen.
Bevölkerung
Nach der indischen Volkszählung 2011 hat Rajasthan 68.621.012 Einwohner.
Gemessen an der Einwohnerzahl ist Rajasthan Indiens siebtgrößter Bundesstaat.
Die Bevölkerungsentwicklung ist stark ansteigend: Zwischen 2001 und 2011 wuchs
die Einwohnerzahl um 21 Prozent und damit schneller als im Landesmittel (18
Prozent). Verglichen mit dem Rest Indiens ist Rajasthan wegen der ausgedehnten
Wüstenflächen relativ dünn besiedelt: Die Bevölkerungsdichte liegt mit 200
Einwohnern pro Quadratkilometer deutlich unter dem Landesdurchschnitt (382
Einwohner pro Quadratkilometer), entspricht aber immer noch der
Bevölkerungsdichte Deutschlands. Ein großer Teil der Bevölkerung konzentriert
sich auf die ländlichen Gebiete: Nur 25 Prozent der Einwohner Rajasthans leben
in Städten. Der Urbanisierungsgrad liegt damit unter dem gesamtindischen
Durchschnitt von 31 Prozent.
66 Prozent der Einwohner Rajasthans können lesen und schreiben (Männer 79
Prozent, Frauen 52 Prozent). Die Alphabetisierungsrate gehört zu den niedrigsten
Indiens und liegt deutlich unter dem Landesdurchschnitt von 73 Prozent (Stand
jeweils Volkszählung 2011).
Die Einwohner Rajasthans bezeichnen sich als Rajasthani. Außerhalb Rajasthans wird häufig der Begriff Marwari, der eigentlich für die Bewohner der Marwar-Region steht, kollektiv für alle Rajasthanis benutzt. Eine Minderheit unter der Bevölkerung des Bundesstaates stellen die Adivasi (Angehörige der indigenen Stammesbevölkerung). 9,2 Millionen Einwohner Rajasthans (14 Prozent der Bevölkerung) werden als Angehörige der Stammesbevölkerung (Scheduled Tribes) klassifiziert. Die Adivasi-Bevölkerung konzentriert sich auf die Berggegenden des Aravalligebirges. In den Distrikten Banswara, Dungarpur und Pratapgarh stellen sie die Bevölkerungsmehrheit. Die beiden mit Abstand größten Adivasi-Gruppen Rajasthans sind die Mina und die Bhil, die zusammen über 90 Prozent der Stammesbevölkerung des Bundesstaates ausmachen.
Sprachen
Die Amtssprache Rajasthans ist Hindi. Nach der indischen Volkszählung 2001 ist
es die Sprache von 91 Prozent der Bevölkerung des Bundesstaates. Die meisten
Menschen in Rajasthan sprechen im Alltag einen der Dialekte, die unter dem
Oberbegriff Rajasthani zusammengefasst werden. Die Beziehung zwischen dem
Rajasthani und dem Hindi ist komplex: Das Rajasthani unterscheidet sich
sprachlich hinreichend stark vom Standard-Hindi, dass es als eigenständige
Sprache klassifiziert werden könnte, und verfügt über eine eigenständige
Literaturtradition. Gleichzeitig gewinnt das Standard-Hindi in Rajasthan als
Amts- und Bildungssprache an Raum und entwickelt sich mehr und mehr zur
Dachsprache für die Rajasthani-Dialekte.
In offiziellen Statistiken wird das Rajasthani zum Hindi gezählt. Tatsächlich
hatten bei der Volkszählung 32 Prozent der Bevölkerung Rajasthani als
Muttersprache angegeben, 27 Prozent Hindi und 33 Prozent einen spezifischen
Rajasthani-Dialekt (darunter 11 Prozent Marwari, 9 Prozent Mewari, 4 Prozent
Harauti, 3 Prozent Dhundhari und 3 Prozent Bagri).
Weitere in Rajasthan gesprochene Sprachen sind das Bhili (knapp 5 Prozent), das
in Form des Wagdi-Dialektes unter dem Adivasi-Volk der Bhil verbreitet ist, das
Panjabi (2 Prozent) sowie unter den Muslimen das Urdu (1,2 Prozent). Englisch
ist wie in ganz Indien als Verkehrs- und Bildungssprache präsent.
Religionen
Die große Mehrheit der Einwohner Rajasthans sind Hindus. Nach der Volkszählung
2011 stellen sie 89 Prozent der Bevölkerung. Zum Islam bekennen sich 9 Prozent
der Bevölkerung. Kleinere Minderheiten stellen mit jeweils rund 1 Prozent die
Sikhs, die sich vor allem auf die Distrikte an der Grenze zum Punjab
konzentrieren, sowie die Jainas, die trotz ihres geringen Bevölkerungsanteils
wichtige Beiträge zur Kulturgeschichte Rajasthans geleistet haben.
Wirtschaft
Die Wirtschaft Rajasthans basiert auf dem Anbau von Baumwolle, Hirse, Mais,
Weizen, Hülsenfrüchten und Gerste. In den Wüstengebieten leben Viehzüchter, die
Schafe, Ziegen und Kamele züchten. Außerdem werden in Rajasthan Blei-Zink-Erze,
Marmor, Glimmer und Gips abgebaut. Gut ausgebaut ist die Wollindustrie sowie die
Teppichweberei.
Mit einem Pro-Kopf Bruttoinlandsprodukt von 65.974 Rupien (1.433 US-Dollar) im
Jahre 2015 lag Rajasthan auf Platz 19 von 29 indischen Bundesstaaten und damit
unterhalb des indischen Durchschnitts. 31,6 % der Bevölkerung waren 2005
unterernährt, was die dritthöchste Rate unter den Bundesstaaten von Indien war.
Mit einem Wert von 0,601 erreicht Rajasthan 2015 den 22. Platz unter den 29
Bundesstaaten Indiens im Index der menschlichen Entwicklung und ist damit
unterdurchschnittlich entwickelt.
Tradition der Wasserverwertung
Jahrhundertelang war der sommerliche Regen in Indien der direkte
Wasserlieferant. Die Menschen sammelten das kostbare Nass in großen Becken und
Wassertanks, um auch in der trockenen Jahreszeit genug Wasser für ihre Felder zu
haben. Dazu legten sie künstliche Seen an, die ihr Wasser aus zuführenden
Kanälen erhielten. Die Wüste Thar gilt aus diesem Grund als die
bevölkerungsreichste Wüste der Welt.
Überleben in der Wüste
Die Wüstenstadt Jaisalmer im Westen Rajasthans war über Jahrhunderte eine
blühende Handelsstadt. Und der „Tanka“ vor den Toren der Stadt hat dabei eine
entscheidende Rolle gespielt. Im 14. Jahrhundert wurde dieser künstliche See mit
Namen Gadisar angelegt. Jedes Jahr vor der Regenzeit wurden das Seebett und alle
Zuflüsse gereinigt. Die Menschen hielten ihren See sauber. Er sollte das ganze
Jahr Trinkwasser liefern. Waschen und Baden im See waren verboten. In der Regel
überstand der See sogar die Trockenzeit. Wenn das Wasser doch verdunstete,
betrieben die Menschen im feuchten Bett Ackerbau.
Trinkwasser lieferten dann die zahlreichen Brunnen in der Stadt rund um den See.
Das im See angestaute Regenwasser hatte Zeit, langsam im Boden zu versickern und
das Grundwasser anzufüllen. In den trockenen Monaten lieferten die Brunnen dann
noch genug Wasser für die Bewässerung der Felder.
Staudämme mit negativen Folgen
In den letzten Jahren hat der See Gadisar extrem leiden müssen. Die
traditionellen Regenwassersammelsysteme – nicht nur in Jaisalmer, auch in vielen
anderen Orten Rajasthans – sind zusammengebrochen. Die Ursache sehen viele
Experten in den modernen Bewässerungssystemen. Die Briten brachten einst das
Wasserwirtschafts-Know-how aus Europa nach Indien. Nach der Unabhängigkeit
wollte der erste indische Premierminister Jawaharlal Nehru in Indien eine
moderne zentrale Wasserversorgung aufbauen. Als „Tempel des Fortschritts“
bezeichnete er die Staudämme. In den letzten 50 Jahren sind in Indien Hunderte
riesiger Staudämme gebaut worden. Kilometerlange Kanäle wie der Rajasthankanal
versorgen auch trockene Regionen Indiens mit Wasser. Das ganze Jahr über genug
Wasser, vor allem zur Bewässerung der Landwirtschaft war das Ziel der
staatlichen zentralen Wasserversorgung. Doch die Folgen waren schon nach wenigen
Jahren sichtbar. Der Boden versalzte. Die Staudämme gruben den Flüssen das
Wasser ab, und es konnte sich kaum Grundwasser neu bilden. In den
Trockenperioden können die Stauseen zudem nicht genug Wasser liefern. Besonders
die Wüste Thar ist dafür ein typisches Beispiel. So fließt das Wasser im Kanal
manchmal nur einmal in der Woche, wenn überhaupt. Trotz staatlich organisierter
Bewässerung sind Dürren heute häufiger als vor 40 Jahren. Und den Dürreperioden
folgen in der Regel Hungerkatastrophen, weil die Bauern ihre Felder nicht
bewässern können. Das Grundwasser ist über Jahre nicht aufgefüllt worden und die
Brunnen bleiben leer. Dies seien selbstgemachte Dürren, sagen Umweltaktivisten,
denn es gäbe mit dem jährlichen Regen eigentlich genug Wasser, wenn man sich der
alten Traditionen besinnen würde.
Umweltorganisationen
fördern traditionelles Sammeln von Regenwasser
Umweltorganisationen in Indien, wie das Centre for Science and
Environment (CSE), haben vor über 20 Jahren damit begonnen, die alten
traditionellen Methoden des Regenwassersammelns zu dokumentieren und
Pilotprojekte aufzubauen. In Rajasthan heißen die einfachsten Lösungen für die
Bauern Johads.
Ein Johad ist ein halbmondförmiger Teich, der so in der Landschaft liegt, dass
er in der Regenzeit viele kleine Bäche und Quellen aus einer größeren Umgebung
auffangen kann. Jeder Johad ist anders in Größe und Form, je nach
Bodenbeschaffenheit oder Topographie. Dieser kleine See entsteht durch Anhäufen
von Erdwällen. Ihre Funktion ist, Wasser zu stauen, das die Menschen nach der
Regenzeit nutzen. Noch wichtiger sind sie allerdings für das Grundwasser. Denn
die enormen Niederschläge würden sonst weggespült werden und zu Landerosionen
führen. Durch das Anstauen hat das Wasser aber genug Zeit, um langsam im Boden
zu versickern und zu Grundwasser zu werden. Seit die Farmer wieder Johads bauen,
ist der Grundwasserpegel angestiegen. Es lohnt sich auch wieder, Brunnen zu
bauen. Schon nach wenigen Jahren machen sich die Johads für die
Dorfgemeinschaften bezahlt. Sie können jetzt auch ihre Felder wieder bewässern
und haben das ganze Jahr über genug zu essen sowie Futter für ihr Vieh.
In anderen Landesteilen Indiens gibt es noch weitere traditionelle
Sammeltechniken. CSE hat sie alle dokumentiert und durch moderne Systeme, die
großstadttauglich sind, erweitert. Seit einiger Zeit werden im ganzen Land
sogenannte Regencenter aufgebaut, in denen das traditionelle und moderne
Regenwasser-Wissen vermittelt wird.
Die Menschen werden jetzt wieder verstärkt in die Wasserversorgung einbezogen.
Das gehört zum Konzept des CSE und anderer Hilfsorganisationen in Indien. Die
Menschen sollen die Verantwortung für ihr Wasser wieder selbst tragen.
Ergebnisse
Früher war der größte Teil des Alwar-Distrikts auf der Landkarte als „dunkle
Zone“ aufgeführt, als Gebiet, in dem es kaum noch Grundwasser gibt. Heute, 15
Jahre und viele Johads später, ist es wieder eine „weiße Zone“ mit viel Wasser.
Seit 1985 wurden in mehr als 850 Dörfern über 5.000 Johads gebaut. Diese
Gegenden sind heute wieder grün, eine moderate Landwirtschaft ist möglich, und
die Leute kehren aus den Städten in ihre Dörfer zurück. Jedes Jahr werden 400
neue Johads gebaut und viele kahle Hügelketten neu aufgeforstet. Experten sind
überzeugt, dass sich diese Methode der Wassergewinnung auch in anderen Teilen
der Welt anwenden ließe, zum Beispiel in den Dürregebieten im Süden Indiens oder
in der Sahelzone von Afrika.