Vorbemerkung 1


Japan - eine historische Fotoreise 1983/84

1981, auf dem Rückflug von meiner zweiten Neuseelandreise, machte ich einen 5-tägigen Zwischenstopp in Singapur (Bilder siehe hier). Diese Stadt brachte mich auf den Geschmack, in den folgenden Jahren hauptsächlich in Asien auf Reisen zu gehen.

Als erstes asiatisches Land, das ich erkunden wollte, wählte ich Japan. Meine Vorstellungen waren: Es reisen viele Japaner als Touristen nach Europa (meist aber nur kurz), in Deutschland leben japanische Studenten, Japan ist modern, die besten Fotoapparate kommen aus Japan - also ein Land, das meiner Meinung nach nicht so sehr anders als Europa sein würde, zum 'Eingewöhnen' also genau richtig. Nach mittlerweile vielen Asien-Reisen muss ich allerdings sagen, dass Japan im Vergleich für mich eines der kompliziertesten Länder gewesen ist.

Insgesamt war ich 63 Tage in Japan unterwegs (1983: 27 Tage, 1984: 36 Tage, jeweils Juli/August). Etwa 12 000 km legte ich mit öffentlichen Verkehrsmitteln (Bus, Bahn, Fähren) zurück.

1983 gab es noch kein Internet. Informationen musste man sich bei der Japanischen Fremdenverkehrszentrale in Frankfurt/Main einholen. Eine organisierte Reise kam damals für mich nicht in Frage, Japanreisen waren sehr teuer. So kosteten 3-wöchige Touren zwischen 7500,- und 10000,- DM! So viel wollte ich nicht bezahlen, außerdem schienen mir 3 Wochen zu kurz. Ich wollte mehr auf eigene Faust reisen. Zum Glück war Japan das Land mit den zweitmeisten Jugendherbergen (nach Deutschland), es gab ca. 600 - übers ganze Land verteilt. Das Übernachtungsproblem war damit schon einmal gelöst. Und auch beim Transport gab es eine tolle Möglichkeit  - der 'Japan Rail Pass'! Er war relativ preiswert (44 000 Yen, damals ca. 460,- DM, heute ca. 230,-€; allein eine reguläre Fahrkarte von Tokio nach Kyoto kostete bereits 23 000 Yen) und hatte folgende Vorteile: 21 Tage Gültigkeit, unbegrenzte Kilometerzahl für das gesamte staatliche Eisenbahnnetz sowie Fähren und Busse der Staatlichen Japanischen Eisenbahn JNR, Platzreservierungen waren ohne Aufpreis möglich. Ebenfalls konnten die 'Shinkansen' (Hochgeschwindigkeitszüge mit damals schon über 200 km/h und nur wenigen Haltestellen) benutzt werden. Der Pass galt allerdings nicht für die vielen zusätzlichen privaten Eisenbahnstrecken. In den beiden Jahren habe ich den Rail-Pass sehr viel genutzt.

Japan hat viele schöne Landschaften. Wenn man mit dem Zug durchs Land fährt, hat man allerdings den Eindruck, dass alles irgendwie verbaut ist. Kein Wunder - nur 20% der Fläche des Landes stehen aufgrund der geografischen Struktur für Landwirtschaft, Industrie und Besiedlung zur Verfügung. Große Städte wie Tokio wirken auf den ersten Blick erschreckend: Straßen werden auf z.T. dreistöckigen Brücken über die Wohnhäuser geführt, Adressen zu finden ist fast unmöglich. Es gibt fast keine Straßennamen, sondern nur Stadtteile, die in Blöcke und Unterblöcke eingeteilt sind. Hausnummern werden nach Baujahr vergeben, Nummer 14 kann sich z.B. neben Nummer 180 befinden. Wenn man Leute treffen will, wählt man am besten ein bekanntes Hotel als Treffpunkt.

Als meine Reiseplanung feststand und die Flüge gebucht waren, erzählte ich das in meinem Kollegium. Daraufhin sagte eine Kollegin: "Bei mir im Haus wohnt eine japanische Studentin, ich frag sie mal, ob sie dir vielleicht noch Tipps geben kann." So traf ich mich also mit Yoshie T., die in Detmold an der Musikhochschule studierte. Sie war sehr nett, sie erzählte mir allerhand über ihr Land, zeigte mir, wie man mit Stäbchen isst und gab mir Hinweise, welche Orte und Gegenden ich auf jeden Fall besuchen sollte. Sie gab mir Adressen von Freunden und Bekannten, u.a. auch von einem Lehrer. Ich sagte so nebenbei, dass ich dann evtl. auch einmal eine Schule besuchen könnte. Wir redeten noch über alles Mögliche, dann entschuldigte sie sich für einen Moment und ging aus dem Zimmer. Ich hörte, dass sie wohl telefonierte. Nach ca. 10 - 15 Minuten kam sie zurück und sagte: "Ich habe gerade nach Tokio telefoniert, Ryuichi nimmt dich mit in seine Schule." 1984 war Yoshie T. wieder nach Japan zurückgekehrt, und ich besuchte sie zu Hause in Fukuoka/Kyushu. Zusammen mit ihrem Freund reisten wir gemeinsam mehrere Tage durch Kyushu.

Die Adressen, die ich von ihr bekam, waren Gold wert. Ich bekam dort wertvolle Hilfe und weitere Adressen, so dass ich über ganz Japan verteilt Anlaufstellen hatte. Wir machten z.T. gemeinsame Ausflüge, und ich bekam dadurch auch Übernachtungsmöglichkeiten in Privathäusern, was man als 'normaler' Tourist wohl nicht erlebt.

Vieles war und ist in Japan anders als in Europa. In dem Zusammenhang erhielt ich zur Vorbereitung meiner Reise vom Deutschen Jugendherbergswerk einige Reisehinweise, darunter auch sich etwas kurios anhörende 'Ratschläge für Japanfahrer' der Deutschen Botschaft:

Ratschläge für Japanfahrer

1. Nach Deponierung westlichen Schuhwerks am Eingang des japanischen Hauses bewege man sich

a) auf Holzböden: in Pantoffeln
b) auf Tatami: in Socken oder Barfuß
c) auf dem WC: in WC-Pantoffeln

2. Stelle die Selbstbeherrschung des Hotelpersonals auf keine unziemliche Probe, indem Du seine tiefen Verbeugungen ebenso tief erwiderst. Ein freundliches Nicken genügt. Andere Regeln gelten bei nach japanischen Begriffen Gleich- oder Höhergestellten.

3. In einem japanischen Hotel (Ryokan) angekommen , legt man eiligst die westliche Überkleidung ab und entspannt sich in heimischer Gewandung. Dem weiblichen Hotelpersonal ist der Anblick halbbekleideter Herren von klein auf vertraut; es hilft sogar beim Ordnen der Kleider.

4. Im Ryokan genügt für Herren der Schneidersitz. Damen sitzen bequem, indem Sie beide Beine nach links oder rechts auslegen. Formell höfliches Sitzen nach besonderer Anleitung.

5. Man badet vor dem Essen, im allgemeinen heute Männlein und Weiblein getrennt. Ehe man in die heiße Hölle (43°) steigt, säubert man sich gründlich. Durch kaltes Wasser läßt sich die Wassertemperatur auf durchaus mitteleuropäische Grade bringen.

6. In dem Männerland Japan gibt es vielerorts keine besonderen Damentoiletten. Damen machen am besten gute Miene zum bösen Spiel und gehen an den Herren vorbei entschlossen ihrem erstrebten Ziele zu.

7. Trinkgeld zu geben, ist in Japan eine fremdländische Sitte.
Japaner geraten in Verlegenheit, wenn man ihnen für kleine Gefälligkeiten Geld anbietet. Es gibt nur wenige, schwer zu erfassende Ausnahmen. Als Tourist geht man am sichersten, wenn man niemandem ein Trinkgeld gibt.

8. Ist man zum Essen eingeladen, so sagt man zu Beginn "itata-kimasu" (höflicher Ausdruck für "ich empfange") und am Ende "go-chososawa" (welch ein herrliches Festmahl); hierauf erwidert der Gastgeber "o-somatsu" (nein, es waren nur kärgliche Speisen) .

9. O-sake, den Reiswein, trinkt man vor dem Essen, neuerdings auch noch während der Hauptgänge. Will man Sake trinken, so schenkt man sich nicht selbst ein, sondern immer nur dem andern. Der so Bedachte erwidert entsprechend. Bekommt man Bier oder Sake eingeschenkt, so hält man dabei sein Trinkgefäß in der Hand. Sobald man begonnen hat, Reis zu essen, ist Sake tabu. Von dem Sauer Eingemachten (Tsuke-mono) ißt man erst am Schluß zusammen mit dem Reis. Jedermann in Japan hält es für selbstverständlich, daß man Suppen, Nudelgerichte usw. mehr oder weniger laut schlürft.

10. Bei einem einfacheren Essen werden Ausländer manchmal nicht satt, weil sie nur eine Schale Reis schaffen. Japaner können zwei oder drei (oder mehr) vertilgen, weil sie zu dem trockenen Reis Tsuke-mono essen. Tue es bei großem Hunger nach!

11. Man sollte sich ein wenig mit der Sprache befassen. Begrüßung und verabschieden und die Zahlen sind nicht zu schwierig zu erlernen. (Der Langenscheidt Sprachführer Japanisch ist eine gute Hilfe) .

In Japan ist die Zeit der unseren um 8 Stunden voraus, d.h. ist es bei uns 12.oo Uhr, so ist es in Japan bereits 2o.oo Uhr.

(Quelle: Merkblatt, herausgegeben von der Deutschen Botschaft)


 

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