Bali 16


Klungkung: Prozession zur Totenverbrennung

In Klungkung begegnete uns 2000 auf der Hauptstraße eine Prozession zur Totenverbrennung. Nach der Ausstattung zu rechnen (schwarzer Stier) muss es eine Person aus dem Hochadel gewesen sein. Totenverbrennungen sind die bedeutendsten Familienfeste, wobei es oft recht fröhlich zugeht.

"So paradox es klingt - der Tod ist für die Balinesen nicht nur etwas Natürliches, sondern etwas Positives, ja mehr noch ein fröhliches Ereignis. Nicht gerade der Tod selbst ist ein Grund zur Freude, der bedeutet auch auf Bali einen schmerzvollen Abschied, aber vielmehr die darauffolgenden Feierlichkeiten der Verbrennung - wird doch jetzt die Seele endlich von der Last des irdischen Körpers befreit, löst sie sich nun doch von der alten Inkarnation, um eine neue, bessere einzugehen. Für einen Balinesen ist die Gewissheit, dass für die Befreiung seiner Seele alles getan wird, wichtiger als alle Fürsorge für das irdische Wohlergehen. Die Tradition aufwendiger Kremationen muss gewahrt bleiben, auch am Rande des finanziellen Fiaskos. Nicht selten kostet eine Totenverbrennung die Familie weit mehr als ihre Mitglieder in einem Jahr zu verdienen imstande sind. Reichen die Ersparnisse nicht aus, oder ist der Zeitpunkt für die Verbrennung ungünstig, so wird die Leiche vorerst auf dem Friedhof beigesetzt. Vor allem ärmere Leute warten oft ab, bis ein Angehöriger der Dreierkaste stirbt und eine allgemeine Verbrennungsfeier angesetzt wird. Verstorbene Fürsten und Priester werden bis zu ihrer Verbrennung, die nur an einem ganz besonders heiligen Tag stattfinden kann, in einbalsamiertem Zustand aufgebahrt.
Die eigentliche Verbrennungszeremonie vollzieht sich in drei Abschnitten. Zunächst werden die sterblichen Überreste im Familienanwesen aufgebahrt. Die Gebeine der Toten, die bereits begraben waren, werden exhumiert und gereinigt. Sollte man nach Jahren überhaupt keine Knochenreste mehr finden, so werden die Verstorbenen bei der großen Zeremonie durch Effigien aus Sandelholz symbolisch vertreten. Vor der Kremation müssen jeweils ein Transport- und ein reich geschmückter Verbrennungssarg hergestellt werden. Wichtig auch sind die Fertigstellung von Symbolfiguren, die Eigenschaften des Verstorbenen darstellen und diesen auf seinem Weg in die jenseitige Welt begleiten sollen, sowie die Bereitstellung heiligen Wassers für die rituelle Reinigung des Toten...."

Klungkung: Prozession zur Totenverbrennung

"....Nach der Aufbahrung wird die Leiche in einer prachtvollen Prozession zum Verbrennungsplatz gebracht, der sich stets meerwärts außerhalb des Ortes befindet. Als Transportschrein dient ein auf einer vielfach verstrebten Bambusplattform stehender Verbrennungsturm (Bade). Bei Angehörigen der Jaba-Kaste handelt es sich um schlichte, einstöckige Trageschreine. Der Verbrennungsturm für einen verstorbenen Fürsten aber ist ein gewaltiges Bauwerk, das eine Höhe von 15 m und mehr erreichen kann. Überreich geschmückt mit buntem Glanzpapier, Lametta, Blumensträußen und kunstvoll geschnitzten Dämonenfiguren zur Abwehr böser Geister symbolisiert dieser Bambusturm den Kosmos: ein breiter Sockel, oft in Form der schlangenumwundenen Schildkröte Bedawang, als Träger der Welt, dann eine Mitteletage als Sinnbild der irdischen Welt und unmittelbar darüber, also zwischen Himmel und Erde, eine Nische für den Verstorbenen. Das aus einem mehrfach gestaffelten Pagodendach bestehende Oberteil des Bade ähnelt einem Meru und symbolisiert die überirdische Welt. Priesterliche Brahmanen werden in einer Trage in Form des Padmasana-Lotos-Throns zum Verbrennungsplatz gebracht. Die eigentlichen Särge für die Feuerbestattung trägt man leer zur Verbrennungsstätte. In diesen Kremationsschreinen spiegelt sich die Kastenhierarchie wider: Einfache Leute müssen sich mit schlichten, aber reich geschmückten Holzkisten begnügen, während hochrangige Persönlichkeiten in prächtigen Sarkophagen verbrannt werden. Ein weißer, in Form eines Stieres oder einer Kuh ist den Brahmanenpriestern vorbehalten, ein schwarzer, ebenfalls in Stier oder Kuhgestalt den Angehörigen des Hochadels, einer mit dem Aussehen eines Hirsches oder eines geflügelten Löwen den Mitgliedern des niederen Adels. Um die oftmals tonnenschweren Verbrennungstürme für fürstliche Kremationen zur Verbrennungsstätte zu transportieren, sind bis zu 200 Männer nötig. Unter lautem Geschrei dreht man an jeder Wegegabelung und Straßenkreuzung den Bade einige Male wild im Kreise herum, es gilt, die Dämonen zu verwirren; auch soll die Seele des Toten nicht wieder den Weg zurückfinden und das Familienhaus unsicher machen. Ist ein Verbrennungsturm besonders hoch ausgefallen, werden vorsichtshalber sämtliche elektrischen Leitungen, die ihm in die Quere kommen könnten, abmontiert...."

Klungkung: Prozession zur Totenverbrennung

Klungkung: Prozession zur Totenverbrennung

Klungkung: Prozession zur Totenverbrennung

Klungkung: Prozession zur Totenverbrennung

Klungkung: Prozession zur Totenverbrennung

Klungkung: Prozession zur Totenverbrennung

Klungkung: Prozession zur Totenverbrennung

"....Nach der Ankunft am Kremationsplatz bettet man den Leichnam in den Tiersarkophag um. Nachdem ein Hohepriester die sterblichen Überreste mit Weihwasser besprengt und Gebetsformeln rezitiert hat, werden sowohl Verbrennungsschrein als auch -türm in Brand gesetzt. Innerhalb weniger Minuten ist von den prachtvollen Kunstwerken, deren Herstellung Monate gedauert und ein Vermögen gekostet hat, nur noch ein glimmender Aschehaufen übrig. Nicht besser jedoch könnten die Balinesen die Essenz ihres Glaubens demonstrieren: Alle Materie ist vergänglich, nur die Seele hat ewigen Bestand. In einer feierlichen Prozession werden am darauffolgenden Tag die Aschereste des Leichnams einem Fluss oder der Seeübergeben. Nachdem nun der irdische Leib auf vorgeschriebene Weise in die Grundelemente Erde, Feuer und Wasser zurückgeführt wurde, ist die Seele frei für die Wiedergeburt im Körper eines neugeborenen Kindes. Nach dem Religionsverständnis der Balinesen gibt es keinen Tod, sondern nur eine vorübergehende Reise mit sicherer Wiederkehr in absehbarer Zeit, und zwar zurück in die familiäre Umgebung....." (Quelle der Texte: Roland Dusik: Indonesien Reisehandbuch, DuMont Richtig reisen, Köln 1991, S. 282-284)

Utensilien für die Totenverbrennung werden in kleinen Betrieben hergestellt Utensilien für die Totenverbrennung werden in kleinen Betrieben hergestellt Utensilien für die Totenverbrennung werden in kleinen Betrieben hergestellt
Utensilien für die Totenverbrennung werden in kleinen Betrieben hergestellt
Typischer Straßenschmuck aus Bambus Typischer Straßenschmuck aus Bambus
Typischer Straßenschmuck aus Bambus
Tempel bei Klungkung
Tempel bei Klungkung

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