Politische Situation / Menschenrechte


Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/West-Neuguinea

Durch die papuanischen Unabhängigkeitsbestrebungen alarmiert versuchte Indonesien im Frühjahr 1962, auf West-Neuguinea Truppen zu landen, um das Ziel eines Territorium in den Grenzen Niederländisch-Ostindiens von 1942 zu realisieren. Auf Druck der USA wurde am 15. August unter Vermittlung des US-Diplomaten Ellsworth Bunker zwischen den Niederlanden und Indonesien das New Yorker Abkommen geschlossen, welches den Übergang West-Neuguineas in den indonesischen Herrschaftsbereich regelte. Die Vereinten Nationen (UNSF) übernahmen am 1. Oktober die Verwaltung des Inselteiles und übergaben es am 1. Mai 1963 an Indonesien. Kurze Zeit später begannen die ersten Umsiedlungsaktionen, welche die einheimischen Papua aus Gebieten vertreiben sollten, die für die Besiedelung durch Indonesier vorgesehen waren.

Im Jahr 1964 gründete sich die Papua-Unabhängigkeitsbewegung Organisasi Papua Merdeka (OPM), um den Willen nach politischer Selbstbestimmung gegen Indonesien durchzusetzen. Der militärische Erfolg der OPM blieb begrenzt. Es waren immer wieder die Verfehlungen der indonesischen Regierung und ihrer Militärs, die für Unmut und damit auch für Zulauf zur OPM sorgten.

Der im New Yorker Abkommen vorgesehene Volksentscheid, Act of Free Choice genannt, über einen Verbleib bei Indonesien ergab im Sommer 1969 ein einstimmiges Votum für Indonesien durch eintausend ausgesuchte Wahlmänner und wird von Kritikern als Act of No Choice (Wahl ohne jede Wahl) bezeichnet. Die Wähler waren durch Geschenke und Folterandrohung beeinflusst worden, nicht Kooperationswillige wurden durch andere ersetzt. Die UNO unterstützte diesen Vorgang und sah ihre Rolle im New Yorker Abkommen als erfüllt an.

Bis heute haben über 100.000 von ehemals 700.000 Papua durch Gewalt ihr Leben verloren. Etwa 800.000 Indonesier sind nach West-Neuguinea eingewandert; Grundlage dafür ist die sogenannte Transmigrasi-Politik, die die Umsiedlung von Menschen von der dicht bevölkerten indonesischen Hauptinsel Java auf dünner besiedelte Inseln vorsieht. Auch nach der Aussetzung des umstrittenen Transmigrasi-Programms gelangen indonesische Zuwanderer auf eigene Faust auf die Insel. Die Ausrufung der unabhängigen Republik West-Papua 1971 wurde von Indonesien nicht anerkannt. 1973 wurde der Name in Irian Jaya („Siegreiches Irian“) geändert.

2000 kam es zu einer erneuten Proklamation der Unabhängigkeit von West-Papua, die erneut von Indonesien nicht anerkannt wurde. Dafür erhielt die Provinz am 1. Januar 2001 innere Autonomie. Am 10. November 2001 verschleppten und töteten Mitglieder der Kopassus-Einheiten den Unabhängigkeitsführer Theys Eluay[12]. Sein Fahrer ist seitdem ebenfalls verschwunden. Am 7. Januar 2002 wurde die Provinz in Papua umbenannt. 2003 erfolgte schließlich unter erheblichen Protest der lokalen Bevölkerung die Aufteilung auf die zwei Provinzen Irian Jaya Barat und Papua. Nach dem speziellen Autonomiegesetz hätten die Vertreter West-Papuas konsultiert werden müssen. Dieser Alleingang Indonesiens unter Megawati Sukarnoputri wird von den Papua als Strategie des Teilens und Herrschens empfunden. Seit 2003 erhalten Journalisten keinen Zutritt mehr nach West-Papua.
 

Indonesische Herrschaft
Unter der niederländischen Verwaltung und ihrem ehrgeizigen Entwicklungsprogramm bis 1962 fühlten sich die Papua nicht als Kolonie. Die Indonesier dagegen demontierten nach ihrem Einmarsch 1963 überall holländische Ausrüstung und schafften sie nach Java. Bücher über Papua wurden verbrannt, das Singen von Liedern über Papua verboten. Wer Bücher über Papua besaß, wurde verdächtigt und bedroht. Die Bezeichnung Papua war verboten. Während in ganz Indonesien Rassenzugehörigkeiten genannt wurden, musste es in West-Papua „Indonesier aus Westirian“ heißen. Seit 2001 hat sich die Einschränkung der Presse wieder verschärft.

Indonesische Herrschaft über West-Papua brachte auch, was vorher schwer vorstellbar war: die Idee einer nationalen Einheit von 250 verschiedenen und oft zerstrittenen Papua-Stämmen. Statt der in der Pancasila-Ideologie formulierten Einheit Indonesiens war das Gegenteil erreicht worden. Die Idee der Unabhängigkeit West-Papuas ist heute wesentlich populärer, als sie es 1963 gewesen ist.


Bedeutung West-Papuas für Indonesien
Die Formel „von Sabang bis Merauke“ steht symbolisch für den Zusammenhalt des auf zahlreiche Inseln und Völker verteilten, von verschiedenen Konflikten geschüttelten Indonesien: Alles, was in Südostasien niederländische Kolonie war, soll das von kolonialer Macht befreite Indonesien sein. Während der Verlust Osttimors eine nationale Demütigung war, ist Papua, mit Merauke in der Formel vertreten, von weit größerer politischer, wirtschaftlicher und symbolischer Bedeutung für Indonesien. Es wird von Jakarta als integraler Bestandteil der Republik betrachtet. Anders als die Unabhängigkeit Osttimors würde der Verlust West-Papuas die Legitimität und Einheit des indonesischen Staates bedrohen.

Zudem befindet sich mit Freeport der größte Steuerzahler Indonesiens in West-Papua. Auch ein Großteil des Flüssigerdgases des Exportweltmeisters Indonesien befindet sich hier. Der Gewinn aus Holzeinschlag wird auf 100 Millionen bis über eine Milliarde Dollar jährlich geschätzt.

Militär und Polizei
Da Indonesien nie ernsthafte äußere Feinde hatte, sind innere Konflikte eine wesentliche Begründung für die Macht des indonesischen Militärs. Gleichzeitig sieht sich das Militär als Gründer des indonesischen Staates und fühlt sich diesem nicht rechenschaftspflichtig. Wenn Vergehen überhaupt bestraft werden, trifft dies höchstens niedere Ränge. Diese Straffreiheit verbunden mit der inneren Notwendigkeit militärischer Konflikte hat zu dem Effekt geführt, der als Staatsterrorismus wahrgenommen wird: Die sogenannten Sicherheitskräfte sind die eigentliche Bedrohung und Auslöser von Angst, Repression und Mord. Seit Jahrzehnten flüchten Papuas aus ihren Dörfern, wenn indonesische Militärs und die Mobile Polizeibrigade (Brimob) anrücken. Verfolgt wird eine Strategie der Erzeugung von Konflikten, der Destabilisierung und der Beseitigung jeglicher Unabhängigkeitsbestrebungen.

Die Papua-Opposition meidet militante Auseinandersetzungen und strebt stattdessen die Schaffung einer stabilen und sicheren Friedenszone an. Die gewalttätigen Konflikte der letzten Jahre wie in Wasior 2001, die Erschießung zweier US-Bürger bei der Freeport-Mine 2002 bis hin zu den Konflikten Ende 2006 in Mulia verweisen allesamt auf gezielte Provokationen durch indonesische Militärs oder von indonesischem Militär kommandierten paramilitärischen Kräften, die offiziell als Aktionen der Befreiungsbewegung OPM dargestellt werden. Der Sturz Sukarnos 1965 verlief bereits nach diesem Muster: Ein scheinbar widersinniger Angriff auf die eigenen Kräfte wurde den Kommunisten angehängt. In der folgenden großen Militäroperation konnte die starke kommunistische Partei Indonesiens komplett ausgelöscht und Sukarno aus der Macht gedrängt werden. Die Militärs haben keine Scheu, Menschenrechtsverletzungen wie in Osttimor in West-Papua zu wiederholen. Einzelne hohe Offiziere haben dies bereits angedroht.

Seit dem Act of Free Choice 1969 bis 1998 war West-Papua als „Militärisches Operationsgebiet“ unter vollständiger Kontrolle der TNI-Streitkräfte, die 1977 nicht vor dem Einsatz von Napalm zur Bombardierung von Dörfern der Baliem-Hochebene zurückschreckten. Mitte der 1990er Jahre war West Papua das am stärksten militarisierte Gebiet Indonesiens. Soldaten erhielten doppelten Sold. 1998 erhielt das Gebiet den Status einer „überwachten Unruheprovinz“. Nach der Unabhängigkeit Osttimors wurden dort stationierte Einheiten nach West-Papua verlegt. Der frühere Polizeichef Osttimors, Timbul Silaen, wurde 2003 zum Chef der Polizei West-Papuas ernannt. 2006 hatte sich die Anzahl der Soldaten auf über 30.000 erhöht, was die mit der Sicherung der Grenze zu Papua-Neuguinea begründet wird. TNI und Kopassus kontrollieren inzwischen selbst Vanimo, die Hauptstadt der Provinz Sandaun in Papua-Neuguinea. Flüchtlinge werden nach Papua-Neuguinea verfolgt, wie mehrere 100 Studenten der Universität Jayapura (UNCEN), von denen 200 als ermordet gelten. Filmaufnahmen der geflüchteten Studenten existieren in einem neuen Film „West Papua - The secret war in Asia“.

Der in West-Papua knappe Sold hat dazu geführt, das Militärs bei praktisch jedem lukrativen Unternehmen dabei sind, insbesondere beim illegalen Holzeinschlag (Merbau für eine Milliarde Dollar jährlich), Schmuggel geschützter Tierarten und in der Vergnügungsindustrie (Alkohol, Prostitution, Casinos). Schutzgelder werden eingefordert und z.B. von Freeport reichlich bezahlt. 80 % der Einkünfte der Soldaten stammen aus solchen illegalen Aktivitäten. Oft kommt es zu gewalttätigen Rivalitäten um lukrative Ressourcen. Um die reiche Freeport-Mine in der Timika-Region haben sich diese militärischen und Polizei-Aktivitäten und Rivalitäten besonders verdichtet.

Das in West-Papua stationierte Militärkommando heißt Trikora (Kodam XVII).

Militär-Zitate:
Der Kostrad-Kommandeur West Papuas zum Mord an Theys Eluay durch indonesische Soldaten:
„Manche sagen, sie handelten falsch, brachen das Gesetz. Welches Gesetz? … Für mich sind sie Helden, weil die Person, die sie töteten, ein Rebellenführer war“.
Stabschef General Ryamizard Ryacudu zu Soldaten und Offizieren (2002):

„Habt keine Angst vor Vorwürfen, ihr würdet das Gesetz brechen oder Menschenrechtsverletzungen begehen. Wenn ihr Angst habt, dann werdet ihr irritiert und an eurer Pflichterfüllung gehindert sein.“

Militäroperationen

1965-1967 Operasi Sadar (Bewusstsein)
1967 Operasi Brathayudha ungefähr 3500 Tote
1969 Operasi Wibawa (Autorität) zirka 30.000 Menschen wurden seit 1963 ermordet
1977 Operasi Tumpas (Vernichtung) 12.397 Tote
1981 Operasi Sapu Bersih I dan II (Säuberung I und II) 3500 Tote
1982 Operasi Galang I dan II (Verstärkung I und II)
1983-1984 Operasi Tumpas (Vernichtung)
1985 Operasi Sapu Bersih (Säuberung) 517 Tote, 200 Häuser niedergebrannt
1996 Mapnduma: 158 Tote, 166 Häuser und 13 Kirchen zerstört
2001 Wasior (Manokwari): 4 Tote, 5 Verschwundene, 6 Folterungen
2003 Wamena: 9 Tote, 38 Folterungen, Tausende Vertriebene, zerstörte Häuser, Kirchen, Krankenhäuser
2004 Puncak Jaya: über 6000 Flüchtlinge und 35 Tote
2006-2007 Mulia, Puncak Jaya: 5000 Flüchtlinge, bisher ein Toter



Menschenrechte
„Ein indonesischer Soldat kann einen Papua zu jeder Zeit, an jedem Ort, aus jedem beliebigen Grund ungestraft töten.“ (Neles Tebay)
Die Repression ist geringer als in den 1960er, 1970er und Anfang der 1980er Jahre. Mord, Folter und Verhaftungen sind jedoch nach wie vor an der Tagesordnung. Wie viele Todesopfer die Übernahme West-Papuas durch Indonesien kostete, ist nicht genau bekannt. Häufig wird die Schätzung von 100.000 Toten angegeben. Nach der Absetzung von Präsident Wahid im August 2001 endete der 1999 begonnene kurze politische „Frühling“ und die Menschenrechtslage verschlechterte sich erneut.

Während einige Berichte wie der Yale Report 2003 oder eine Studie der Universität Sydney 2005 von Völkermord sprechen, meint die International Crisis Group, dass die „Kultur der Straflosigkeit“ die Militärs zu übermäßigen Gewaltreaktionen veranlasst hat. Einige Papua behaupten, die Situation sei schlimmer als in Osttimor, da die Bildung der Papua gering ist und durch das zergliederte, unzugängliche Terrain das Militär leicht in einem Tal einen der 250 Stämme auslöschen kann und dies nicht einmal bemerkt wird. Kuegler schreibt, dass es sich bei den Vorfällen in Wasior 2001 (s.u.) nach indonesischen Gesetzen um Völkermord handelt.

Angriffe auf die Sicherheitskräfte werden mit strengen Vergeltungsmaßnahmen an der Zivilbevölkerung geahndet. Oft sind ganze Dörfer auf der Flucht. Straffrei und unbeobachtet schießt das Militär aber auch schnell auf Papua, die es wagen, gegen Holzeinschlag auf ihrem Besitz zu protestieren. In Wasior hatten 2001 Militärs vereinbarte Holzeinschlagrechte nach vier Jahren noch nicht bezahlt. Es kam zu Kritik der Papua und zu Rivalitäten zwischen Militär und der Brimop-Spezialeinheit der Polizei, die sich auch gegen die Papua richteten. Ein Anwalt und ein papuanischer Regierungsmitarbeiter wurden gefoltert. Ein Lehrer starb unter der Folter. Berichtet wurde, dass die Brimob ein siebenjähriges Kind köpften und seine schwangere Mutter brutal ermordeten. 5000 Menschen befanden sich auf der Flucht.

Im August 2002 wurden auf der vom Militär kontrollierten privaten Zugangsstraße zur Freeport-Mine zwei US-Amerikaner und ein Indonesier getötet. Trotz FBI-Hilfe wurde das Verbrechen nicht aufgeklärt, und es gibt Gerüchte über die Urheberschaft des Militärs, um Schutzgeldzahlungen einzufordern. Ende 2001 wurde der Papua-Führer Theys Eluay von Kopassus-Soldaten ermordet, obwohl er mit Militärs befreundet war. Die zu ein bis dreieinhalb Jahren Freiheitsentzug verurteilten Soldaten bezeichnete der Generalstabschef der indonesischen Armee öffentlich als Helden. Theys Eluay wurde zum Symbol des gesetzlosen Handelns des Militärs, das jeden Papua bedroht.

Selbst die Kirchenleiter der Evangelischen Kirche Papuas fürchten, „abgeschlachtet“ oder entführt zu werden. Sie stehen auf Todeslisten und werden vom Indonesischen Geheimdienst observiert. Pastor Herman Awom, Mitglied des Papua-Rates und Stellvertretender Vorsitzender der Evangelischen Kirche, ist schon mehrmals entführt worden. Zwischen 2002 und 2005 hat das indonesische Militär 23 Kirchen abgebrannt. Ein Pastor wurde von Soldaten beschuldigt, Mitglied der OPM zu sein, und getötet. Sabine Kuegler berichtete 2006, dass bei nächtlichen Stromausfällen Leute spurlos verschwinden. Die Menschen werden schnell und professionell getötet, die Leichen sind nicht auffindbar. Die Täter haben aus Osttimor gelernt, keine Spuren, wie etwa Massengräber, zu hinterlassen. Fischer haben stattdessen zerstückelte Leichen im Meer gefunden.

Ausländische Menschenrechtsorganisationen werden seit 2003 von Indonesien nicht mehr nach West-Papua gelassen. Auch das Flüchtlingskommissariat der Vereinten Nationen UNHCR erhält keinen Zutritt. 2002 betrug die Prämie für die Exekution eines Unabhängigkeitsaktivisten 240 Euro.
 

Flagge
Die noch vor dem New Yorker Abkommen vom Ersten Papua-Kongress am 19. Oktober 1961 gewählte Flagge wird Morgenstern (Bintang Kejora) genannt und besteht aus einem weißen Stern auf rotem Grund mit blauen und weißen horizontalen Streifen, die vom Flaggenmast wegzeigen. Diese Flagge (Niederländisch: Morgenster) wurde 1961 gemeinsam mit der niederländischen Regierung als Symbol und erster Schritt zur geplanten Selbstregierung der Papua-Bevölkerung eingeführt. Nach dem öffentlichen Hissen am 1. Dezember 1961 begriffen die indonesischen Nationalisten die drohende Unabhängigkeit Papuas, die die Idee der Einheit Indonesiens von Sabang in Aceh bis Merauke in West-Papua gefährdete. Der Zusammenhalt des Vielvölkerstaates war in Gefahr. In der Trikora-Rede am 19. Dezember gab Sukarno den „Befehl zur Befreiung Westirians“, der letztlich 1962 zum New Yorker Abkommen führte. Unter der Suharto-Regierung hatte das Hissen der Flagge Gefangenschaft, Folter oder Tod zur Folge. Auch seit dem Ende der Regierung Wahids ist das Zeigen des Morgensterns wieder lebensgefährlich geworden, wird als Hochverrat angesehen und mit Freiheitsentzug bis zu 20 Jahren bestraft. Der 1. Dezember symbolisiert seit 1963 für die Papua den Wunsch nach Beendigung der indonesischen Herrschaft. Indonesien realisierte aus Sicht der Papua keine befreiende Dekolonisation, sondern herrscht als neue Kolonialmacht.

Merdeka
Für Indonesien zentral ist die Befreiung von der niederländischen Kolonialherrschaft. „Befreiung“ – indonesisch Merdeka – kann auch mit „Freiheit“ oder „Unabhängigkeit“ übersetzt werden. „Indonesia merdeka, dari Sabang sampai Merauke“ (ein freies Indonesien von Sabang bis Merauke) war ein Slogan der indonesischen Revolution 1945–1949. Der indonesische Präsidentenpalast trägt den Namen Merdeka. In der Trikora-Rede 1961 gab Sukarno den „Befehl zur Befreiung West Irians“.

In West-Papua dagegen wird der Begriff Merdeka nicht für die Einheit Indonesiens verwendet. Die Papuanische Bewegung der Unabhängigkeit von Indonesien (Organisation Papua Merdeka) hat ihn im Namen, und beim Hissen der verbotenen Morgenstern-Flagge wird Merdeka gerufen.


Außenpolitik
Schon 1962 war erfolgreiche indonesische Außenpolitik der Schlüssel zur Eroberung West-Papuas. Während die militärischen Angriffe gegen die Niederlande wenig Erfolg zeigten, gaben die Niederländer ihre Pläne der Unabhängigkeit West-Papuas sehr schnell auf, als die USA den indonesischen Anspruch auf West-Papua unterstützten.

Die 1994 gegründete US-Indonesische Gesellschaft sagt von sich selbst, sie sei eine Nichtregierungsorganisation, ist jedoch von Großkonzernen wie Texaco, Mobile, General Electric, Chevron, American Express und Freeport dominiert. Mitglieder sind aus der indonesischen Elite, sowie Botschafter und andere Spitzenbeamte. Laut Denise Leith macht die Gesellschaft eine effektive Lobbyarbeit um Gefahren z.B. durch Menschenrechtsgruppen und Gewerkschaften abzuwenden. Ende 2005 konnte ein Gesetzentwurf im US-Kongress verhindert werden, der sich mit der Gültigkeit des Act of Free Choice von 1969 und der Sonderautonomie West-Papuas beschäftigen sollte (HR 2601).

Freeport ist nicht nur reicher Steuerzahler, sondern war mit seinen guten Kontakten in Washington von Anfang an ein Lieblingskind der Suharto-Regierung und machte internationale Lobbyarbeit für Indonesien, um nach den Enteignungen internationaler Konzerne und dem Blutbad von 1965 ausländisches Kapital ins Land zu holen und Indonesien internationale Anerkennung zu verschaffen.

Henry Kissinger war laut 2002 veröffentlichten Geheimdokumenten sowohl 1969 beim Act of Free Choice hilfreich als auch beim Einmarsch Indonesiens in Osttimor 1975. Später war der frühere US-Außenminister Vorstandsmitglied bei Freeport und verhinderte kritische Untersuchungen durch Präsident Abdurrahman Wahid bezüglich Freeports Umweltverschmutzung in West-Papua durch die Grasberg-Mine und ihren gewaltigen Abraum.

Auf Druck Indonesiens hat Australien die OPM als Terroristische Organisation eingestuft, was Australiern und Papua, die sich für eine friedliche Konfliktregelung einsetzen, erschwert, öffentlich zu arbeiten. Australien unterstützt offiziell die indonesische Linie. Nur kleine Teile der australischen Opposition unterstützen eine friedliche Lösung des West-Papua-Konfliktes.


Internationale Isolierung
Indonesien betreibt seit Jahrzehnten gegenüber ausländischen Kritikern das Prinzip der Zwangsausweisung Cekal (cegah tangkal: Listen der Einwanderungsbehörde, welche Indonesier das Land nicht verlassen und welche Ausländer das Land nicht betreten dürfen). Daher haben sich alle internationalen Vertreter und Organisationen, die mit Indonesien kooperieren möchten, angewöhnt, zu schweigen. Das betrifft auch den Vatikan.[38] Auch Deutschland exportiert Rüstungsgüter und half bei technologischen Großprojekten wie dem umstrittenen Staudammbau am Mamberamo (gestoppt aus finanziellen Gründen), ohne Kritik zu üben.

Aufgrund mangelnder kritischer Informationen können sich von staatlicher Seite in Umlauf gesetzte Gerüchte schnell verbreiten und die gesellschaftliche Stimmung stark beeinflussen. Öffentliche Desinformation ist traditionell eine Grundlage indonesischer Innenpolitik.

Insbesondere West-Papua wird seit Jahren durch Indonesien vom Ausland isoliert. Ins Land darf nur, wer Geschäfte mit der indonesischen Regierung oder dem Militär betreibt oder als Tourist sich an strenge Auflagen hält: eine Aufenthaltsgenehmigung mit genauer Reiseroute (surat jalan) beantragt und sich unterwegs bei jeder Polizeistation meldet. Keine Einreiseerlaubnis erhalten ausländische Journalisten und Medien, UN-Organisationen (konkret UNHCR), internationale Menschenrechtsorganisationen und Umweltschutzorganisationen. Auch Diplomaten berichten, dass ihnen der Besuch West-Papuas jahrelang durch Jakarta verboten wurde.[39] Nach mehrjähriger Berichterstattung über West-Papua und Aceh wurde 2004 die International Crisis Group ausgewiesen.

Mit ihrem Buch Dschungelkind avancierte die in Papua aufgewachsene Sabine Kuegler 2005 zur Bestsellerautorin. Kritisiert für die fehlende Darstellung der politischen Situation, fuhr Kuegler 2006 nach West-Papua, traf sich heimlich mit verbotenen Gruppierungen (einige dieser Menschen wurden kurz darauf ermordet), notierte Augenzeugenberichte und publizierte anschließend das Buch Ruf des Dschungels. Eine erneute Einreise nach West-Papua ist Kuegler nicht mehr gestattet.

Die bisher nicht verbotenen Kirchen sind daher momentan das wichtigste Bindeglied für die Papua zum Ausland.

Korruption
Korruption ist weit verbreitet in Asien. Besonders in der Suharto-Zeit war Indonesien viele Jahre das korrupteste Land Asiens und wird von Transparency International unter den korruptesten Nationen der Welt gelistet. Die Region mit der höchsten Korruption in Indonesien ist West-Papua. Korruption, Kollusion und Nepotismus, abgekürzt als KKN bekannt, waren lange akzeptierter Bestandteil der indonesischen Machtausübung und Wirtschaftskultur. Sie wurden von Indonesiern und ihren Militärs nach West-Papua gebracht und haben sich unter mit Ämtern betrauten Papuas verbreitet. Bis 1997 deckte die Weltbank die indonesische Korruption und gestattete die Fälschung ihrer einflussreichen Länderberichte.

Ebenso ist die indonesische Justiz auf jeder Stufe des Rechtsprozesses, von der Polizei über die Staatsanwaltschaft bis zu den Richtern, von Korruption durchsetzt. Wie bei den Militärs, werden nicht für den Lebensunterhalt ausreichende Bezüge durch Bestechungsgelder aufgebessert. Häufig treffen Richter Absprachen mit Staatsanwälten, die es den Richtern leicht machen, einen Angeklagten freizusprechen. Das indonesische Rechtssystem versagt insbesondere bei der Verfolgung von Menschenrechtsverletzungen und unterstützt die Kultur der Straflosigkeit.

Ingo Wandelt schreibt über das indonesische Militär:
„Wohl und Sicherheit sind zur Ware verkommen. Die Bevölkerung weiß, dass die Streitkräfte käuflich sind und dass man sie kaufen muss, will man persönliche Sicherheit gewährleisten.“
Freeport hat sich immer an diese Regel gehalten und nachweislich bereits Millionen in die Sicherheitskräfte der Timika-Region investiert.


Justizwesen
Vor Gericht gestellte Papua erwarten keine rechtsstaatlichen Prozesse. Verhandlungen finden typischerweise in einer Atmosphäre von Einschüchterung, Angst und Repression statt. Angeklagte in Polizeigewahrsam werden häufig von den indonesischen „Sicherheitskräften“ gefoltert und unter Druck gesetzt, um z.B. falsche Geständnisse zu erpressen. Der Kontakt mit Anwälten wird systematisch verhindert. Erst mit Hilfe von internationalem Druck werden von den Angeklagten gewählte Rechtsanwälte zugelassen und ist es möglich, dass die Anwälte Fragen stellen können und ihre Plädoyers zu Ende lesen dürfen.

Zeugen werden ebenfalls bedroht und eingeschüchtert. Auf einen Zeugen im Mordfall Theys Eluay wurde von einem indonesischen Sicherheitsbeamten ein Mordanschlag verübt. 2006 überfielen Polizisten eine Gruppe von Zeugen nach einer Gerichtsverhandlung und störten selbst die medizinische Behandlung von Verletzten. Zeugen verstecken sich daher oder gehen auf die Flucht, da sie Schlimmstes für sich und ihre Familien befürchten.
 


 

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