Vietnam 75: DMZ - 17. Breitengrad |
"Die
bemerkenswerten Tunnel von Vinh Moc stellen ein weiteres Beispiel für die
Hartnäckigkeit der Nordvietnamesen dar, mit der sie um jeden Preis und trotz
unglaublicher Schwierigkeiten im Krieg gegen Südvietnam und die USA standhalten
und siegen wollten. Die insgesamt 2.8 km langen Tunnel, die alle besichtigt
werden können, befinden sich - anders als die Tunnel von Cu Chi - in ihrem
Originalzustand. ..........
1966 begannen die Dorfbewohner von Vinh Moc angesichts der ununterbrochenen
amerikanischen Luft- und Artillerieangriffe, denen die kleinen
Familienschutzanlagen nicht gewachsen waren, mit dem Bau von Tunneln. Sie gruben
sich mit bloßen Händen in die rote Tonerde hinein und tarnten die ausgehobene
Erde, um eine Entdeckung auf der Luft zu verhindern. Nach 18 Monaten harter
Arbeit lebte das gesamte Dorf mit 1200 Einwohnern unter der Erde. Die
Erwachsenen verließen die Anlage, um zu fischen oder auf dem Feld zu arbeiten;
die Alten und Kinder blieben die ganze Zeit in den Tunneln. Versorgungsgüter
wurden mit Fahrrädern oder Booten ins Dorf geschafft.
Später wurden Kinder und alte Leute evakuiert, während zu den jungen Leuten, die
weiterhin fischten und pflanzten, Soldaten kamen, deren Aufgabe es war, die
Kommunikations- und Versorgungslinien zur nahegelegenen Insel CON CO
aufrechtzuerhalten. 1969 begannen die Menschen wieder über dem Erdboden zu
leben, mußten jedoch von 1972 bis 1973 in die Tunnel zurückkehren. Insgesamt
gelangten 11500 Tonnen Versorgungsgüter zur Insel Con Co, und weitere 300 Tonnen
wurden dank der Tunnel von Vinh Moc nach Süden verschifft.
Auch in anderen Dörfern der Gegend wurden Tunnelanlagen gebaut, keine war
allerdings so ausgedehnt wie die von Vinh Moc. Die schlecht konstruierten Tunnel
des Dorfs VINH QUANG an der Mündung des Ben Hai wurden von Bomben zum Einsturz
gebracht, wobei alle Schutzsuchenden zu Tode kamen.
Das Tunnelsystem von Vinh Moc sieht im wesentlichen so wie vor 20 Jahren aus,
auch wenn einige der 12 Eingänge - davon befinden sich 7 am Palmenstrand - neu
gebaut wurden und andere zugewachsen sind. Die Tunnel sind 1.2 m breit und 1.2
bis 1.7 m hoch und wurden in drei Ebenen, 15 bis 26 m unter dem Kamm des
Steilufers, angelegt. Die unterste Ebene wurde vom Militär genutzt.
Auf beiden Seiten der Gänge befinden sich winzige Räume mit gewölbten Decken, in
denen jeweils eine Familie unterbracht war. Wasser wurde aus Brunnen gewonnen;
der Grundwasserspiegel liegt nur 5 m unter dem tiefsten Tunnel. Mittelpunkt der
Anlage ist ein langer, schmaler Raum in der mittleren Ebene. Er wurde als Lager
und Versammlungsort genutzt und faßte 150 Personen. Man traf sich dort, um zu
singen oder, ab 1972, Filme anzuschauen. Ab 1972 gab es auch elektrisches Licht.
Unter der Erde gab es eine Klinik mit einer Entbindungsstation. Im Laufe der
Jahre wurden 17 Kinder in den Tunneln geboren.
Die Anlage wurde wiederholt von amerikanischen Bomben getroffen, aber die
einzige Waffe, die eine echte Bedrohung darstellte, war die gefürchtete drilling
bomb, die sich vor der Detonation in den Boden hineinbohrte. Nur einmal traf
eine solche Bombe genau, explodierte aber nicht, so daß niemand verletzt wurde.
Die Tunnelbewohner nutzten das entstandene Loch als Luftschacht. Gelegentlich
wurden die Ausgänge am Meer von Schiffsgeschützen getroffen.
Vor der Küste liegt die von Vegetation bedeckte Insel CON CO, die während des
Kriegs ein wichtiges Versorgungsdepot war. Heute befindet sich auf der von
Felsenstränden umgebenen Insel ein kleiner Militärstützpunkt. Die Fahrt mit
einem motorisierten Fischerboot von Vinh Moc nach Con Co dauert 2 1/2 bis 3
Stunden."
(entnommen aus: Cummings/Robinson - Vietnam, Laos, Kambodscha (Traveller Handbuch) Berlin 1991 S.355/356)
© Hans-Peter Grumpe |
Bilder mit * wurden 2021 hinzugefügt