1. Die Frühphase der Kriegsgefangenenbeschäftigung
Für eine effiziente Gestaltung des Gefangenenwesens wurde auf
Weisung
des Kriegsministeriums im Oktober 1914 die Einrichtung von
Inspektionen
für Kriegsgefangenenlager bei allen stellvertretenden
Generalkommandos
verfügt5 In deren Aufgabenbereich lag die Festlegung
einer Strategie für
das Gefangenenwesen, insbesondere die adäquate Beschäftigung der In-
haftierten. Gemäß der Haager Landkriegsordnung konnten internierte
Mannschaften und Unteroffiziere zu Arbeiten - eventuell auch
zwangsweise
- herangezogen werden. Die ersten Kriegsgefangenen mussten im Herbst
und Winter 1914/15 beim Aufbau der Unterkünfte und
Lagereinrichtungen
mitarbeiten und beim Anlegen von Verkehrswegen (Wege, Straßen und
Eisenbahnschienen) zum Lager Dienste leisten. Nachdem eine
Lagerstruk-
tur geschaffen worden war, die den Existenzbedürfnissen der
Gefangenen
Genüge tat, wurden sie in den folgenden Monaten für gemeinnützige
Tätig-
keiten wie Kultivierungsarbeiten, Beschäftigungen im Eisenbahn-,
Wege-
und Straßenbau etc. eingesetzt. Der Arbeitseinsatz der Gefangenen
sollte
„dem demoralisierenden Einfluss der Untätigkeit Vorbeugen, die
nutzlose
Ernährung durch den Staat verhindern und die Arbeitskräfte in
wirtschaftli-
che Werte umsetzen"6 Mit der Zeit entwickelte sich
ein Netzwerk von
Stammlagern, Nebenlagern und zahllosen Arbeitskommandos zur Arbeits-
vermittlung von Kriegsgefangenen.
1.1 Erste Kriegsgefangene in Olpe
Der Stadtrat von Olpe hatte bei der Inspektion der
Kriegsgefangenenla-
ger des XVIII. Armeekorps Frankfurt7 im April 1915 ein
Arbeitskommando
für Kanalisations- und Wasserleitungsarbeiten angefordert. Mit
einiger Ver-
zögerung - das Gefangenenlager Meschede war zeitweise für eine
Gefan-
genengestellung gesperrt - traf das erste Arbeitskommando von
20 Franzosen, begleitet von zwei Wachleuten des I. Ersatz-Bataillons
Me-
schede, am 14. Juni 1915 in Olpe ein. Zuvor hatte ein Hauptmann aus
dem
Gefangenenlager die Örtlichkeiten für die Unterbringung der
Gefangenen
besichtigt.8 Es war vorgesehen, dass das Arbeitskommando
bis zur Fertig-
stellung der Arbeiten in Olpe bleiben sollte. Die Franzosen wurden
im ersten
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5 S. auch: Koch: Zwangsarbeitende
Kriegsgefangene (wie Anmerkung 1). S. 418.
6 Ebenda. S. 420.
7 Der Kreis Olpe gehörte zum Einzugsbereich des XVIII.
Armeekorps Frankfurt.
8 StdA Olpe: Akten A 463 |