Stefan Kleine: Arbeitskommandos in Olpe 5


 

 

  Jeder Kriegsgefangene, der auf ein Arbeitskommando im Inspektionsbe-
zirk gestellt wurde, erhielt sein persönliches Scheckbuch mit Namen und
Gefangenennummer, in das er die für seine Arbeit erhaltenen Scheckmar-
ken einkleben musste. Die Scheckmarken durften nur von Kaufläden und
Kantinen, die von der Inspektion oder der Lagerkommandantur als Ver-
kaufsstellen für Kriegsgefangene zugelassen worden waren, für Zahlung an
Geldes statt angenommen werden. Der Verkäufer musste darauf achten,
dass bei Bezahlung der Waren die Scheckmarken aus dem Scheckbuch
geschnitten wurden. Verboten war den Kriegsgefangenen der Kauf von
Waffen, ziviler Kleidung, die zur Flucht verwandt werden konnte, Briefmar-
ken und alkoholischen Getränken.12 In Olpe war das Geschäft der Witwe
Gummersbach als Verkaufsstelle für Kriegsgefangene anerkannt.13 Nament-
lich sollten in diesem Laden Wurst, Speck, Zucker und Tabak zu ortsübli-
chen Preisen angeboten werden.14 Der Gegenwert der verwendeten
Scheckmarken wurde dem Ladeninhaber von der Inspektion überwiesen,
nachdem diese die Marken mit einer genauen Liste der von den Kriegsge-
fangenen gekauften Artikel erhalten hatte.

  In einer Zeit, in der Handel und Gewerbe Umsatzeinbußen verzeichnen
mussten,15 war es allemal für einen Kaufmann erstrebenswert, für sein Ge-
schäft eine Lizenz als Verkaufsstelle für Kriegsgefangene zu erhalten, um
den Umsatzrückgang teilweise zu kompensieren. Im Stadtarchiv Olpe ist ein
Schreiben des Drogerieinhabers Bernhard Frerichmann erhalten, mit dem er
um eine Erlaubnis nachsuchte, auch an Kriegsgefangene verkaufen zu dür-
fen:
  „Olpe i. Westf., den 23. November 1915. An die Inspektion der Kriegsge-
fangenlagers, Frankfurt a. Main, Kettenhofweg 22 a. Ich erlaube mir hier-
durch die Inspektion zu bitten, mein Geschäft als Verkaufsstelle für die in
hiesiger Stadt und Umgegend beschäftigten Gefangenenkolonnen zu be-
stimmen. Veranlaßt werde ich zu dieser Bitte durch den Umstand, daß jetzt
schon aus meiner Drogerie - der einzigen am hiesigen Platze - von den
Gefangenen Specialartikel gewünscht werden, welche in anderen Geschäf-
ten nicht zu haben sind. Es kommen hauptsächlich folgende Waren in Be-
tracht, nämlich: condensierte Milch, kosmetische Artikel, Toilettesachen,
Seifen, Nähr- und Stärkungsmittel, Creme für aufgesprungene Hände, Hus-

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12 Diese Bestimmung wurde im Februar 1916 gelockert.
13 Westfälische Straße 34. In Olpe auch als „Obersten Gummersbach“ bekannt.
14 StdA Olpe: Akten A 463. Vertrag zur Gestellung von Kriegsgefangenen und Wachmannschaften.
15 S. auch: Kleine, Stefan: Die „Kriegsbriefe“ der Pfarrei St. Martinus als Quelle zur Geschichte der Stadt Olpe im Ersten Weltkrieg. In: OGG 22 (2014) S. 31.