Stefan Kleine: Arbeitskommandos in Olpe 6


 

   

tentabletten u.s.w., die ich als Specialität in meinem Geschäft führe. Da ich
die hier bereits eingerichteten Verkaufsstellen mit dem Umtausch der Mar-
ken nicht belästigen kann, auch nicht weiß, ob solche dazu bereit sind, bitte
ich auch mein Geschäft als Verkaufsstelle zu bestimmen. Behördlicherseits
sind Einwendungen nicht vorhanden. Ich sehe einem zusagenden Beschei-
de entgegen und verharre Hochachtungsvoll ergebenst
  Bernh. Frerichmann."
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  Wenn auch diesem Antrag ein abschlägiger Bescheid erteilt wurde - mit
der Begründung, die bereits vorhandene Verkaufsstelle genüge für das Ar-
beitskommando - so ist dieses Schreiben aber doch belangvoll, weil es uns
die Kriegsgefangenen mit ihren alltäglichen Bedürfnissen näherbringt. Das
Scheckmarken-System zur Bezahlung der Einkäufe der Gefangenen und
das Verbot von Bargeld sollten in erster Linie verhindern, dass sich die In-
ternierten Gegenstände beschafften, die ihnen bei einer Flucht hilfreich ge-
wesen wären. Um das Entfliehen der Inhaftierten zu erschweren, trugen sie
während der Arbeit ihre Kleidung aus dem Gefangenenlager. Falls ihnen
vom Arbeitgeber Arbeitskleidung gestellt wurde oder sie Zivilanzüge trugen,
mussten die Hosen- und Ärmelnähte mit einem 3 cm breiten roten Ölan-
strich versehen werden, um sie deutlich als Kriegsgefangene zu kennzeich-
nen.

  Noch weitere Pflichten hatte die Stadtverwaltung als Arbeitgeber aus
dem Gestellungsvertrag mit der Inspektion der Kriegsgefangenenlager zu
erfüllen. Sie war gehalten, für die Instandhaltung der Kleidung und des
Schuhzeugs des Arbeitskommandos zu sorgen; ein schlechter Zustand der
Gefangenenkleidung beim Eintreffen des Arbeitskommandos sollte - wie bei
einer Wareneingangsprüfung - sofort gerügt werden, um eventuelle An-
sprüche der Inspektion abweisen zu können.17 Weiterhin musste die Stadt
Olpe die Haftpflicht gegenüber Dritten für Handlungen der Kriegsgefange-
nenarbeiter übernehmen. Aus diesem Grunde wurde bei der Germania-
Lebensversicherung-Aktien-Gesellschaft zu Stettin eine Haftpflicht-Versi-
cherung mit einer Laufzeit von drei Monaten für eine Prämie von 60 Mark
abgeschlossen.18 Sicherlich lag es im Interesse der Stadt Olpe, alle Aufla-
gen und Sicherheitsvorschriften der Inspektion der Kriegsgefangenenlager
zu erfüllen, denn dem Arbeitnehmer war es vorbehalten, „bei einem Verstoß
seitens des Arbeitskommandos gegen die militärische Zucht und Ordnung

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16 StdA Olpe: Akten A 463
17  Weiter unten wird auf einen derartigen Fall bei der Beschäftigung ukrainischer Gefangener eingegangen.
18  StdA Olpe: Akten A 463. Haftpflicht-Versicherung der Germania-Lebensversi-
cherung-Aktien-Gesellschaft zu Stettin. Versicherungs-Schein Nr. H-29299.