Stefan Kleine: Arbeitskommandos in Olpe 7


 

 

oder die öffentliche Sicherheit19 jederzeit die Kriegsgefangenen ohne Ent-
schädigung zurückzuziehen.

Die Ernährung der Kriegsgefangenen blieb während des gesamten Krie-
ges problematisch. Das Deutsche Reich war durch die Seeblockade Eng-
lands von seiner Lebensmitteleinfuhr abgetrennt und musste rigoros den
Verbrauch einschränken. Im Sommer 1915, zur Zeit des ersten Auftretens
der Kriegsgefangenen in Olpe, waren im Rahmen der Sparmaßnahmen
Produktionsvorschriften für Nahrungsmittel in Kraft. Das K-Brot (Kriegsbrot),
gebacken aus Roggenschrotmehl unter Beimischung von Kartoffelmehl, war
rationiert und nur mit Brotkarte zu erhalten. Alle Lebensmittel waren im Preis
rapide gestiegen, und bei manchen herrschte schon eine erschreckende
Knappheit.20 Angesichts dieses Mangels waren Eier, Butter, Vollmilch, Erb-
sen, Linsen, Reis, Teigwaren und Büchsenkonserven als Kriegsgefange-
nenkost verboten.21 Die Brotmenge eines Internierten war auf 300 g täglich
festgesetzt, überdies konnten Schwerarbeiter Brotzulagen erhalten. Als
Brotaufstrich diente lediglich Marmelade und Kunsthonig, Fett kam nicht in
Frage. Die Inspektion der Kriegsgefangenlager stellte den Bewerbern für die
Arbeitskommandos Merkblätter zur Ernährung der Kriegsgefangenen und
exemplarische Speisekarten zur Verfügung. Als tägliche Nahrungsricht-
schnur war pro Person festgelegt: 550 g Kohlenhydrate, 100 g Eiweiß und
35 g Fett. Drei Hauptmahlzeiten waren für die Kriegsgefangenen empfohlen.
Zum Frühstück sollte Brot mit Kaffee-Ersatz, Kakao oder Tee mit etwas
Zucker gereicht werden. Ersatzweise konnte auch eine Suppe aus 65 g
Kartoffelmehl, 30 g Sojamehl und 5 g Fett vorgesetzt werden. Zur Mittags-
kost waren 600-1000 g Kartoffeln und 200-300 g frisches oder eingemach-
tes Gemüse22 vorgesehen. Als Beilage zum Mittagessen wurde an drei Ta-
gen in der Woche Frisch- oder Pökelfleisch in der Menge von jeweils 100 g
angeraten. Für zwei weitere Wochentage wurden 150 g Klippfisch oder
200 g Salzfisch als Beikost vorgeschlagen. An den zwei übrigen Tagen gab
es mit wenig Fett zubereitete Hülsenfrüchte als Ergänzung. Die Abendmahl-
zeit bestand zumeist aus 600-800 g Pellkartoffeln mit 150 g Hering oder
100 g Wurst bzw. 100 g Käse. Alternativ konnten ein Kartoffelsalat, eine
Kartoffelsuppe mit Graupen und Sojamehl oder ein Grießbrei vorgesetzt

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19  StdA Olpe: Akten A 463. Vertrag zur Gestellung von Kriegsgefangenen und
Wachmannschaften.

20 Stolper, Gustav: Deutsche Wirtschaft seit 1870. Fortgeführt von Karl Häuser und
Knut Borchardt. 2. ergänzte Auflage. Tübingen 1966. S. 74.

21 StdA Olpe: Akten A 463. Inspektion der Kriegsgefangenenlager. Merkblatt für die
Ernährung der Kriegsgefangenen, 1916.

22 Dieses konnte durch 30-40 g Trockengemüse ersetzt werden.