Knapp zwei Monate später, im Oktober
1915, traf ein neues Arbeits-
kommando, das ebenfalls für Wasserleitungs- und
Kanalisationsarbeiten
angefordert worden war, mit dem Zug in Olpe ein. Diesmal handelte es
sich
um 20 kriegsgefangene Ukrainer aus dem Lager Wetzlar, die von zwei
Wachleuten aus Meschede begleitet wurden. Erstaunlicherweise mussten
nach wenigen Wochen Arbeit die Schuhe der Mehrzahl der Gefangenen
neu
besohlt und ausgebessert werden. Es ist unklar, ob die
Arbeitsumgebung für
diesen Missstand verantwortlich war. Die Inspektion der
Kriegsgefangenla-
ger übernahm die Kosten der Ausbesserung teilweise und
argumentierte:
„... War das Schuhwerk der Gefangenen bei Ankunft nicht in gutem Zu-
stande, so hätten Sie sofort unter Bescheinigung des Wachthabenden
Be-
schwerde führen müssen. Eine Feststellung, ob Mängel im bedeutenden
Umfange damals vorhanden waren, ist jetzt umsoweniger möglich, als
durch
die Art der Arbeiten eine schnelle Abnutzung des Schuhzeuges ja
durchaus
im Bereich der Möglichkeit liegt.“29
Im Herbst 1915 war es kaum noch möglich, Kriegsgefangene für ge-
meinnützige Notstands- und Infrastrukturmaßnahmen zu bekommen. Ge-
nehmigt wurden von der Inspektion der Kriegsgefangenenlager
lediglich
noch Arbeitskommandos für ganz dringende Tätigkeiten. Als nach
wenigen
Monaten eine externe Prüfung der Gefangenenarbeit in Olpe durch die
In-
spektion offenbarte, dass die Stadtverwaltung die Ukrainer über
mehrere
Wochen zur Erweiterung eines Exerzier- und Sportplatzes für die
Jugend-
wehr eingesetzt hatte - was nicht im Sinne der veränderten
Beschäfti-
gungspolitik für Kriegsgefangene war -, führte dieser Verstoß zu
einer Ab-
mahnung durch die Inspektion:
„Infolge der Knappheit an Kriegsgefangenen ist bestimmt worden, dass
diese nur noch zu den notwendigsten Arbeiten Verwendung finden
dürfen.
Gemeinnützige Arbeiten, die nicht als dringend bezeichnet werden
können,
zählen hierzu nicht. Wenn auch die Inspektion bereit ist, aufgrund
des schon
stattgehabten Schriftwechsels die Notwendigkeiten der zur
Herstellung der
Wasserleitung vorzunehmenden Arbeiten anzuerkennen, so kann sie doch
dem Anlegen eines Exerzier- und Spielplatzes für die Jugendwehr
nicht das
Mass der Dringlichkeit zusprechen, das für die Beschäftigung von
Kriegsge-
fangenen jetzt erforderlich ist. Die Inspektion kann deshalb die
Kriegsgefan-
genen nicht zu diesem Zwecke belassen und ersucht um Mitteilung, an
wel-
chern Tag die Ablösung von 10 Mann vorgenommen werden kann." 30
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29 StdA Olpe: Akten
A 463. Brief der Inspektion der Gefangenenlager vom 17.1.1916.
30 StdA Olpe: Akten A 463. Schreiben der Inspektion der
Gefangenenlager vom 29.1.1916
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