„Olpe, 25. August. Letzhin konnten wir von der
Uebergabe des Neubaus
der Reichsbanknebenstelle berichten. Daß die Bautätigkeit in Olpe
aber
auch jetzt trotz der zahlreichen Einberufenen nicht ruht, zeigen die
großen
Fortschritte, die man beim Neubau des Pallottinerklosters im
Osterseifen
beobachten kann. Wenn mit dem Bau des gewaltigen Hauptgebäudes in
der
Hauptsache auch erst nach dem Winter begonnen werden soll, so ist
das an
dem linken Flügel grenzende Oekonomiegebäude36 doch schon
jetzt unter
Dach und Fach. Zur Zeit ist man mit dem Asphaltieren des Daches,
Trep-
penbauten und Arbeiten ähnlicher Art beschäftigt. Die Erdarbeiten
für die
Errichtung des Hauptgebäudes gehen ebenfalls trotz der
Schwierigkeiten
wegen des steinigen Untergrundes und des Mangels an geeigneten
Arbeits-
kräften den Umständen entsprechend gut voran.“37
Es ist auffallend, dass die Zeitung die Mitarbeit der Internierten bei
den
Bauten in Olpe verschwieg. Möglicherweise hielt man die
Unterstützung
durch die Kriegsgefangenen für selbstverständlich und nicht
erwähnenswert.
Ohnehin begegnete die Bevölkerung, der jeglicher Kontakt zu den
Kriegsge-
fangenen untersagt war, ihnen überwiegend wachsam und argwöhnisch.
Überall witterte man Fluchtgefahr und Spionage, was durch die Art
der Be-
richterstattung in den Medien noch gesteigert wurde. Im Folgenden
wurde
eine im Grunde harmlose Begebenheit im Olper Land vom „Sauerländi-
schen Volksblatt“ zu einer anstößigen Fluchtgeschichte dramatisiert:
„Olpe 1. Dez. Auf dem Wege von Rhode nach Olpe begegnete am Sonn-
tag abend gegen 9 Uhr der Polizeisergeant Petri einem Pärchen. Beim
Nä-
herkommen versuchte die das Mädchen begleitende Mannesperson in ge-
bückter Stellung an Petri vorbeizukommen, was Anlaß zu Verdacht gab.
Als
P. daraufhin den Mann festnahm, stellte sich heraus, daß es sich um
einen
französischen Kriegsgefangenen handelte, der an einem Neubau dort
be-
schäftigt ist. Es ergab sich später, daß der Franzose fließend
deutsch
sprach, und daß er wahrscheinlich sich mit Hilfe des Mädchens zu
entflie-
hen gedachte. Er wird wieder zum Gefangenenlager nach Meschede ge-
bracht werden, um dort für seinen Fluchtversuch zu büßen. Für das
törichte
Mädchen, das in so würdeloser, undeutscher Weise handelte, dürfte
die
Angelegenheit noch böse Folgen haben. Die Strafen sind bekanntlich
mit
vollem Recht sehr hart.“38
Ein solcher Artikel kann mit Recht als „meinungstragend“ gebrandmarkt
werden; dennoch gab es in jener Zeit Personen, denen der gesunde
Men-
schenverstand nicht abhandengekommen war und die sich von einer
derar-
-----------------------------
36 Heute: Gebäude des Jugendhofs in seiner
ursprünglichen Gestalt.
37 SV vom 26.8.1915.
38 SV vom 2.12.1915.
|