Kriegsgefangenen nur als billige Arbeitskraft, die man für seine
Zwecke
ausnutzen konnte, wobei man sie bis an den Rand der totalen
Erschöpfung
arbeiten ließ und die Kosten für ihre Verpflegung möglichst gering
hielt. Die
Inspektion der Kriegsgefangenlager ermahnte oftmals die Arbeitgeber,
die
Arbeitskommandos human zu behandeln, damit sie nicht arbeitsunwillig
würden und entflöhen.61 Neben der Finanzierung von Unterkunft und Verpflegung musste der
Arbeitgeber den Kriegsgefangenen pro Tag eine geringe Abfindung in
Scheckmarken62 zahlen. Für Fällungsarbeiten in der
Forstwirtschaft konnte
je nach Ermessen auch ein Akkordlohn-System eingeführt werden. Es
war
dem Arbeitgeber zudem erlaubt, die Kriegsgefangenen in seinem
eigenen
Haus unterzubringen. Innerhalb der Gemarkung des Hofes arbeiteten
die
kleinen Gruppen fast ohne Bewachung; außerhalb wurden sie von einer
Zivilperson begleitet, die einen von der Kommandantur des
Stammlagers
ausgestellten Ausweis benötigte. Verständlicherweise bevorzugten die
Kriegsgefangenen die Kommandos, bei denen sie in der Landwirtschaft
beschäftigt wurden.63 Anträge einzelner Landwirte zur
Gestellung von
Kriegsgefangenen mussten an das Landratsamt gesendet werden, das
die-
se zu einem Sammelantrag an die Inspektion bündelte. Der zukünftige
Ar-
beitgeber hatte u.a. anzugeben, ob Familienmitglieder, Verwandte
oder
Knechte in der Landwirtschaft mitarbeiteten, wie groß die zu
bewirtschaften-
de Fläche war, welcher Bestand an Nutzvieh vorhanden war etc. Diese
Mit-
teilungen wurden verlangt, um - bei der großen Nachfrage - die
Arbeitskräf-
te nur den Landwirten zuzuweisen, die diese unbedingt benötigten.
Z.B.
wurde für jeden gefallenen oder an der Front stehenden
Familienangehöri-
gen, der in der Landwirtschaft der Familie tätig war und nicht
anderweitig
ersetzt werden konnte, stets ein Kriegsgefangener als Ersatz
zugebilligt.64
Im Sommer 1916 machte sich die Lebensmittelknappheit mehr und mehr
bemerkbar. Die anhaltenden Regenfälle ließen eine extrem schlechte
Kar-
toffelernte vermuten, so dass sich das Kriegsministerium genötigt
sah, die
täglichen Kartoffelrationen für einen Kriegsgefangenenarbeiter von
750 auf
500 g einzuschränken bzw. von 1500 auf 750 g für Schwerarbeiter.
Zucker
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61 StdA Olpe: Akten A 463. Schreiben der
Inspektion der Gefangenenlager vom
27.3.1916.
62 Das Scheckmarkensystem lief zum Jahresende 1916 aus.
Fortan war die Abfin-
dung für die Kriegsgefangenen in bar oder mit
Kriegsgefangenen-Papiergeld zu
entrichten.
63 Vgl.: Neuhaus: Die „Notizen“ (wie Anm. 3). S. 290.
64 StdA Olpe: Akten A 464. Inspektion der
Kriegsgefangenenlager XVIII. Armee-
korps; Brief vom 16.6.1916. |