Nachdem der Bürgermeister darauf
Zeugen zur Klärung des Sachver-
halts vernommen hatte, konnte er die Bedenken des Landrats
zerstreuen: „In nebenstehender Angelegenheit ist folgendes festgestellt worden: In
der Nacht vom 31. Dezember 1915 zum 1. Januar 1916 haben sich drei
Frauenspersonen in dem von den kriegsgefangenen Franzosen bewohnten
Gebäude aufgehalten, jedoch nicht bei den Gefangenen, sondern bei
den
Wachleuten. Die Namen der drei Personen konnten nicht festgestellt
wer-
den. Es wird vermutet, daß es Emma Rogge, Theresa Mund und Agnes
Dornseifer hier selbst gewesen sind, die mit den Wachtleuten in
regem Ver-
kehr gestanden haben sollen. Die Firma Lütticke hat, nachdem sie von
dem
Vorfall Kenntnis erhalten hat, die Ablösung der betreffenden
Wachmann-
schaft veranlaßt. Als Frauenspersonen, die in Herrenkleidung
umhergegan-
gen sind, kommen in Betracht:
1) die bei Herrn Gerlach in Beschäftigung stehende Köchin Anna
Schlösser.
2) die fühere Haushälterin des Fabrikanten Lütticke namens Paula
Müller.
3) Fräulein Johanna Allebrodt hier.
Diese haben sich einen Scherz erlauben wollen, indem sie Bekannte,
nicht aber die Kriegsgefangenen, besucht haben. Anläßlich der
Hochzeit
des Fabrikanten Richard Lütticke sind die kriegsgefangenen Franzosen
mit
einem Abendessen, einigen Zigarren und mit je einer Flasche Bier
bewirtet
worden.“88 Damit waren die Gerüchte aus der Welt
geschafft.
Ab August des Jahres 1917 mussten Kriegsgefangenenarbeiter in In-
dustriebetrieben, die den Vorschriften der
Reichsversicherungsordnung
unterlagen, auch zur Unfallversicherung angemeldet werden.89
Die Versi-
cherungsbeiträge waren für die Unternehmer zu verschmerzen, wenn man
bedenkt, welche Kostenersparnis ihnen der Einsatz der
Kriegsgefangenen
brachte. Arbeitsunfälle der Gefangenen in den Olper
Industriebetrieben sind
nicht auszuschließen, konkrete Belege dafür konnten allerdings nicht
gefun-
den werden. Tatsächlich waren im Ersten Weltkrieg Arbeitsunfälle in
Indust-
rie und Bergbau durch mangelnde Arbeitssicherheit an den
Arbeitsplätzen
und Überanstrengung der Kriegsgefangenen durch schwere Arbeit und
lan-
ge Arbeitszeiten an der Tagesordnung. Die Kriegsgefangenen litten
häufig
unter Krankheiten und körperlichen Beschwerden, die die
Arbeitsfähigkeit
kurzzeitig beeinträchtigten. In der Zeit von Dezember 1917 bis März
1918
wurden vom Apotheker Joseph Streffing an 15 Kriegsgefangene in der
Stadt
Olpe Medikamente verabreicht.90 Ein länger erkrankter
Kriegsgefangener,
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88 Ebenda.
89 Reichsgesetzblatt. Jahrgang 1917. Nr. 145. Gesetz über
Fürsorge für Kriegsge-
fangene (15.8.1917).
90 StdA Olpe: Akten A 463.
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