Stefan Kleine: Arbeitskommandos in Olpe 28


 

der bei den Rheinisch-Westfälischen Kupferwerken arbeitete, wurde ins
Lazarett des Lagers Meschede gebracht. 91

  Die Beschäftigung von Kriegsgefangenen bei Handwerksbetrieben in
Olpe ist deutlich besser dokumentiert. Um einen Handwerker von der In-
spektion zugewiesen zu bekommen, musste der Arbeitgeber mit einer amtli-
chen Bescheinigung nachweisen, dass er sich zuvor bei örtlichen Arbeits-
vermittlungen erfolglos um die benötigten Arbeitskräfte bemüht hatte.92
Wurde ihm ein Facharbeiter zugesagt, so erfolgte dessen Überstellung mit-
tels eines Wachmanns an die Stadt Olpe, die den Gefangenen an den Be-
trieb weiterleitete. In den letzten beiden Kriegsjahren fehlte es oft an Be-
gleitmannschaften für Gefangene, und so fiel es in den Zuständigkeits-
bereich des Stadtrats von Olpe, die Inhaftierten aus den Lagern durch einen
Hilfswachmann abzuholen. Der Handwerksbetrieb bezahlte für seinen
Kriegsgefangenenarbeiter einen Nettolohn, der weit unter dem Lohn eines
deutschen Arbeiters lag, etwa die Hälfte davon erhielt der Gefangene als
Abfindung, der Restbetrag wurde an die Inspektion der Kriegsgefangenen-
lager überwiesen. Angesichts solcher Ersparnisse hatte selbstverständlich
der Arbeitgeber für Unterkunft und Verpflegung seines Handwerkers zu
sorgen. Zum Beispiel war für einen französischen Bäcker, der im Jahr 1917
in einer Olper Bäckerei arbeitete93, ein täglicher Nettolohn von 1,50 Mark
festgesetzt worden, von dem der Arbeiter 80 Pfennige als Abfindung in Ge-
fangenen-Papiergeld erhielt. Wenn man ca. 3 Mark für Unterkunft und Ver-
pflegung täglich in Anrechnung bringt, betrug der Bruttolohn in diesem Fall
4,50 Mark pro Tag, gegenüber durchschnittlich zehn Mark für einen deut-
schen Facharbeiter in dieser Zeit.94 1917/18 wurden die Abfindungen für die
Kriegsgefangenen erhöht, doch real waren sie aufgrund der höheren Inflati-
onsrate gesunken.
------------------------------------------------
91 StdA Olpe: Akten A 464. Anzeige der Rheinisch-Westfälischen-Kupferwerke vom
29.8.1917 über Austausch des erkrankten französischen Kriegsgefangenen Jean
Bruynol.
92 StdA Olpe: Akten A 464. Schreiben des Kriegsministeriums Nr. 665/12. 15. UK
vom 18.12.1915.
93 Die Bäckerei wurde geleitet von Witwe Wilhelm Esser (StdA Olpe: Akten A 463.
Schreiben der Inspektion der Kriegsgefangenenlager, XVIII. Armeekorps. Vertrags-
Nr. 3221/2626).
94 S. auch: Wehler, Hans-Ulrich: Deutsche Gesellschaftsgeschichte. Bd. 4: Vom
Beginn des Ersten Weltkriegs bis zur Gründung der beiden deutschen Staaten.
1914-1919. 3. Auflage. München 2008.S. 81-82.