„Am Morgen des 20. März 1945 rief Wetzling bei Klönne an und bat ihn, bei der Auswahl eines geeigneten Erschießungsplatzes zu helfen. Sie fuhren zu dem von Klönne schon früher erwähnten Platz im Langenbachtal. Der Mordplatz war eine Lichtung, etwas von der durch das Tal führenden Straße entfernt. Gegen Abend befahl der Angeklagte Anhalt, dem Hauptwachtmeister der Stabsbatterie, ein etwa 15 Mann starkes bewaffnetes Sonderkommando zusammenzustellen. Dieses hatte sich gegen 22 oder 23 Uhr beim Amtsgericht in Warstein zu melden. Beim Eintreffen der Kommandos waren Wetzling, Klönne und eine untergeordnete SS-Charge anwesend. Den Soldaten wurde der Tötungsbefehl verkündet. Dabei wurde auf die angebliche Gefahr, die von den Zwangsarbeitern ausgehen würde, hingewiesen. Die Tötung diente demnach dem Schutz der Bevölkerung. Hingewiesen wurde auch auf die schlechte Ernährungslage. Wetzling versäumte nicht, auf die ,Greueltaten der Roten Armee’ und die schweren Luftangriffe der Alliierten hinzuweisen. Lobend erwähnte er die Bereitschaft von Klönne, sich der Aktion freiwillig anzuschließen. Gegen den Protest Klönnes, der durch die Nähe der Straße, eines Försterhauses und eines Müttergenesungsheimes wohl die Entdeckung fürchtete, wurde der Erschießungsort etwas verlegt. Wetzling verpflichtete die Beteiligten zur Geheimhaltung. Irgendeinen Widerspruch hat es nicht gegeben. [Fußnote: LG Arnsberg 12.2.1958, 3 Ks 1/57 S. 579 f.]
Ein Teil des Kommandos begab sich zum
Mordplatz. Dem schloss sich auch Klönne an. Der andere Teil mit Wetzling und
Anhalt fuhren zur Schützenhalle. Mit einer Dolmetscherin betraten sie gegen
Mitternacht die Halle. Es wurde den dort anwesenden bis zu 1000 Zwangsarbeitern
gesagt, wer arbeiten wolle, solle sich melden, er komme dann in ein anderes,
besseres Lager. Eine beträchtliche Gruppe von Internierten – unter ihnen viele
Frauen, eine sogar mit einem Kind – meldeten sich. Mit Blick darauf, dass ein
Großteil der Opfer Frauen waren, sagte Wetzling später: ,Ich habe dann auch sehr
darauf geachtet, dass bei der nächsten Exekution nur Männer erschossen wurden,
damit die Parität wieder hergestellt war ...’. Mit einem Lastkraftwagen wurden
die Zwangsarbeiter in mehreren Transporten ins Langenbachtal gefahren. Bei der
Mordstätte handelte es sich um eine Weide in einer Talmulde, etwa vier Kilometer
von Warstein entfernt. Die Zwangsarbeiter des ersten Transports wurden nach
ihrer Ankunft aufgefordert, ihre Habseligkeiten abzulegen. Klönne wurde
aufgefordert, sich zu entfernen. Zwei Posten hatten die Aufgabe, das Gelände vor
dem Hinzukommen fremder Personen abzuschirmen. Die Zwangsarbeiter verhielten
sich während der Geschehnisse sehr ruhig. Ihnen wurde befohlen, sich zu zweit
oder dritt nebeneinander zu stellen. Die Soldaten traten links neben die
Zwangsarbeiter. So wurde die Gruppe von der Straße an den eigentlichen
Tötungsort geführt. Auf ein Signal hin eröffneten die Soldaten das Feuer auf die
neben ihnen befindlichen Menschen. In kurzer Zeit war der Befehl ausgeführt.
Nach vollbrachter Tat marschierte das Erschießungskommando wieder zur Straße
zurück. In ähnlicher Weise erfolgte auch die Ermordung der Angehörigen der
folgenden Transporte. Beim letzten Transport löste sich vorzeitig ein Schuss.
Dies führte bei den Gefangenen zu Unruhe. Sie schrien, und einige versuchten
vergeblich zu fliehen. Ein Zwangsarbeiter, der in Richtung der Straße flüchten
wollte, wurde auf Zuruf Wetzlings vom Angeklagten Anhalt mit seiner
Dienstpistole erschossen.
Nach dem Ende der Tat hoben die Soldaten unter dem Kommando von Anhalt
Massengräber aus. Während der Bestattung fanden die Soldaten ein Mädchen von
etwa 18 Jahren, das noch lebte. Sie kamen dem Befehl, dieses zu töten, nicht
nach, worauf Anhalt sie als ,Feiglinge’ bezeichnete und das Opfer durch einen
Genickschuss zu Tode brachte. Die Gräber wurden zugeschüttet, und man versuchte
die sonstigen Tatspuren zu verwischen. Noch brauchbare Habseligkeiten der
Getöteten wurden auf den LKW geladen. Auch etwa 1000 Reichsmark an Bargeld
wurden eingesammelt."7
Zu Ernst-Moritz Klönne: „Nicht zur Division z.V. gehörte der Angeklagte ERNST MORITZ KLÖNNE. Dieser stammte aus einer bekannten Dortmunder Unternehmerfamilie. Er war Sohn des Unternehmers und früheren Reichstagsabgeordneten Moritz Klönne. Als mehrfach ausgezeichneter und verwundeter Wehrmachtsangehöriger war er 1943 vom aktiven Frontdienst zur Führerreserve genommen worden. Als solcher war er als Ausbilder tätig und diente bei der Organisationsabteilung des Oberkommandos des Heeres. 1944 wurde er zum Hauptmann der Reserve ernannt. Anfang 1945 wurde er zur Unterstützung der Leitung des Familienunternehmens unabkömmlich gestellt. Zum Tatzeitpunkt lebte er bei seinen Eltern in deren Wochenendhaus in der Nähe Warsteins. Nach kurzer Kriegsgefangenschaft kehrte er bereits 1945 nach Dortmund zurück, wo er Teilhaber des Familienunternehmens wurde. Auch er war verheiratet und hatte Kinder.“8
Sauerländische Zivilisten heben Einzelgräber aus für die am 3.5.1945
im Suttroper Massengrab aufgefundenen 57 ermordeten Menschen aus der Sowjetunion.
(U.S. Signal Corps – United States
Holocaust Memorial Museum Photograph 80471)
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7 - a.a.O., S. 30
8 - a.a.O., S. 21
9 - http://collections.ushmm.org/search/catalog/pa1085055 und https://commons.wikimedia.org/wiki/Category:Arnsberg_Wood_Massacre.....
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