Bis 1964 stand die Stele nahe am Ort des
Geschehens. Dann aber wurden die Toten samt Stele nach Meschede überführt, wie
alle Bürger der Sowjetunion, die in Warstein, Eversberg und in Suttrop ermordet
worden waren, nachts im Wald.
Nun habe ich die Toten gesucht und gefunden, an einem Ort, an dem diese Wörter
nicht zu finden sind. Nur eine Stele, die den gleichen Text trägt wie eine
zweite mit vier Seiten auf dem Friedhofder LWL, spricht von Verbrechen:
HIER RUHEN RUSSISCHE BÜRGER, BESTIALISCH ERMORDET IN FASCHISTISCHER GEFANGENSCHAFT.
EWIGER RUHM DEN GEFALLENEN DES GROSSEN VATERLÄNDISCHEN KRIEGES 1941 – 1945
Und so beklage ich an dieser Stelle, dass niemand unterscheiden kann zwischen
einer „Kriegsgräberstätte“, auf der deutsche Soldaten liegen, die vielleicht
auch fernab von der Heimat gestorben sind, auf fremdem Territorium, das man
ihnen zu erobern auftrug und deren Einwohner sie getötet oder zu Sklavendienst
gezwungen haben – und einer „Kriegsgräberstätte“, auf der eben solche
versklavten Menschen liegen, getötet von deutschen Soldaten nachts im Wald durch
Schüsse in den Kopf und ins Genick, wenige Tage vor ihrer bevorstehenden
Befreiung durch die US-amerikanische Armee.
Die Toten vom Langenbachtal liegen fernab von anderen Toten, auf einem kleinen
separaten Friedhof, „Franzosenfriedhof“ genannt, und es gibt keinerlei Hinweis
darauf, wer wo wodurch gestorben ist. Mit dieser Klage scheine ich weder allein
noch neu dazustehen: Im „Blickpunkt Meschede“ Nr.9 vom 5. Mai 1982 ist ein Photo
mit der Bildunterschrift abgedruckt: „Das Tor zum sogenannten
,Franzosenfriedhof’ zeigt das große Bild. Allerdings liegt hier kein Franzose
mehr begraben. Statt dessen ruhen hier neben Wasili Loboda (kleines Bild) viele
Osteuropäer, die im 2. Weltkrieg zwangsweise ins Sauerland deportiert wurden und
deren Schicksal ,UNBEKANNT’ bleibt.“
Aber so „unbekannt“ war „das Schicksal“ doch eigentlich 1982 gar nicht. Peter Bürger zitiert in seinem soeben auch gedruckt erschienen Buch „Sühnekreuz Meschede“ (14,90€) so viele Zeitungsartikel von damals, und über den Prozess in Arnsberg berichteten doch auch DER SPIEGEL, die ZEIT u.a. große Zeitschriften.
Wie kann es sein, dass auf diesem Friedhof nirgendwo erwähnt wird, dass hier die
208 meist sowjetischen Zwangsarbeiter liegen, die vom 20.-23. März 1945, wenige
Tage vor ihrer Befreiung, nachts ermordet worden sind: in Suttrop (35 Männer, 21
Frauen und ein Kind), im Langenbachtal bei Warstein (14 Männer, 56 Frauen und 1
Kind) und in einem Wiesengrund bei Eversberg (80 Männer)?
Und wie lange werden die Grabsteine noch Namen nennen können von diesen Männern,
Frauen und Kindern? Viele konnte ich schon jetzt nicht mehr lesen.
Hoffentlich können diese Grabsteine erhalten bleiben, und
hoffentlich wird bald eine Begleittafel angebracht, die über das Geschehene
informiert!
In Warstein steht im Langenbachtal ein Gedenkstein,
Text der Tafel am Gedenkstein: „Gedenkstätte ,Russenfriedhof’.
Am 20. März 1945 wurden hier im Langenbachtal 14 Männer, 56 Frauen und ein Kind
von einem SS-Sonderkommando grausam ermordet.
An dieser Stelle befanden sich von 1945 bis 1964 die Gräber dieser 71 unbekannten russischen Kriegstoten.
1964 erfolgte durch den Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge die Umbettung
auf den Waldfriedhof Fulmecke in Meschede. Stadt Warstein 1993“
und im Körtlingshausener Wald zwischen Suttrop und Rüthen auch.
Text der Tafel am Gedenkstein: „Am 21. März des Kriegsjahres 1945 wurden an dieser Stelle
57 Sowjetbürger, Männer, Frauen und ein Kleinkind, von SS-Schergen grausam ermordet.
,Doch die traurigen Zeilen wisch' ich nicht weg' - Puschkin"
Den Gedenkstein im Langenbachtal konnte ich nur mit Hilfe finden, weil nirgendwo auf ihn hingewiesen wird.
Auf die Gedenkstätte im Körtlinghausener Wald wird an der Straße zwischen Suttrop und Rüthen eigens hingewiesen.
Ein besonderes Erbe - Seite 4 |