Osterinsel 3 |
© H.-P. Grumpe
Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Moai
Moais (Einzahl: Moai, eigentlich Moai Maea = polyn.:
"steinerne Figur") werden die kolossalen Steinstatuen der Osterinsel genannt.
Sie sind Bestandteil größerer Zeremonialanlagen, wie sie ähnlich auch aus
anderen Bereichen der polynesischen Kultur bekannt sind. Das genaue Alter der
Figuren ist umstritten, mittlerweile gilt jedoch als gesichert, dass sie
keinesfalls älter als 1500 Jahre sind. Pater Sebastian Englert nummerierte und
katalogisierte 638 Statuen, im Museum der Osterinsel ist die Gesamtzahl mit 887
angegeben, vermutlich waren es jedoch ursprünglich über 1000.
Zeremonialplattform (s. auch Ahu)
Die
Moais stehen nicht isoliert, sondern sind Teil einer Zeremonialanlage, wie sie
ähnlich auch aus anderen Bereichen des Südpazifiks – zum Beispiel Marquesas,
Neuseeland, Tuamotu-Archipel, Bora Bora, Tahiti, Pitcairn u. a. – bekannt ist.
Dennoch sind die Anlagen der Osterinsel insofern einzigartig, als sie an Größe
alle anderen Bauwerke der Südsee weit übertreffen. Die typische Zeremonialanlage
der Osterinsel in klassischer Zeit lag in der Regel zwischen einem Dorf und der
Küste. Man geht heute davon aus, dass jedes Dorf, das jeweils von einer Sippe
oder Großfamilie bewohnt wurde, eine eigene Anlage errichtet hatte. Sie bestand
aus einem geebneten Platz und einer ansteigenden, mit Rollkieseln (poro)
gepflasterten Rampe, die zu einer rechteckigen Plattform (Ahu) führte, die in
megalithischer Steinsetzung so sorgfältig ausgearbeitet war, dass bei Anlagen
der Kulturblüte (zum Beispiel beim Ahu Tahira in Vinapu) auch heute noch keine
Messerklinge zwischen die Steine passt. Das veranlasste Thor Heyerdahl zu seinem
Vergleich mit den Inka-Mauern in Peru. Die riesigen Steinskulpturen waren auf
der Plattform mit Blick auf die davor liegende Ansiedlung – d. h. bis auf wenige
Ausnahmen mit dem Rücken zum Meer – aufgestellt. Die Figuren waren auf flachen,
zylindrischen, in den Ahu eingelassenen Fundamentsteinen aufgerichtet und
lediglich mit kleinen Steinchen verkeilt. Mörtel war auf der Osterinsel
unbekannt.
Zweck der Figuren
Trotz umfangreicher Forschungen ist der eigentliche Zweck der Statuen und die
genaue Zeit ihrer Errichtung immer noch umstritten. Man geht heute davon aus,
dass sie berühmte Häuptlinge (Ariki) oder allseits verehrte Ahnen darstellen,
die als Bindeglied zwischen diesseitiger und jenseitiger Welt fungierten. Dabei
bilden die Büsten konkrete Personen ab, die einstmals namentlich benannt werden
konnten. Aus Berichten früher Besucher der Osterinsel und der Tatsache, dass in
einigen Ahus Grabkammern gefunden wurden, ist auf einen mit den Anlagen
verbundenen Totenkult zu schließen. [2] In der klassischen Zeit der
Osterinsel-Kultur wurde der Verstorbene in Matten aus Tapa oder Totora-Schilf
gewickelt und ausgesetzt. In der Regel geschah das auf dem geebneten Platz vor
der Zeremonialanlage der Sippe. War nur noch das Skelett übrig, setzte man die
Knochen in einer ausgesparten Kammer des Ahu bei. Diese Form der Bestattung
wurde aber vermutlich nur privilegierten Personen zuteil. Die Grabanlagen wurden
von den aufgestellten Steinfiguren "bewacht".
Das Aussehen der ausschließlich männlichen Statuen ist auf den ersten Blick
gleichförmig. Der übergroße Kopf, ein Drittel der gesamten Figur, ist fein
ausgestaltet. Unter tief liegenden Augenhöhlen beherrscht eine große, sorgfältig
ausgebildete Nase das Gesicht. Ein breites, vorgeschobenes Kinn ergänzt den
verschlossenen Gesamteindruck. Bemerkenswert sind die Ohren mit ihren lang
gezogenen Ohrläppchen. Vereinzelt ist auch der Ohrpflock abgebildet. Die Figuren
enden unmittelbar unter dem Bauchnabel, bei einigen Statuen ist der Penis
angedeutet. Der Unterkörper ist nicht ausgeformt. Bei genauem Hinsehen erkennt
man die wechselnde Haltung der gewissenhaft gemeißelten, den Bauch bedeckenden
Hände. Die Figuren unterscheiden sich auch durch den individuell geformten
Lendenschurz-Knoten (nach abweichender Deutung Tatauierung) am unteren Rücken.
Diese Feinheiten sind jedoch nicht bei allen Figuren erhalten geblieben.
Es gibt Hinweise, dass einige der graubraunen Statuen ursprünglich mit einem
Pukao, einem zylinderförmigen Kopfaufsatz aus roter Gesteinsschlacke, versehen
waren. Im National Maritime Museum in Greenwich befindet sich ein 1775/76
entstandenes Gemälde von William Hodges, einem Teilnehmer der Cook-Expedition,
auf dem aufrecht stehende und mit einem Pukao bedeckte Moais abgebildet sind.
Wahrscheinlich stellen die Aufsätze eine (zeremonielle?) Kopfbedeckung oder
einen Haarknoten dar. Bisher wurden rund 100 Pukaos gefunden. Das ist, selbst
wenn man die unvollendeten Moais am Rano Raraku unberücksichtigt lässt, ein
deutliches Missverhältnis zur Zahl der Statuen. Eine statistische Analyse
belegt, dass Pukaos überwiegend bei kleineren (unbedeutenderen)
Zeremonialplattformen fehlen.[3] Es ist daher anzunehmen, dass nur Moais mit
einer besonderen Bedeutung ein Pukao aufgesetzt wurde.
1978 fand man bei Ausgrabungen am Ahu Naunau in Anakena im Osten der Osterinsel
ein aus weißem Korallenkalk geformtes Auge mit einer Iris aus roter
Gesteinsschlacke, das ursprünglich in die Augenhöhle einer Figur eingesetzt war.
Das Fundstück wird heute im Museum von Hangaroa aufbewahrt. Aus diesem Fundstück
und aus der Bearbeitung der Augenhöhlen mit einer „Auflagefläche“ am unteren Lid
kann man schließen, dass alle Moais der Zeremonialplattformen Augen hatten, die
offenbar erst nach dem Aufrichten hinzugefügt wurden, um sie „sehend“ zu machen.
Die Augenhöhlen der Statuen am Rano Raraku sind schlichter geformt, sodass man
vermutet, dass diese Figuren (noch) nicht fertiggestellt waren.
Es gibt Hinweise, dass einige der Statuen möglicherweise farbig bemalt waren.
Alfred Métraux fand an geschützter Stelle einer Figur am Ahu Vinapu Spuren von
roter und schwarzer Farbe. [4] Auch das im Britischen Museum stehende Exemplar
weist geringe Farbspuren in weiß und rot auf.
Trotz scheinbar gleichförmigen Aussehens war jede Figur individualisiert.
Geiseler berichtet, dass ein Dorfhäuptling jeden einzelnen Moai mit seinem Namen
benennen konnte, sogar die unvollendeten Statuen am Rano-Raraku. [5]
Einige wenige Moais sind zusätzlich verziert, zum Beispiel ist bei einer
unvollendeten Statue an Rano Raraku eine Schiffsdarstellung eingraviert.
Einzigartig ist der Moai mit dem Namen Hoa-haka-nana-ia. Die Figur wurde in
einem Haus der Kultstätte Orongo am Kraterrand des Rano Kao gefunden und steht
heute im Britischen Museum in London. Das Aussehen der nur 2,40 m großen, aus
hartem Basalt gefertigten Skulptur entspricht dem üblichen Typus. Die Rückseite
ist jedoch mit Darstellungen von Vogelmännern, Tanzpaddeln (Ao) und Vulven
bedeckt. Die Ethnologin Heide-Margaret Esen-Baur hält sie für das Hauptheiligtum
des Vogelmannkultes auf der Osterinsel. [6] Thor Heyerdahl vertrat die
Auffassung, dass die Figur als Prototyp aller Statuen der klassischen Periode
gedient habe.
Alter der Statuen
Das genaue Alter der Statuen ist mangels schriftlicher Aufzeichnungen auch heute
noch unbekannt. Es gibt Hinweise, dass sich die Steinmetzkunst bereits in der
ersten Besiedlungsphase der Osterinsel (deren Zeitpunkt je nach Lehrmeinung
unterschiedlich angesetzt wird, zwischen 400 und 1200 n. Chr.) entwickelte.
Vereinzelt wurden kleinere (ältere?) Steinstatuen von einem abweichenden Typus
gefunden. Die Synthese der ursprünglichen mit der Kultur der zweiten
Besiedlungswelle dürfte zur wesentlichen Vervollkommnung der Techniken ab etwa
1400 n. Chr. beigetragen haben, so dass anzunehmen ist, dass die heutigen
Kolossalfiguren ab diesem Zeitpunkt entstanden sind. Diese Theorie ist nicht
unumstritten, nach Thor Heyerdahl u. a. setzt die Entstehung der großen Moais
bereits zur Zeit der ersten Besiedlung, also zu einem viel früheren Zeitpunkt
ein. Außerdem lassen neuere genetische Untersuchungen Zweifel aufkommen, ob es
eine zweite Besiedlung der Osterinsel überhaupt gegeben hat.[8]
Mit der Radiokohlenstoffdatierung untersuchte Funde im Zusammenhang mit den
Zeremonialanlagen datieren von 931 (früheste Datierung, menschliches
Knochenfragment am Ahu Vinapu 1) bis 1812 (späteste Datierung, Holzkohle am Ahu
Huri a Hurenga). Der Schwerpunkt der Datierungen liegt in den Jahren zwischen
1400 und 1600 n. Chr.[9]
Herstellung
Bis
auf wenige kleinere Figuren aus archaischer Zeit, die aus anderen Gesteinen
hergestellt wurden, stammen alle Statuen der Osterinsel von den Hängen des
Vulkanes Rano-Raraku. Der Berg besteht aus einem weichen, mit Lapilli
durchsetzten Tuffstein. Mit Basalt-Hämmern (toki), von denen man einige
Exemplare im Museum von Hangaroa besichtigen kann, meißelten professionelle
Steinbildhauer - eine hoch angesehene Klasse in der Osterinsel-Gesellschaft -
die Statuen aus dem Gestein. Thor Heyerdahl hat experimentell bewiesen, dass
dies mit den einfachen Werkzeugen und realistischem Personaleinsatz in relativ
kurzer Zeit zu bewältigen war. Am Hang und im Krater des Rano-Raraku befinden
sich heute noch über 300 Statuen in den verschiedensten Stadien der Vollendung,
sodass der Herstellungsprozess unschwer zu rekonstruieren ist.
Die Größe der Figuren nahm vermutlich im Laufe der Zeit immer mehr zu. Am Rano
Raraku ist ein 21 Meter messender, allerdings unfertig gebliebener Moai
erhalten. Die größte aufgerichtete Figur am Ahu Te Pito Kura ist 10 Meter hoch.
Die durchschnittliche Größe der Statuen beträgt 5 bis 6 Meter, das geschätzte
Gewicht 20 bis 40 Tonnen.
Transport und Aufrichtung
Nach der Bearbeitung wurden die (halb-)fertigen Statuen den Hang des Rano-Raraku
an Seilen herunter gelassen. Noch heute sind am Kraterrand Löcher aufzufinden,
die zur Verankerung der Seile an Holzpflöcken dienten. Auf halber Höhe des
Hanges wurden die Statuen in Gruben stehend „zwischengelagert“, dort fertig
gestellt, fein bearbeitet und der Steg am Rücken vollständig entfernt. [10]
Zahlreiche mehr oder weniger fertige Statuen stehen heute noch dort.
Anschließend erfolgte der Transport zum endgültigen Bestimmungsort. Katherine
Routledge entdeckte regelrechte Transportrouten, sorgfältig geebnete, zum Teil
aufgeschüttete oder stellenweise sogar gepflasterte Wege, die vom Rano-Raraku in
alle Himmelsrichtungen führten. [11] Die Art und Weise des Transportes ist
umstritten. Die Überlieferung berichtet, die Moais seien auf Veranlassung
zauberkräftiger Personen bei Mondlicht aus eigener Kraft zum Ahu gegangen.
Inzwischen wurden verschiedene Verfahren experimentell nachvollzogen, sowohl der
liegende Transport mit Rollen, mit hölzernen Gleisen oder mit Schlitten als auch
der aufrechte Transport in einem Balkenkorsett. Prinzipiell haben sich alle
Verfahren als durchführbar erwiesen. Einen definitiven Beweis für die
Richtigkeit der einen oder anderen Methode konnte bisher niemand vorlegen. Am
Bestimmungsort wurden die Moais auf den Ahu gezogen und dort mit Hilfe einer aus
Steinen aufgeschichteten, provisorischen Rampe aufgerichtet. Wie bereits Thor
Heyerdahl demonstriert hat, ist dies mit ausschließlich archaischen Mitteln
möglich.
Die Moais am Rano Raraku
Rund um den erloschenen Vulkankrater Rano Raraku befinden sich etwa 300 Moais,
die heute meist bis zur Brust bzw. Halspartie in den Boden eingegraben sind. Die
Vielzahl dieser Statuen lässt sich alleine mit der „Zwischenlagerung“ für die
spätere Fertigstellung nicht erklären. Der deutsche Ethnologe Hans Schmidt
unterschied daher bereits 1927 den „Ahu-Typus“ und den „Raraku-Typus“ und
vermutete, dass überhaupt nicht beabsichtigt gewesen sei, die letzteren an einen
anderen Standort zu transportieren.[12] Dafür spricht auch, dass etwa 20 Statuen
im Innern der Caldera aufgestellt sind, ein Platz, der für den Weitertransport
zu den an der Küste gelegenen Ahus denkbar ungeeignet gewesen wäre. Catherine
Routlede hat eine dieser Statuen ausgegraben und festgestellt, dass deren Basis
keilförmig zugehauen war, im Gegensatz zur flachen und breiteren Basis der
Statuen auf den Ahus. [13]
Die amerikanischen Archäologen John Flenley und Paul Bahn haben aus den Befunden
die Theorie entwickelt, dass es verschiedene Klassen von Steinbildern gegeben
hat, je nach Arbeitsaufwand, den der Clan den professionellen Steinbildhauern
bezahlen konnte. Die „Billigversion“ der Ahnenverehrung wäre demnach die
Aufstellung des Moai am Rano-Raku gewesen, die wesentlich aufwendigere und
teurere, aber auch prestigeträchtigere Variante hingegen die Errichtung eines
Ahu in der Nähe des Dorfes sowie das Aufstellen von Moais auf der Plattform.[14]
Zerstörung der Zeremonialanlagen
Die Produktion der Statuen endete plötzlich, von einem Tag auf den anderen. Am
Rano Raraku konnten noch bis in die jüngste Zeit die liegen gelassenen
Steinwerkzeuge aufgefunden werden. Der Ethnologe Thomas Barthel von der
Eberhard-Karls-Universität Tübingen liefert dafür eine schlüssige Erklärung: Die
Errichtung großtechnischer Bauwerke setzt eine Vorrats- und Überschusswirtschaft
voraus, d. h. die Arbeitskräfte für die Produktion der Moais und den Bau der
Kultplattformen mussten weitgehend von der täglichen Nahrungsbeschaffung
freigesetzt werden. Eine Verletzung der Distributionsregeln zwischen den
Handwerkern und den Nahrungslieferanten - möglicherweise durch den Ausbruch
eines Konfliktes oder Bürgerkrieges - hatte zur Folge, dass die Übereinkunft
aufgekündigt wurde und die Statuenproduktion zum Erliegen kam. [15] Die Theorie
erklärt auch eine überlieferte Legende der Osterinsel. Danach hatte eine alte
Frau, eine Zauberin, eine riesige Languste gefangen und brachte sie den
Steinmetzen am Rano Raraku zum Verzehr, bat aber darum, ihr ein kleines Stück
übrig zu lassen. Die Arbeiter aßen jedoch die gesamte Languste auf und setzen
dann ihre Arbeit fort. Als die Frau zurückkehrte, war sie aufs Äußerste erzürnt
und rief den Steinfiguren einen Zauberspruch zu, durch den sie mit einem Schlag
umstürzten.
Heute erweisen sich die meisten Zeremonialanlagen als weitgehend zerstört, die
Moais sind umgestürzt. Dies ist nicht oder nicht ausschließlich auf
Umwelteinflüsse zurückzuführen. Die wenigen Anlagen, die sich heute intakt
präsentieren, wurden in den letzten Jahren restauriert.
Jakob Roggeveen beschreibt 1722 noch unbeschädigte und zeremoniell genutzte Ahus.
Zitat aus dem Bericht des Mecklenburgers Carl Friedrich Behrens, dem
Kommandanten der Seesoldaten bei Roggeveens Erdumseglung:
Nach meiner Feststellung verließen sie sich völlig auf ihre Götzenbilder, die
allda am Strande in großer Menge aufgerichtet standen. Sie fielen davor nieder
und beteten sie an. Diese Götzenbilder waren sämtlich aus Stein gehauen, in der
Form eines Menschen, mit langen Ohren. Das Haupt war mit einer Krone [gemeint
ist der Pukao] geziert. Das ganze war kunstvoll gemacht, worüber wir uns sehr
wunderten. Um diese Abgötter herum waren in zwanzig bis dreißig Schritt Breite
weiße Steine gelegt. Einen Theil dieser Leute hielt ich für Pfaffen; denn sie
verehrten die Götzen mehr als die anderen. Auch beim Anbeten zeigten sie sich
viel devoter. [16]
Bei der Cook-Expedition 1774 waren die Anlagen bereits vernachlässigt und viele
Moais umgestürzt. Georg Forster, der wissenschaftlich gebildete Begleiter Cooks,
schreibt dazu:.
"Fünfzig Schritte weiter fanden wir einen erhabenen Platz, dessen Oberfläche mit
ebensolchen Steinen gepflastert war. In der Mitte dieses Platzes stand eine
steinerne Säule aus einem Stück, die eine menschliche Figur, bis zu den Hüften
abgebildet, vorstellen sollte und zwanzig Fuß hoch und fünf Fuß dick war. Diese
Figur war schlecht gearbeitet und bewies, daß die Bildhauerkunst hier noch in
der ersten Kindheit war. Augen, Nase und Mund waren an dem plumpen Kopf kaum
angedeutet, die Ohren nach der Landessitte ungeheuer lang und besser als das
übrige gearbeitet. Den Hals fanden wir unförmig und kurz, Schultern und Arme nur
wenig angedeutet. Auf dem Kopfe war ein sehr hoher zylindrischer Stein
aufgerichtet, der über fünf Fuß in der Breite und Höhe hatte. Dieser Aufsatz,
der dem Kopfputz einiger ägyptischer Gottheiten glich, bestand aus einer
anderen, rötlichen Steinart. Kopf und Aufsatz machten die Hälfte der ganzen
Säule aus, so weit sie über der Erde sichtbar war. Wir bemerkten übrigens nicht,
daß die Insulaner diesen Statuen Verehrung erwiesen . . . Auf der Ostseite der
Insel kamen wir zu einer Reihe von sieben Bildsäulen, wovon noch vier aufrecht
standen, eine hatte aber schon die Mütze verloren. Sie standen auf einem
Piedestal, und die Steine im Postament waren behauen und paßten gut ineinander."
[17]
Geiseler fand 1882 keine intakten Anlagen mehr vor. Über die Geschehnisse in der
Zwischenzeit, die zur Zerstörung der Kultanlagen geführt haben, gibt es
zahlreiche mehr oder minder seriöse Spekulationen (und ständig kommen neue
hinzu!). Es wird eine Abkehr von der überlieferten Religion ebenso vermutet, wie
ein Bürgerkrieg, eine Hungersnot, Klima- und Wetterkatastrophen, die ökologische
Zerstörung als Folge der Errichtung der Moais oder der durch die Europäer
ausgelöste Kulturverfall. Schlüssige Beweise für die ein oder andere Theorie
kann bisher niemand vorlegen, sodass die Ursache für die Zerstörung der
Zeremonialplattformen vorerst ungeklärt bleibt.
Eine der möglichen und nicht ganz abwegigen Deutungen der Ereignisse, die auch
Kevin Costner in seinem Film „Rapa Nui – Rebellion im Paradies“ aufgreift,
beruht darauf, dass beim Errichten der Zeremonialanlagen ein Wettstreit zwischen
den Sippen entstand und die Statuen daher ständig an Größe zunahmen. Der
Transport und die Aufstellung verbrauchten immer mehr Holz, bis schließlich alle
größeren Bäume auf der Insel abgeholzt waren und die Herstellung der Moais
aufhörte. Die nachfolgende Abkehr von der Ahnenverehrung und die Zuwendung zu
einer anderen Religion, dem Vogelmannkult, löste das Umstürzen der Moais aus.
Zustand heute
Die Mehrzahl der Zeremonialanlagen befindet sich heute noch „in situ“, d. h. mit
mehr oder weniger zerstörten Plattformen und umgestürzten Moais. Auffallend ist
dabei, dass die Standbilder ausnahmslos auf dem Gesicht liegen.
Insbesondere im Bereich der touristisch besser erschlossenen Südostküste der
Osterinsel sind mehrere Ahus ab den fünfziger Jahren wieder aufgebaut worden.
Besonders sehenswert ist der Ahu Tongariki unweit des Kraters Rano-Raraku mit
fünfzehn aufrecht stehenden Moais von beeindruckender Größe, die größte
Zeremonialanlage im Pazifik. Die einzelstehende Statue auf dem Ahu Ko Te Riku in
Tahai, in der Nähe des Hafens, ist die eine der wenigen mit einem Pukao und mit
Augen, die allerdings nur Replikate aus jüngster Zeit sind. Der gut erhaltene
Ahu Vinapu mit seinen sorgfältig eingepassten Steinen ist ein besonders schönes
Beispiel für die Baukunst der klassischen Periode.
Holzfiguren
Als Moai bezeichnet man auch kleine, durchschnittlich vierzig Zentimeter hohe,
geschnitzte Figuren der Osterinsel-Kultur, vorwiegend aus Toromiro-Holz. Die
verbreitetste Form, Moai kavakava, zeigt einen ausgehungert wirkenden Mann mit
deutlich vorstehenden Rippen, einem überdimensionierten, schädelartigen Kopf,
langen Ohrläppchen, einer ausgeprägten Nase und einem Spitzbart. Der Zweck der
Figuren ist unbekannt. Sie werden heute als Ahnenbildnisse mit der Funktion
eines Schutzgeistes gedeutet, möglicherweise stellen sie Aku Aku dar.
Bei den meisten noch erhaltenen Holzfiguren ist eine Öse oder Bohrung im
Nackenbereich nachweisbar. Kapitänleutnant Geiseler berichtet, dass Würdenträger
bei Prozessionen zehn bis zwanzig solcher Figuren um den Hals getragen hätten.
In der übrigen Zeit seien die Bildnisse, in Tapa-Säckchen eingehüllt, in den
Hütten aufgehängt worden [18]
Darüber hinaus sind weitere Arten von Moai-Holzfiguren bekannt:
*Moai papa (paapaa, pa´a pa´a) – Eine überwiegend weibliche, gelegentlich auch
hermaphroditische Figur, die einen weniger „skelettartigen” Körperbau aufweist.
Obwohl die Vulva meist deutlich ausgeprägt ist, ist das gesamte Erscheinungsbild
der Gestalt eher männlich, bei einigen Figuren ist sogar ein Spitzbart
vorhanden.
*Moai tangata – Eine realistischer geschnitzte männliche Figur, mit schlankem,
knabenhaftem Körperbau und ebenfalls einem deutlich ausgebildeten Spitzbart.
*Moai tangata manu – der Vogelmann, eine zoomorphe Mischung aus Mensch und
Fregattvogel. Die wenigen erhaltenen Statuen sind sehr unterschiedlich, sie
variieren in Größe, Haltung, Gestalt des Schnabels und im Körperbau. Eine Figur
im American Museum of Natural History in New York City ist mit
Rongorongo-Schriftzeichen bedeckt. Der Vogelmann ist häufiges Motiv der
Petroglyphen der Kultstätte Orongo auf der Osterinsel.
Die Holzfiguren sind heute über die Museen der ganzen Welt verstreut. In
Deutschland befinden sich Moais verschiedener Art u.a. im
Rautenstrauch-Joest-Museum Köln, im Museum für Völkerkunde in Berlin-Dahlem, im
Museum für Völkerkunde Dresden und im Überseemuseum Bremen.
Ein Ahu ist eine Zeremonialstätte der
Osterinsel, die das baulich manifestierte, spirituelle Verbindungsglied zwischen
der diesseitigen und der jenseitigen Welt bildet. Die Anlage ist mit hoher
spiritueller Kraft (mana) und Unantastbarkeit (tapu) versehen, hat aber auch
Bedeutung als Symbol politischer Macht. Sie besteht in der Regel aus einer
steinernen Plattform mit monumentalen Steinstatuen (Moais), zu der eine
angeschrägte Rampe führt sowie einer geebneten, rechteckigen Fläche als Vorplatz
für rituelle Feste. Bisher sind auf der Osterinsel 255 Ahu in unterschiedlichen
Erhaltungszuständen bekannt, davon 164 mit einem oder mehreren Bildwerken.[1]
Der Terminus ahu ist ebenfalls von den Marquesas, dem Tuamotu-Archipel und den
Australinseln bekannt. Dort bezeichnet er allerdings nur die erhöhte Plattform
als Abschluss eines rechteckigen Zeremonialplatzes (marae), auf der Osterinsel
hingegen ist die gesamte Zeremonialanlage gemeint.
Baubeschreibung
Eine erste, wenn auch sehr ungenaue Baubeschreibung lieferte James Cook bereits
zum Ende des 18. Jahrhunderts:
Einige dieser gemauerten Plattformen sind 30 oder 40 Fuß lang, 12 oder 16 Fuß breit und 3-12 Fuß hoch. Es hängt in dieser Hinsicht vom Boden ab, denn sie befinden sich gewöhnlich auf dem Rand einer seewärtsschauenden Bank, so dass die Front 10-12 oder mehr Fuß hoch und eine andere nicht über 3 oder 4 Fuß hoch zu sein scheint. Sie sind gebaut, oder besser gesagt belegt, mit behauenem Stein von bedeutender Größe und die Ausführung ist dem schönsten ebenen Stück Steinarbeit gleich, das wir in England haben. Sie brauchten keine Art Zement und doch sind die Fugen überaus eng, die Steine zusammengefügt und in einer sehr kunstvollen Weise gesetzt. Die Seitenwände sind nicht senkrecht, sondern etwas innenwärtsgeneigt, in gleicher Weise wie die Brustwehren in Europa gebaut sind, doch hat alle diese Sorgfalt, Arbeit und Geschicklichkeit nicht vermocht, diese merkwürdige Konstruktion vor den Spuren der alles verzehrenden Zeit zu bewahren. Die Statuen, oder wenigstens viele von ihnen, sind auf diesen Plattformen errichtet. Sie enden, soweit wir urteilen konnten, ungefähr mit ihrer halben Länge in eine Art Stumpf im Boden auf dem sie stehen. [3]
Erst Wissenschaftler des 20.
Jahrhunderts haben sich bemüht, die Bauweise genauer zu untersuchen. Katherine
Routledge, die die Osterinsel zur Zeit des Ersten Weltkrieges besuchte, teilt
die Zeremonialplattformen nach der Art ihrer Errichtung und dem Umfang der
Ausstattung in vier Bautypen ein (die Ordnung ist im Prinzip heute noch gültig,
jedoch nehmen spätere Forscher zum Teil weitere Untergliederungen vor):
- rechteckige Ahu (rectangular ahu) - rechtwinklige Steinplattform ohne Statuen
- Ahu mit Kolossalstatuen (image ahu)
- pyramidenähnliche Ahu (semi-pyramidal ahu) - in der Regel aus unbearbeiteten
Steinen errichtet, in Form einer flachen Stufenpyramide, ohne Statuen
- Ahu Poe Poe – spitzovale Grundform in der Gestalt eines Kanus, ohne Statuen
Ob sich aus dieser Einteilung der Bauwerke eine zeitliche Abfolge ihrer
Errichtung ablesen lässt, ist umstritten. Routledge sieht den einfach gebauten,
rechteckigen Ahu ohne Statuen als die älteste und den Ahu Poe Poe als die
jüngste Form (möglicherweise erst nach der europäischen Einflussnahme errichtet)
an. Nach neueren Erkenntnissen sind die beiden letztgenannten Typen von ihrer
Zweckbestimmung her hauptsächlich Ossuarien und stammen aus der Spätphase der
Osterinselkultur.[5]
Die weitaus häufigste und am besten wissenschaftlich untersuchte Form ist der
Ahu mit Statuen (image ahu). Er besteht aus einer mit Steinen verblendeten,
erhöhten Plattform, die im Innern mit Erde und Geröll aufgefüllt ist. Bei
einigen Plattformen, z. B. beim Ahu Tahira in Vinapu, ist das Schalenmauerwerk
aus großen, kunstvoll bearbeiteten und sorgfältig eingepassten Blöcken errichtet
(Megalithmauer), bei einfacheren Anlagen wurden lediglich Steine im Naturzustand
verwendet. Dabei fällt auf, dass die rückwärtige, seeseitig gelegene Wand oft
sorgfältiger aufgeführt ist als das übrige Mauerwerk. Die Steine sind ohne
Mörtel gesetzt, Mörtel war auf der Osterinsel unbekannt. In die Oberseite der
Plattform sind schwere, ovale Steinplatten eingelassen, die als Fundamente für
die riesigen Steinstatuen dienen. Darauf erheben sich, mit dem Rücken zum Meer,
die bis zu 40 Tonnen schweren Moais, die an der Basis lediglich mit kleinen
Steinchen verkeilt sind.
Die Plattformen, auf denen die Figuren stehen, sind häufig an den Seiten durch
etwas niedrigere, aus Stein gesetzte Seitenflügel verlängert. Deren Funktion ist
unbekannt, wahrscheinlich dienten sie lediglich repräsentativen Zwecken, um das
Bauwerk gewaltiger erscheinen zu lassen. Einige Anlagen erreichen damit eine
Gesamtlänge von bis zu 145 Metern.
Zur Plattform führt über die gesamte Länge eine aus Erde aufgeschüttete, oft
gepflasterte Rampe. Bei einigen Anlage ragen poro (Rollkiesel) aus der
Pflasterung heraus, wahrscheinlich lediglich als Dekorationselement.
Vor der Rampe liegt ein geebneter, manchmal befestigter, rechteckiger Vorplatz,
der rituellen Zwecken diente. Der Zeremonialplatz ist in der Regel gegenüber dem
Umfeld mit Markierungssteinen abgegrenzt. Hier fanden die regelmäßigen
religiösen Zeremonien statt.
Nach meiner Feststellung verließen sie sich völlig auf ihre Götzenbilder, die
allda am Strande in großer Menge aufgerichtet standen. Sie fielen davor nieder
und beteten sie an. Diese Götzenbilder waren sämtlich aus Stein gehauen, in der
Form eines Menschen, mit langen Ohren. Das Haupt war mit einer Krone geziert.
Das ganze war kunstvoll gemacht, worüber wir uns sehr wunderten. Um diese
Abgötter herum waren in zwanzig bis dreißig Schritt Breite weiße Steine
gelegt.[6]
Bei archäologischen Grabungen wurden an der rückwärtigen Wand einiger
Plattformen ummauerte Gruben entdeckt, die als Krematorien dienten.
An der Rückseite der Plattform, einige Schritte abgesenkt zu einer leicht
geneigten Terrasse, die in einer niedrigen Mauer abschließt, erhebt sich ein
Mauerviereck, das ein wenig über das Bodenniveau herausragt, so als sei es mit
der Plattform verbunden. Menschliche Überreste füllen die innere Kammer und
Knochen liegen zwischen den losen Steinbrocken der Plattform und deren Ausläufer
verstreut.[7]
Ob diese Verbrennungsplätze eine spätere Anfügung sind oder bereits bei der
Errichtung des Ahu eingeplant waren, ist umstritten.
Größe und Proportionen der Ahu sowie die Anzahl der Statuen unterliegen keinen
erkennbaren Gesetzmäßigkeiten. Es sind sowohl große Ahu von über 100 Metern
Länge und bis zu zehn Meter hohen Steinstatuen bekannt als auch Plattformen mit
lediglich einer einzelnen, kleinen Figur. Die meisten Plattformen tragen nur
eine oder zwei Statuen, solche mit mehr Statuen sind selten. Die größte Anlage
ist der Ahu Tongariki mit 145 Metern Länge und 15 Moais. Es ist zu vermuten,
dass die an der Spitze der Stammesgesellschaft stehenden Clans der Osterinsel
ihre Macht durch die Größe der Plattform, die Anzahl der Statuen und die
Sorgfalt der Ausführung sichtbar machten.
An der Nordküste der Osterinsel stehen die meisten Ahu, die größten und am
besten ausgestatteten Anlagen findet man jedoch hauptsächlich im Süden.
Die Zeremonialplattformen der Osterinsel stehen bis auf wenige Ausnahmen an der
Küste, zum weit überwiegenden Teil innerhalb eines Bereiches von 500 Metern zur
Gezeitenlinie. Sie waren in der klassischen Zeit stets mit einer Ansiedlung
verknüpft. Dabei gab es im Abstand der Wohnhäuser zu der Zeremonialanlage eine
deutliche Rangfolge, die die streng hierarchisch gegliederte Gesellschaft
Polynesiens widerspiegelte. Dem Ahu am nächsten standen die Paenga-Häuser -
besonders aufwändig gebaute, an umgedrehte Boote erinnernde Häuser - der
Häuptlings- und Priestersippen mit gepflastertem Vorplatz und Erdöfen (umu)
sowie die zugeordneten steinernen Hühnerhäuser (hare moa), gefolgt von den
besonders fruchtbaren, mit Steinwällen geschützten und gemulchten Feldern
(ähnlich den Zocos auf Lanzarote). Erst dahinter, weiter zum Inselinnern,
standen inmitten der übrigen Anbauflächen die einfacher gebauten Wohnhäuser der
gewöhnlichen Stammesmitglieder.[8] Diese Anordnung zeigt, dass der Ahu nicht nur
religiösen, sondern auch machtpolitischen und repräsentativen Zwecken diente.
Zweckbestimmung und Zeremonien
Der Ahu - zumindest trifft das für die Plattformen mit Bildwerken zu - ist als
eine Zeremonialstätte anzusehen, die vorrangig der Ahnenverehrung diente und an
der Initiationsriten für Häuptlinge (ariki) und andere hochgestellte Personen
stattfanden. Weitere Riten dürften mit Fruchtbarkeits- und Ackerbaukulten
verknüpft gewesen sein.
Es steht heute außer Zweifel, dass die Ahu zudem mit einem Totenkult verbunden
waren. Archäologische Grabungen haben den Nachweis erbracht, dass sich in den
Plattformen ausgesparte Kammern mit Knochenresten befinden. In der klassischen
Zeit der Osterinsel-Kultur wurde der Verstorbene in Matten aus Tapa oder
Totora-Schilf gewickelt und ausgesetzt. In der Regel geschah das auf dem
geebneten Platz vor dem Ahu der Sippe. War nur noch das Skelett übrig, setzte
man die Knochen in der Zeremonialplattform bei. Ein solches Zweitbegräbnis ist
auch auf anderen Inseln der Südsee und in Teilen des indopazifischen Raumes
gebräuchlich. Diese Art der Bestattung wurde vermutlich aber nur Häuptlingen,
Priestern und anderen hochrangigen Mitgliedern der Stämme zuteil. Die
Krematorien, die bei einigen Anlagen gefunden wurden, belegen ebenfalls den
Bezug zu einem Totenkult. Es ist denkbar, dass hier die weniger hochrangigen
Verstorbenen verbrannt wurden.
Ihre Funktion als Grabstätte haben die Ahu auch nach ihrer Zerstörung nicht
verloren. Am Ahu Vinapu und einigen anderen Anlagen wurden späte Beisetzungen in
den durch die umgestürzten Stauen entstandenen Höhlungen gefunden.
Alter
Archäologische Untersuchungen haben ergeben, dass die Zeremonialplattformen über
Generationen erweitert, aus- oder umgebaut wurden, oft unter Wiederverwendung
älteren Materials. Das macht eine Datierung einzelner Anlagen äußerst schwierig.
Radiokohlenstoffdatierungen weisen als früheste Errichtungsperiode auf die Zeit
zwischen 1000 und 1100 n. Chr. hin.[9] Es liegen zwar auch frühere Datierungen
vor, sie sind jedoch nicht zweifelsfrei mit einer Bautätigkeit in Verbindung zu
bringen. Wahrscheinlich wurden nach 1650 n. Chr. keine neuen Anlagen mehr
gebaut.
Heutiger Zustand
Irgendwann zwischen der Entdeckung der Osterinsel durch den Holländer Jakob
Roggeveen 1722 und dem Besuch von James Cook 1774 begann die systematische
Zerstörung der Ahu durch die Inselbewohner selbst. Mitte des 19. Jahrhunderts
gab es auf der Osterinsel keine unbeschädigten Zeremonialplattformen mehr. Die
Ursachen sind trotz intensiver Forschung auch heute noch umstritten. Es werden
unter anderem folgende Gründe angeführt: Bürgerkrieg und innere Konflikte,
Kulturverfall durch den Einfluss der Europäer, ökologische Zerstörung, gefolgt
von einer Hungersnot, Machtübernahme durch eine Kriegerkaste, Wechsel zu einer
anderen Religion, dem Vogelmannkult, Erdbeben und Tsunamis.
Die Mehrzahl der Zeremonialanlagen auf der Osterinsel befindet sich heute noch
„in situ“, d. h. mit mehr oder weniger zerstörten Plattformen und umgestürzten
Moais. Einige Ahu sind ab den 1950er Jahren mithilfe moderner Technik wieder
aufgebaut worden. Besonders sehenswert ist an der Südküste der in den 1960ern
rekonstruierte Ahu Tongariki mit fünfzehn aufrecht stehenden Moais von
beeindruckender Größe, die größte Zeremonialanlage im Pazifik. Der gut erhaltene
Ahu Vinapu mit seinen sorgfältig eingepassten Steinen ist ein besonders schönes
Beispiel für die Baukunst der klassischen Periode der Osterinselkultur.
Parallelen
Der polynesische Ursprung der Osterinselkultur lässt Parallelen auf anderen
Inseln des Pazifiks erwarten. Die Errichtung von monumentalen Steinstatuen ist -
neben der Osterinsel - von den Marquesas, Pitcairn, Raivavae, Hawaii und Tahiti
bekannt. Zeremonialplattformen ohne Statuen (marae) kommen auf fast allen
polynesischen und einigen melanesischen Inseln vor. Sie bestehen in der Regel
aus einer gerodeten und geebneten Fläche mit einer steinernen, terrassenartig
angehobenen, manchmal gestuften Plattform und haben eine offensichtliche
Ähnlichkeit mit den rechteckigen Ahu ohne Statuen (die älteste Bauform?) der
Osterinsel.
Quelle:
http://de.wikipedia.org/wiki/Ahu_ (Osterinsel)